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«Ihre Registrierkassenaugen«, sagte ich.

Er lächelte kläglich. Er mußte diesen Blick zum Schluß andauernd gesehen haben.

«Das Pflegeheim, in dem Robin ist«, sagte er unerwartet,»mußte instand gesetzt werden. Ich habe ihnen das bezahlt.«

Wenn ich ihn recht verstand, redete er nicht von ein paar ersetzten Fensterscheiben.

«Du weißt ja wohl, daß es eine Privatklinik ist«, sagte er.

«Ein Familienbetrieb im Grunde.«

«Ja.«

«Sie brauchten ein neues Dach. Neue Elektroleitungen. Ein

Dutzend dringende Verbesserungen. Sie haben es mit einer Gebührenerhöhung versucht und Patienten verloren, die übliche Geschichte. Dann fragten sie mich, wie man Kapital beschafft. Ich sagte ihnen, die Mühe könnten sie sich sparen. Ich würde Kostenvoranschläge einholen, und sie sollten dafür lediglich auf einen guten Unternehmensberater hören, den ich ihnen schicken würde. «Er verlagerte behaglich sein Gewicht im Sessel.»Robin hat es dort gut. Ruhig. Jede Veränderung regt ihn auf, wie du weißt. Wenn die Klinik dichtgemacht hätte, was nur zu wahrscheinlich war, dann hätte ich für ihn was anderes suchen müssen, und er ist ohnehin so hilflos.«

Die Stimme versagte ihm. Er hatte viel Freude an Robin und Peter gehabt, als sie klein waren, mit ihnen auf dem Teppich gespielt wie ein junger Familienvater, stolz, als wären sie seine ersten Kinder, nicht das achte und neunte. Schöne Erinnerungen: ein neues Dach wert.

«Ich weiß, daß du ihn noch besuchst«, sagte er.»Die

Schwestern erzählen mir das. Du mußt also gesehen haben, wie es mit dem Laden abwärts ging.«

Ich nickte, jetzt wo ich darüber nachdachte.»Früher hatten sie überall große Vasen mit frischen Blumen.«

«Sie hatten von allem das Beste, aber sie mußten sich einschränken, um über die Runden zu kommen. Landhäuser, die altern, schlucken nur noch Geld. Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, daß das Haus Robin überlebt. Kümmerst du dich um ihn, wenn ich nicht mehr da bin?«

«Ja«, sagte ich.

Er nickte, nahm es für gegeben hin.»Ich hatte dich ja zum Treuhänder des für ihn eingerichteten Fonds ernannt, nicht wahr? Das habe ich nicht geändert.«

Ich freute mich darüber. Irgendwo zumindest war unser Verhältnis trotz allem das alte geblieben.

«Warum fahren wir nicht morgen mal zu ihm?«sagte er.

«Dort bringt mich niemand um.«

«In Ordnung«, meinte ich; also fuhren wir am nächsten Morgen mit dem Leihwagen dorthin. Im nahe gelegenen Dorf hielten wir an, um Schokolade und einfaches Spielzeug für Dreijährige als Mitbringsel zu kaufen, und ich legte noch ein Päckchen Luftballons dazu, während Malcolm bezahlte.

«Mag Robin Ballons?«fragte er, die Brauen hochziehend.

«Manchmal frustriert ihn etwas. Ich blase die Ballons auf, und er bringt sie zum Platzen.«

Malcolm sah erstaunt und wohl auch beunruhigt drein.

«Ich wußte nicht, daß er frustriert sein kann.«

«Es kommt mir so vor. Es ist, als ob er sich fast an uns erinnert… aber doch nicht ganz.«

«Der arme Junge.«

Bedrückt fuhren wir weiter und lenkten in die Auffahrt des großen, ebenmäßigen georgianischen Hauses, das, mit seiner sanften Patina immer noch schön anzusehen, in der Herbstsonne lag. Die annähernd fünfzig Räume im Innern waren in der Blütezeit der Privatmedizin zu einer höchst komfortablen Klinik für vorwiegend chronische, vorwiegend alte, vorwiegend reiche Patienten umgestaltet worden. Kurzzeitpatienten gab es auch, meistens solche, die sich hier von anderswo ausgeführten schweren Operationen erholten, doch im allgemeinen sah man Monat für Monat die gleichen Gesichter — alternd, leidend, auf Erlösung wartend. Ich fand das entsetzlich deprimierend, aber für Robin schien es wirklich die beste Zuflucht zu sein, nachdem zwei Aufenthalte in scheinbar eher geeigneten Heimen, wo es andere Kinder, bunte Farben, lebhafte Schwestern und viel gute Laune gab, fehlgeschlagen waren. Robin fühlte sich in einer anspruchslos ruhigen, friedlichen Umgebung offenbar wohler, und am Ende hatte Malcolm sich dem Rat der Fachleute widersetzt, um sie ihm zu gewähren.

Robin hatte ein großes Zimmer im Erdgeschoß, mit Fenstertüren, die auf einen ummauerten Garten hinausführten. Er ging selten in den Garten, aber er hatte gern bei jedem Wetter die Türen offen, selbst bei Schneegestöber. Davon abgesehen war er fügsam und unproblematisch, und falls irgend jemand sich Gedanken über die Umbrüche gemacht hatte, die bald eintreten konnten, wenn die Pubertät ihren normalen Lauf nahm, dann war mir davon nichts zu Ohren gekommen.

Er schaute uns wie immer verständnislos an. Er sagte selten etwas, obwohl er noch in der Lage war, Wörter zu bilden; es war, als hätte er einfach wenig vorzubringen. Ein Hirnschaden dieses Umfangs wirkte sich auf das Verhalten jedes Betroffenen individuell verschieden aus. Robin sprach kaum jemals, und wenn, dann nur heimlich, mit sich selbst, wenn er niemand in der Nähe wähnte. Die Schwestern, die ihn manchmal hörten, hatten uns das erzählt und hinzugesetzt, daß er verstummte, sobald er sie sah.

Ich hatte mich erkundigt, was er denn sagte, doch das wußten sie nicht, abgesehen von Wörtern wie» Schuhe «und» Brot «und» Boden«: alltägliche Wörter. Ebensowenig wußten sie, warum er sonst nicht redete. Aber sie waren überzeugt, daß er relativ viel von dem verstand, was andere sagten, wenn auch nur vage.

Wir gaben ihm etwas Schokolade zu essen und packten die Spielsachen aus, die er in die Hände nahm, ohne aber damit zu spielen. Das Päckchen Luftballons betrachtete er gleichgültig. Es war kein frustrierender Tag: An Frusttagen schaute er das Päckchen an und gab pustende Geräusche von sich.

Wir saßen eine ganze Weile bei ihm, redeten und sagten ihm, wer wir waren, während er in dem Zimmer umherwanderte. Hin und wieder schaute er uns ins Gesicht, und einmal berührte er meine Nase mit dem Finger, wie um zu erkunden, ob ich wirklich dort war, aber zu unseren Gedanken entstand keine Verbindung. Er sah hübsch und gesund aus, ein kräftiger Junge: herzzerreißend wie immer.

Schließlich kam eine Schwester in mittleren Jahren, mit gütigem Gesicht, die ihn zum Mittagessen in den Speiseraum brachte, und Malcolm und ich verfügten uns in das Büro, wo man meinen Vater als Wohltäter begrüßte und ihm zur Stärkung einen Scotch anbot.

«Ihr Sohn macht leider nur langsam Fortschritte. «Ernste, sich aufopfernde Menschen.

Malcolm nickte. Keine Fortschritte, wäre treffender gewesen.

«Wir tun stets unser Bestes für ihn.«

«Ja, das weiß ich. «Malcolm trank den Scotch, schüttelte ihnen die Hand, sagte auf Wiedersehen. Wir gingen, wie ich immer ging — traurig, stumm und mit Bedauern.

«So verdammt unfair«, sagte Malcolm auf der Rückfahrt nach London.»Er sollte lachen, reden, seine Jugend ausleben.«

«Ja.«

«Die Besuche bei ihm sind mir unerträglich, und seinlassen kann ich sie auch nicht. Ich gäbe mein ganzes Geld her, um ihn wieder gesund zu machen.«

«Und danach würdest du von neuem ein Vermögen anhäufen«, sagte ich.

«Na klar, warum nicht?«Er lachte, aber immer noch bedrückt.»Es wäre besser gewesen, er wäre mit den anderen gestorben. Das Leben kann beschissen sein, nicht wahr?«

Die Stimmung blieb gedrückt bis zum Savoy und noch die nächste Flasche Bollinger hindurch, doch am Nachmittag beklagte Malcolm sich über die Untätigkeit, die ich ihm auferlegt hatte, und wollte Geschäftsfreunde besuchen. Die unvorhersehbaren Wege seien unser Schild, betete ich und hielt die Augen nach heranbrausenden Autos offen; aber wir saßen den Tag mit heiler Haut in Büros, Bars, Clubs und einem Restaurant aus, wobei Malcolm sein Vermögen durch eine Zehnpfundwette auf den letzten Goldpreis des Tages vermehrte, der bei aufwärtigem Trend um zwei Pfund fiel.»Paß auf, nächstes Jahr kommt er erst richtig hoch.«