«Einen Haufen Stinktiere habe ich gezeugt«, sagte er düster.
Malcolms persönliches Alibi für Moiras Tod war so unangreifbar wie mein eigenes, denn er war in Paris gewesen an dem Tag, als jemand Moiras kleine Stupsnase in einen Sack mit Blumenerde gedrückt und sie dort belassen hatte, bis sicher war, daß sie keine Geranienstecklinge mehr pflanzen würde. Ich hätte ihr vielleicht einen schöneren Tod gewünscht, aber wie es hieß, war es schnell gegangen. Die Polizei hielt noch immer an der Überzeugung fest, daß Malcolm einen Profikiller beauftragt hatte, doch sogar Joyce wußte, daß das Unfug war. Malcolm war ein launischer und unbeherrschter Mensch, aber frei von jeder brutalen Berechnung.
Bei der Verkaufsveranstaltung schien ihn alles andere mehr zu interessieren als die Pferde: In der Auktionshalle hatte er besonders auf die flimmernde elektronische Anzeigetafel geachtet, wo der jeweils gebotene Betrag aufleuchtete, und das nicht nur in britischer Währung, sondern auch umgerechnet in Dollar, Yen, Lire und irisches Pfund. Er war schon immer vom Wirken und Funktionieren des Geldes fasziniert gewesen, und einmal hatte er eine Million Pfund glatt verdoppelt, indem er sie einfach zu zwei Dollar vierzig das Pfund in den USA deponierte, fünf Jahre wartete und sie zurückholte, als der Wechselkurs einen Dollar zwanzig betrug. So erhielt er zweihundert Prozent seines Startkapitals und obendrein die Zinsen. Er betrachtete den Geldmarkt neben dem Gold als ein Füllhorn, aus dem man sich nur zu bedienen brauchte.
Keines seiner Kinder hatte das Gespür für Trends und Timing von ihm geerbt, ein Mangel, den er nicht begreifen konnte. Einoder zweimal hatte er mir ausdrücklich nahegelegt, dies zu kaufen oder jenes zu verkaufen, und er hatte recht gehabt, aber ohne seinen Rat konnte ich auf die Art, wie er es machte, kein Geld verdienen.
Er betrachtete seine besten Jahre als verschwendet: all die Jahre, in denen aus politischen Gründen der freie Kapitalfluß eingeschränkt war und britische Privatleute keine Goldbarren erstehen durften. Sobald die Beschränkungen aufgehoben wurden, stieg Malcolms immer schon stattliches Einkommen wie ein Heißluftballon. Als er zu Beginn jenes Zeitabschnitts die vielversprechenden neuen Möglichkeiten erkannte und für sechzig Pfund die Unze seinen ersten Goldschatz erwarb, um ihn bald für über hundert wieder zu verkaufen, fing er sich den Beinamen Midas ein.
Seitdem war er mehrmals mit der gelben Berg-und-Tal-Bahn gefahren, hatte unfehlbar gekauft, wenn der Preis tiefer und tiefer sank, und verkauft, wenn er in die Höhe schoß, aber noch ehe die Seifenblase platzte; der kritische Moment, in dem der Markt sich einem Höchststand oder Tiefpunkt näherte, schien ihm niemals zu entgehen.
Coochie war mit immer größeren Diamanten am Hals herumgelaufen. Die drei Hexen, Vivien, Joyce und Alicia, deren ansehnlicher Unterhalt in weniger herrlichen Zeiten festgelegt worden war, hatten vergeblich ihre Anwälte konsultiert.
Vor dem Auktionsgebäude zeigte eine zweite elektronische Tafel den Stand der Verkäufe an. Malcolm konzentrierte sich auf die blinkenden Zahlen, bis sie im nachlassenden Tageslicht um so heller erstrahlten, doch der Ware selbst schenkte er immer noch keine besondere Aufmerksamkeit.
«Sie sehen alle so klein aus«, meinte er mißbilligend, als ein schmächtiger Hengst auf dem Weg vom Stall zur Auktionshalle an uns vorbeikam.
«Nun, es sind Jährlinge.«
«Buchstäblich ein Jahr alt?«
«Achtzehn, zwanzig Monate so ungefähr. Sie starten nächstes Jahr, wenn sie zwei sind.«
Er nickte, beschloß, an den Schauplatz des Geschehens zurückzukehren, und suchte uns wieder Plätze gegenüber der Clique mit dem großen Geld. Das Amphitheater hatte sich, während wir draußen waren, randvoll gefüllt, und bald darauf drängten sich die Leute, die keine Sitzgelegenheit mehr fanden, dicht an dicht im Eingang und auf den Stehplätzen: Das königliche Blut — Northern Dancer und Nijinsky, Secretariat und Lyphard — war auf dem Weg zum Ring.
Als das erste der von einer Legende umrankten Jungtiere eintraf, senkte sich Stille über die Anwesenden — die atemlos gespannte Stille der Eingeweihten, die einem Kampf zwischen finanziellen Giganten entgegensahen. Mit einem dicken Scheck konnte man sich an diesem Abend einen Derbysieger sichern und eine Dynastie begründen, und das war schon so oft geschehen, daß man jedesmal zu der Annahme neigte, dieses Pferd… dieses… sei das richtige.
Der Auktionator räusperte sich und brachte die Vorstellung ohne ein Zittern über die Lippen.»Meine Damen und Herren, wir kommen zu Katalognummer 76, einem braunen Hengst von Nijinsky…«Er trug die magische Abstammung vor, als wenn es ihn langweilte, und bat um ein Eröffnungsgebot.
Malcolm saß still und sah zu, wie die Zahlen auf der Anzeige in die Höhe schnellten, je fünfzigtausend Pfund auf einmal; er sah zu, wie der Auktionator in den Gesichtern der Bietenden nach einem Zeichen suchte, dem Klappen eines Augenlids, dem Ansatz eines Nickens, der winzigsten Absichtserklärung.
«… gegen Sie, Sir. Keine Gebote mehr? War es das?«Die Augenbrauen des Auktionators hoben sich zugleich mit dem Hammer, blieben in der Schwebe, senkten sich sanft, aber entschieden.»Verkauft für eine Million siebenhunderttausend Guineen an Mr. Siddons.«
Die Menge seufzte, stieß kollektiv den Atem aus wie ein einziger Organismus. Es folgte das Rascheln von Katalogen, Bewegung, Gemurmel, wieder aufgedrehte Erwartung.
Malcolm sagte:»Das ist ein Publikumssport.«
«Macht süchtig«, bestätigte ich.
Er warf mir einen Seitenblick zu.»Ob eine Million… ob fünf Millionen… es gibt keine Gewähr, daß der Hengst jemals ein Rennen läuft, sagst du? Man wirft den Zaster womöglich zum Fenster raus?«
«Genau.«
«Das ist eine astreine Methode, auf die Schnelle viel Geld loszuwerden, meinst du nicht?«
«Tja…«:, sagte ich langsam.»Geht es dir darum?«
«Hast du etwas dagegen?«
«Es ist dein Geld. Du hast es verdient. Du gibst es aus.«
Er lächelte fast verstohlen in seinen Katalog und sagte:»Ich höre das Aber in deinem Tonfall.«»M-hm. Wenn du dich amüsieren willst, kauf zehn nicht ganz so tolle Pferde statt eines Superhengstes, und widme ihnen dein Interesse.«
«Wofür ich dann zehn Trainingsgebühren bezahlen müßte statt einer?«
Ich nickte.»Bei zehn gäbe es ein schönes Loch in der Kasse.«
Er lachte leise und sah zu, wie der Preis für den nächsten halbwüchsigen Blaublüter auf drei Millionen Guineen klomm, bevor Mr. Siddons den Kopf schüttelte.
«… verkauft für drei Millionen fünfzigtausend Guineen an Mrs. Terazzini…«
«Wer ist das?«fragte Malcolm.
«Sie besitzt ein weltweites Vollblutimperium.«
Er überlegte.»Wie Robert Sangster?«
«Stimmt. So ähnlich.«
Er gab einen Laut des Verstehens von sich.»Ein Wirtschaftszweig.«
«Ja.«
Der darauffolgende Posten, eine Stute, erzielte einen bescheideneren Preis, doch vor dem nächsten Angebot kehrte die gespannte Stille zurück. Malcolm, der jetzt ganz auf die Atmosphäre eingestimmt war, beobachtete wie üblich die Bieter, nicht den nervösen Fuchshengst.
Die Klettertour endete bei knapp über zwei Millionen, und der Auktionator hob die Augenbrauen und den Hammer.»War es das?«
Malcolm hielt seinen Katalog hoch.
Die Bewegung fiel dem Auktionator auf, der mit erhobenem Hammer innehielt, seine Brauen als Frage einsetzte und Malcolm erstaunt ansah. Malcolm saß sozusagen im Publikum, nicht bei den gewohnten Akteuren.
«Sie möchten bieten, Sir?«fragte der Auktionator.
«Fünfzig dazu«, sagte Malcolm deutlich, nickend.
Aufregung entstand im Taubenschlag der Versteigerer, als sie beratend die Köpfe zusammensteckten. Überall in der Halle reckte man die Hälse, um zu sehen, von wem das kam, und am Eingang zuckte der Mann, der vor Malcolm zuletzt geboten hatte, mit den Schultern, schüttelte den Kopf und kehrte dem Auktionator den Rücken. Er hatte nur noch einmal zwanzigtausend zugelegt — eine letzte kleine Draufgabe auf die zwei Millionen, die offenbar sein vorgesehenes Limit waren.