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Donald war mir weder besonders sympathisch noch unsympathisch. Er war elf Jahre älter als ich. Er war hier.

«Alle bestehen darauf, daß du Malcolm stoppst, damit er nicht das ganze Geld der Familie durchbringt«, sagte er, wie vorauszusehen.

«Das Geld gehört ihm, nicht der Familie«, entgegnete ich.

«Wie bitte?«Donald fand den Gedanken lächerlich.»Du wirst ihm klarmachen, daß er es uns schuldig ist, das Familienvermögen zusammenzuhalten, bis wir es erben. Wir wissen ja leider, daß er auf keinen von uns hört außer auf dich, und da euer Streit jetzt offenbar beigelegt ist, haben wir dich zu unserem Sprecher erkoren. Joyce meint, wir müßten dich erst mal überzeugen, daß Malcolm nicht so weitermachen darf, aber ich sagte ihr, das sei lächerlich. Kein Mensch braucht dich zu überzeugen, du willst genau wie wir anderen eines Tages aus dem vollen schöpfen, klarer Fall, das ist doch nur natürlich.«

Gewissensforschung und unwahre Dementis blieben mir erspart durch die Ankunft von Donalds Frau Helen, die anscheinend ein Rennprogramm gekauft hatte.

«Wir bleiben nicht«, sagte Donald ungehalten mit einem Blick darauf.

Sie lächelte abwesend.»Kann man nie wissen«, meinte sie.

Schön und hirnlos hatte Malcolm sie genannt, und vielleicht hatte er recht. Sie war schlank, hochgewachsen, bewegte sich mit natürlicher Anmut und ließ billige Kleider aussehen wie teure. Daß sie billig waren, wußte ich, weil sie die Angewohnheit hatte, zu sagen, woher sie kamen und wieviel sie dafür bezahlt hatte, damit man ihre Sparsamkeit bewunderte. Donald versuchte ihr immer den Mund zu stopfen.

«Von wo aus könnte man die Rennen denn am besten sehen?«fragte sie.

«Dafür sind wir nicht hier«, sagte Donald.

«Nein, Schatz, wir sind hier, weil wir Geld brauchen, jetzt wo die Jungs in Eton angefangen haben.«

«Unsinn, Schatz«, sagte Donald scharf.

«Aber du weißt doch, daß wir’s uns nicht leisten können…«

«Bitte schweig, Schatz«, unterbrach Donald.

«Eton kostet ein Vermögen«, sagte ich milde, und mir war klar, daß Donalds Gehalt kaum reichen konnte, um einen Sohn dorthin zu schicken, geschweige denn beide.

Donald hatte Zwillinge, das schien in der Familie zu liegen.

«Natürlich«, sagte Helen,»aber Donald legt großen Wert darauf. >Meine Söhne sind in Eton< und so. Das verschafft ihm Ansehen bei den Leuten, mit denen er im Golfclub zu tun hat.«

«Helen, Schatz, sei doch still. «Donald war sichtlich verlegen, aber sie hatte zweifellos recht.

«Wir dachten, Donald würde vielleicht erben, bevor die Jungs dreizehn sind«, sagte sie heftig.»Da er nicht geerbt hat, borgen wir uns jeden Penny zusammen, um das Schulgeld aufzubringen, genau wie schon das Geld für die Vorbereitungsschule und vieles andere. Aber wir haben mehr

Schulden, als Donald sich erlauben kann… du siehst also, wir sind wirklich darauf angewiesen, daß es eine große Erbschaft gibt, weil sie mit so vielen Leuten geteilt werden muß. Wir gehen buchstäblich bankrott, wenn Malcolm zu leichtsinnig ist… und das könnte Donald, glaube ich, nicht ertragen.«

Ich öffnete den Mund, um zu antworten, brachte aber keinen Ton heraus. Ich kam mir vor, als wäre ich in eine Farce geschlittert, über die ich keinerlei Kontrolle hatte.

Zielstrebig kamen Serena, Ferdinand und Debs auf uns zu.

Kapitel 6

Bleibt mal hier«, sagte ich zu ihnen allen.»Ich muß im Waageraum eine Formalität erledigen. Wartet hier auf mich.«

Sie nickten mit unterschiedlich finsteren Mienen, und ich setzte mich ab, um schnellstens ein Blatt Papier und einen Umschlag aufzutreiben.

Ich schrieb an Malcolm:

Dank Joyce ist die halbe Familie hier aufgetaucht. Bleib um Himmels willen, wo Du bist, laß Dich nicht sehen, und warte, bis ich Dich holen komme.

Ich steckte die Notiz in den Umschlag, schrieb Malcolms Namen darauf und ging zu einem Funktionär, der den nötigen Rang hatte, um jemand damit loszuschicken.

«Mein Vater ißt im Speiseraum der Veranstalter zu Mittag«, sagte ich.»Es ist wichtig, daß er sofort diese Nachricht erhält.«

Der Funktionär war entgegenkommend. Er wolle ohnehin zur Rennleitung, sagte er, und werde sie selbst übergeben. Dankbar, aber mit nur geringfügig nachlassender Verzweiflung — denn es hätte Malcolm ähnlich gesehen, wenn er jetzt extra runtergekommen wäre, um der ganzen Bande gegenüberzutreten — ging ich wieder hinaus in die Sonne und sah sie alle fünf noch vertrauensvoll da stehen, wo ich sie zurückgelassen hatte.

«Na so was«, meinte Debs halb spöttisch,»du siehst ja wirklich flott aus in der Montur.«

Donald schaute sie überrascht an, und ich konnte mir lebhaft vorstellen, wie er in seinem Golfclub sagte:»Mein Bruder, der Amateurrennreiter…«:; wäre ich aber Profi gewesen, hätte er es nach Möglichkeit verheimlicht. Ein echter Snob, unser Donald — aber es gab schlimmere Sünden.

Debs, Ferdinands zweite Frau, war in einem eng um die Taille geschnürten schwarzen Ledermantel zum Pferderennen gekommen, mit schulterlangen blonden Haaren darüber und langen schwarzen Stiefeln darunter. Ihre Augenlider waren purpurn wie ihre Fingernägel. Das unschuldige Wesen, das ich vor einem Jahr fotografiert hatte, lief Gefahr zu verschwinden.

Ferdinand, kleiner als Debs und Malcolm ähnlicher denn je, schien wie üblich unschlüssig zu sein, ob er mich lieben oder hassen sollte. Ich lächelte ihn fröhlich an und fragte ihn, wie die Fahrt gewesen sei.

«Viel Verkehr«, sagte er lahm.

«Wir sind nicht gekommen, um über den Verkehr zu labern«, fuhr Serena dazwischen.»Wir wollen wissen, wo Daddy ist.«

Malcolms kleine Serena, längst größer als er, war heute königsblau gewandet, mit weißen Rüschen an Hals und Handgelenken und einer weißen Bommelmütze auf dem blonden Pagenkopf. Sie sah nach langbeinigen sechzehn aus, nicht zehn Jahre älter. Ihr Alter zeigte sich nur in der Kälte, die sie mir entgegenbrachte und die kein Tauwetter verhieß.

Mit ihrer hellen Mädchenstimme sagte sie:»Wir wollen, daß er auf der Stelle für jeden von uns eine schöne runde Summe festsetzt. Dann kann er mit dem Rest zum Teufel gehen.«

Ich war platt.»Von wem stammt das Zitat?«fragte ich.

«Von mir«, sagte sie hochmütig und setzte glaubhafter hinzu:»Auch von Mami. Und von Gervase.«

Es hörte sich ganz nach Gervases großem Maul an.

Donald und Helen schienen eindeutig interessiert an dem Vorschlag. Ferdinand und Debs hatten ihn natürlich schon gehört.

«Gervase hält das für die beste Lösung«, sagte Ferdinand nickend.

Ich bezweifelte stark, daß Malcolm dafür zu haben war, sagte jedoch nur:»Ich werde es ihm ausrichten, sobald er sich wieder bei mir meldet.«

«Aber Joyce ist sicher, daß du weißt, wo er steckt«, wandte Donald ein.

«Nicht genau«, sagte ich.»Wißt ihr, daß Lucy und Edwin auch hier sind?«

Es lenkte sie einigermaßen ab; sie drehten sich um und versuchten die anderen in der wachsenden Menschenmenge auszumachen.

«Hat Joyce euch nicht gesagt, daß sie so viele von euch herschickt?«fragte ich in die Runde, und es war Ferdinand, der mit abgewandtem Gesicht von der Seite her antwortete.

«Sie hat Serena hergeschickt. Serena sollte auch mir Bescheid sagen, und das hat sie getan, darum sind wir zusammen gekommen. Von Donald und Helen oder Lucy und Edwin wußte ich nichts. Ich nehme an, sie wollte dich in Verlegenheit bringen.«