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«Ja«, sagte ich.»Nun… einige Leute, die mit ihr in Verbindung standen, sind heute unverhofft hier aufgetaucht, und er wollte ihnen aus dem Weg gehen.«

«Ah«, sagte er mit Genugtuung.»In dem Fall bin ich froh, daß ich helfen konnte. «Er lachte leise.»So ganz wie ein durchbrennendes Paar sahen die beiden nicht aus.«

Er gab mir die Hand und ging, und nach ein paar tiefen Atemzügen verließ ich die Club-Bar und kehrte zur Waage zurück, um meine Ausrüstung zu holen. Ein Rennen stand noch auf dem Programm, dabei kam mir der Nachmittag jetzt schon lang vor.

George und Jo erwarteten mich, als ich mit Sattel, Kappe, Peitsche und Sporttasche herauskam; sie hatten mir noch etwas mitzuteilen, ehe ich fuhr.

«Wir wollen Young Higgins morgen in zwei Wochen in Kempton wieder laufen lassen. Da bist du doch frei, oder?«

«Ja, natürlich.«

«Und denk an Park Railings, nächsten Donnerstag in Cheltenham.«

«Immer und überall«, sagte ich, und sie lachten, Mitverschworene in der Sucht.

Als sie fortgingen — nicht, ohne sich noch einmal umzudrehen und zu winken —, kam mir in den Sinn, daß ich nächste Woche oder die Woche darauf vielleicht in Singapur, Australien oder Timbuktu sein würde; das Leben war ungewiß, und darin bestand sein Reiz.

Auf dem Weg zum Ausgang sah ich keinen aus der Familie, und zwischen dem Tor und meinem Auto auch nicht.

Mit einem befreiten Seufzer verstaute ich mein Zeug im Kofferraum und fuhr ohne Eile in Richtung Epsom — wenn ich schon in der Gegend war, konnte ich ebensogut fünfzehn

Kilometer dranhängen, meine Post einsammeln und die Telefonnachrichten abfragen.

Der Anrufbeantworter ließ sich zwar auch per Funk abhören, aber das hatte noch nie gut funktioniert, und ich war zu faul gewesen, mir eine neue Fernbedienung zu kaufen oder zumindest neue Batterien für die alte.

Mit derlei schweifenden Gedanken kurvte ich unaufmerksam vor mich hin, und erst als ich schon ein ganzes Stück gefahren war, fiel mir auf, daß ich jedesmal, wenn ich in den Rückspiegel schaute, zwei, drei Autos hinter mir denselben Wagen sehen konnte. Manche Wagen überholten mich — dieser nie, und er kam auch nicht näher heran.

Ich wurde ganz aufmerksam und dachte:»Was weißt du?«und fühlte mein Herz klopfen wie in der Startmaschine.

Was ich nicht wußte, war, wem der Wagen gehörte. Er sah ähnlich aus wie der gemietete, den ich fuhr, ein mittelgroßer Viertürer in verwaschenem Beige, unscheinbar, unauffällig, keine Gefahr für die Formel 1.

Vielleicht war der Fahrer bloß in meinem Tempo unterwegs nach Epsom, überlegte ich; deshalb bog ich an der nächsten Ampel links in unbekanntes Wohngebiet ab und hielt mich an jeder folgenden Kreuzung wieder links — eine Kreisfahrt, die mich zum Schluß vermutlich in die gewünschte Richtung zurückbringen würde. Ich eilte mich nicht und sah auch nicht ständig in den Rückspiegel, doch als ich wieder auf eine Straße — eine andere — mit Schildern nach Epsom kam, war der gleiche Wagen noch immer irgendwo in meinem Windschatten, hinter einem Transporter versteckt.

Wenn er auch nur einen Funken Orientierung besaß, dachte ich, würde er merken, was ich getan hatte, und sich denken können, daß ich jetzt wußte, ich wurde verfolgt. Andererseits waren die Landstraßen zwischen Sandown Park und Epsom ein Labyrinth, wie die meisten Straßen von Surrey, und so war ihm vielleicht nichts aufgefallen, oder er dachte, ich hätte mich verfahren, oder…

Du klammerst dich an Strohhalme, dachte ich. Stell dich den Tatsachen. Ich wußte, daß er da war, und er wußte, daß ich es wußte, und was sollte ich als nächstes tun?

Wir waren bereits am Stadtrand von Epsom, und fast automatisch schnürte ich nur so um die Ecken, auf meine Wohnung zu. Es sprach nichts dagegen, dachte ich. Ich würde meinen Verfolger nicht zu Malcolm führen, falls er das im Sinn hatte. Außerdem wollte ich herausbekommen, wer er war, und ich glaubte ihn überlisten zu können, da ich in dem Viertel, wo ich wohnte, ein paar raffinierte Abkürzungen kannte.

Vor vielen Häusern dort, die in den dreißiger Jahren ohne Garagen erbaut worden waren, parkten ständig Autos auf beiden Straßenseiten. Nur Neubauten wie mein Wohnblock hatten ausreichende Parkmöglichkeiten, sah man von zwei, drei größeren, in Mietwohnungen umgewandelten Häusern ab, die Stellplätze hatten, wo früher einmal Rasen war.

Ich fuhr an meiner Wohnung vorbei, die schmale Straße runter und schwenkte rasch in die Einfahrt von einem der größeren Häuser auf der anderen Seite. Dieses spezielle Haus hatte auch eine schmale Ausfahrt in die nächste baumbestandene Allee: Ich fuhr geradewegs durch, schlug scharf ein, flitzte um zwei weitere Ecken und kehrte in meine Straße zurück, um hinter den Wagen zu gelangen, der mich verfolgt hatte.

Er war da, stand notdürftig eingeparkt in einer zu engen Lücke mit der Schnauze zum Bordstein und herausragendem Heck, die Bremslichter glühten noch: Unschlüssigkeit auf der ganzen Linie. Ich hielt direkt hinter ihm, um ihm den Rückzug abzuschneiden, zog die Bremse an, stieg aus, machte zwei, drei rasche Schritte und riß die Tür auf der Fahrerseite auf.

Einen Moment lang war es vollkommen still.

Dann sagte ich:»So, so, so«, und danach nickte ich zu meiner

Wohnung hoch und sagte:»Kommt doch rein«, und schließlich sagte ich:»Wenn ich gewußt hätte, daß ihr kommt, hätte ich einen Kuchen gebacken.«

Debs kicherte. Ferdinand, der gefahren war, schaute verlegen drein. Serena sagte ohne Reue:»Ist Daddy hier?«

Sie gingen mit in meine Wohnung, wo sie klar und deutlich sehen konnten, daß Daddy nicht da war. Ferdinand blickte vom Wohnzimmerfenster hinunter auf den Platz, wo sein Wagen jetzt in schöner Eintracht neben meinem parkte, und dann auf die Rückwände der Häuser gegenüber, hinter einem nahen Zaun.

«Keine tolle Aussicht«, meinte er geringschätzig.

«Ich bin nicht oft hier.«

«Du wußtest, daß ich dir gefolgt bin, wie?«

«Ja«, sagte ich.»Was zu trinken?«

«Hm… Scotch?«

Ich nickte und schenkte ihm aus einer Flasche, die im Schrank stand, welchen ein.

«Ohne Eis«, sagte er und nahm das Glas.»Nach dieser Hatz trinke ich ihn pur.«

«Ich bin doch nicht schnell gefahren«, sagte ich erstaunt.

«Deine und meine Vorstellung von Schnelligkeit liegen bei den verdammten Zickzackstraßen rund zwanzig Stundenkilometer auseinander.«

Die beiden Frauen stöberten in der Küche und den anderen Zimmern herum, und ich konnte hören, wie die eine — zweifellos Serena — Türen und Schubladen auf der Suche nach Spuren von Malcolm öffnete.

Ferdinand zuckte die Achseln, als er sah, daß mich das kalt ließ.»Er war überhaupt nicht hier, was?«sagte er.

«Seit drei Jahren nicht.«

«Wo ist er?«

Ich gab keine Antwort.

«Wir müssen dich wohl foltern, um es rauszukriegen«, sagte Ferdinand. Das war eine scherzhafte Drohung, die wir in der Kindheit bei allen möglichen Anlässen benutzt hatten, angefangen bei:»Wo sind die Cornflakes?«bis zu:»Wie spät ist es?«, und Ferdinand schien selber überrascht, daß sie an die Oberfläche gekommen war.

«M-hm«, sagte ich.»Wie im Geräteschuppen?«

«Mist«, sagte Ferdinand.»Als ob ich im Ernst…«

«Das will ich auch wirklich nicht hoffen.«

Wir erinnerten uns jedoch beide an den regnerischen Nachmittag, als Gervase die Drohung in die Tat umgesetzt hatte, um aus mir herauszubringen, wo ich meine neuen Kricketschläger versteckt hatte, hinter denen er her war. Ich hatte es ihm extra nicht gesagt. Ferdinand war dabeigewesen, hatte aber zuviel Angst vor Gervase gehabt, um sich einzumischen, und Serena, kaum vier, hatte mit großen Augen zugesehen, ohne etwas zu begreifen.

«Ich dachte, du hättest es vergessen«, sagte Ferdinand.»Du hast nie davon geredet.«