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«Alles, was mir einfiel. Wir fahren mit der Bahn runter und…«

Abwehrend wedelte er mit seiner Zigarre.»Wagen und Chauffeur. «Er kramte sein Adreßbuch mit den Telefonnummern heraus.»Wann soll er hier sein?«

Also fuhren wir am Morgen in großem Komfort und näherten uns Quantum vorsichtshalber von der anderen Seite, nicht unter den Augen des Dorfes.

Der Chauffeur machte erst einmal Stielaugen beim Anblick des Hauses mit seinem fehlenden Mittelteil, den verrammelten Fenstern und einem großen neuen Schild mit der Aufschrift» Betreten verboten. Einsturzgefahr«.

«Wird saniert«, sagte Malcolm.

Der Chauffeur nickte und fuhr seiner Wege, und wir gingen mit den Fortnum-&-Mason-Tüten durch die offene, windige Mitte und den Gang hinter der Treppe entlang in Richtung Spielzimmer.

Eine schwarze Plastikplane bedeckte nach wie vor den ganzen freigelegten Boden, war aber nicht straff gespannt und angenagelt, sondern lose und verknittert. Unsere Füße knirschten ein wenig auf dem Gras unter dem Kunststoff, und hier und dort waren kleine Pfützen, als hätte es hereingeregnet.

Die verrammelten Türen und die abgesperrte Treppe sahen trostlos aus, und hoch oben auf dem Dach flatterte die zweite schwarze Plastikplane wie ein Segel im Gebälk.

Armes, trauriges Haus. Malcolm hatte es so noch nicht gesehen und war tief deprimiert. Er schaute sich die auf den Rahmen der Spielzimmertür gehämmerte Sperrholzplatte an — solide Polizeiarbeit, und fragte mich höflich, wie ich da hineinzukommen gedachte.

Ich holte Werkzeug aus einer der Tüten.»Es gibt noch andere Geschäfte am Piccadilly«, sagte ich.»Pfadfinder sind allzeit bereit.«

Ich war davon ausgegangen, daß ich das Sperrholz nicht ohne weiteres losbekommen würde, da es hieß, sie hätten Vierzöller benutzt, deshalb hatte ich Hammer und Meißel und eine Säge mitgebracht, und vor Malcolms erstaunten Augen begann ich, ein Loch in das Sperrholz zu schlagen und einen mannshohen, mannsbreiten Teil herauszuschneiden. Viel schneller, weniger Plackerei.

«Das hast du dir doch nicht alles seit gestern ausgedacht, oder?«

«Nein. Im Flugzeug. Da war viele Stunden Zeit.«

Ich brach den Ausschnitt heraus, legte ihn auf die Seite, und wir betraten das Spielzimmer. Nichts hatte sich darin verändert. Malcolm befühlte die Fahrräder, als seine Augen sich dem Halbdunkel angepaßt hatten, und ich konnte die Trauer in seiner Körperhaltung sehen.

Mittlerweile war es halb zehn. Wenn Joyce zufällig die richtige Person zuerst anrief, konnten wir frühestens gegen halb elf Besuch bekommen. Danach war alles möglich. Oder nichts.

Malcolm hatte wissen wollen, was wir tun würden, wenn jemand kam.

«Die ganze Familie hat Schlüssel zum Kücheneingang«, sagte ich.»Wir haben ja die Schlösser nicht auswechseln lassen. Unser Besucher wird zur Küche reinkommen, und wir gehen hintenherum und, ehm.«

«Schließen ihn ein«, sagte Malcolm.

«So ungefähr, ja. Und dann reden wir über ein Geständnis. Reden darüber, was mit der Zukunft werden soll.«

Ich ging selber um das Haus herum zur Küchentür und vergewisserte mich, daß sie sich normal aufschließen ließ. Nach einem kurzen Blick ins Innere sperrte ich sie wieder ab. Immer noch ein Chaos drinnen, ungefegt.

Ich kehrte ins Spielzimmer zurück und holte zwei selbstklebende Spiegel aus den Tüten, beide etwa zwanzig mal fünfundzwanzig Zentimeter.

«Ich dachte, du hättest Champagner mitgebracht«, nörgelte Malcolm.»Nicht Sägen und irgendwelche blöden Spiegel.«

«Der Champagner ist da. Nur kein Eis.«

«Es ist auch ohne das verdammte Eis kalt genug. «Er wanderte ziellos durch das Spielzimmer und ließ sich schließlich in einen der Sessel fallen. Wir hatten mehrere Lagen unserer wärmsten Kleider übereinandergezogen und die Koffer im Ritz gelassen, aber es sah aus, als könnte die rauhe Novemberluft es mit dem Vikunjamantel von Simpson, meinem neuen Anorak und den Handschuhen, die ich gestern in demselben Geschäft gekauft hatte, leicht aufnehmen. Zumindest waren wir vor dem Wind geschützt, der um und durch das Haus fegte, aber wir hatten nur unsere eigene Wärme.

Ich klebte einen der Spiegel auf den ausgeschnittenen Teil der Sperrholzplatte und den anderen in gleicher Höhe an die der Spielzimmertür gegenüberliegende Seitenwand der Treppe — jedoch nicht direkt gegenüber der Tür, sondern ein Stück weiter oben im Gang.

«Was machst du?«fragte Malcolm.

«Ich sorge nur dafür, daß wir jeden, der die Einfahrt heraufkommt, sehen können, ohne selbst gesehen zu werden. Würdest du dich mal in den anderen Sessel setzen und mir sagen, wenn die Spiegel im richtigen Winkel sind? Schau in den an der Treppenwand. Ich verschiebe den andern. Okay?«

Er stand auf und setzte sich wie gewünscht in den anderen Sessel, und ich verschob das Sperrholz und winkelte es etwas an, bis er sagte:»Stopp. So geht’s. Ich kann eine ganze Ecke von der Einfahrt sehen.«

Ich setzte mich an seinen Platz und überzeugte mich selbst. Größere Spiegel wären besser gewesen, aber diese erfüllten auch ihren Zweck. Jeder, der von dort zum Haus kam, würde zu sehen sein.

Falls jemand über die Felder kam, mußten wir uns auf unsere Ohren verlassen.

Gegen elf war Malcolm gelangweilt. Gegen halb zwölf hatten wir vorübergehend die Tür am Ende des Gangs entriegelt und aufgeschlossen und uns ins Gebüsch verzogen, um das Problem zu lösen, vor das uns der Ausfall der Rohrleitungen stellte. Gegen zwölf tranken wir Bollinger aus Einweggläsern (widerlich, fand Malcolm), und gegen halb eins aßen wir Kekse und Pastete.

Niemand kam. Es schien kälter zu werden. Malcolm kauerte in seinen Mantel gehüllt auf dem Sessel und meinte, es sei von Anfang an keine gute Idee gewesen.

Ich hatte ihm versprechen müssen, daß wir nicht über Nacht bleiben würden. Ich hielt es sowieso für unwahrscheinlich, daß jemand in der Dunkelheit statt im Hellen nach einem kleinen Stück Papier suchen würde, das irgendwo in einem ziemlich großen Raum sein konnte, und ich hatte mich damit einverstanden erklärt, daß der Chauffeur uns gegen sechs wieder abholen käme. Allein hätte ich vielleicht über Nacht gewartet, aber der ganze Zweck der Übung war, daß Malcolm selbst dort sein sollte. Früh bei Tagesanbruch würden wir wiederkommen.

Er sagte:»Die Person, auf die wir warten… du weißt, wer es ist, ja?«

«Nun… ich glaube schon.«

«Wie sicher bist du, in Prozenten ausgedrückt?«

«Hm… fünfundneunzig.«

«Das genügt nicht.«

«Nein, deshalb sind wir hier.«

«Edwin«, sagte er.»Es ist Edwin, oder?«

Ich warf einen Blick auf ihn, ließ die Spiegel vorübergehend aus den Augen. Er wollte, daß es Edwin war. Edwin als Täter war noch erträglich für ihn. In Edwins eigenen Worten, er hätte sich damit abfinden können. Edwin wäre vielleicht fähig gewesen, Moira umzubringen, dachte ich: ein ungeplanter Mord, bei dem er ihren Kopf in die Blumenerde stieß, weil der offene Sack ihn auf die Idee gebracht hatte. Ich glaubte nicht, daß er den Antrieb, die Phantasie und den Mumm besaß, das übrige zu inszenieren.

Als ich ihm nicht widersprach, legte Malcolm los:»Wenn Edwin kommt…«:, und das einfachste war, es dabei zu belassen.

Die Zeit kroch voran. Es war kalt. Gegen halb drei aßen wir, um unser inneres Feuer anzufachen, schweren dunklen Früchtekuchen und tranken roten Bordeaux. (Ein Frevel, meinte Malcolm. Wir hätten den Rotwein zur Pastete und den Champagner zum Kuchen nehmen sollen. Wie auf Hochzeiten? fragte ich. Verdammter Kerl, sagte er.)

Mir war nicht sonderlich zum Lachen. Diese Wacht konnte kein gutes Ende nehmen. Malcolm wußte so gut wie ich, daß er vielleicht etwas erfahren würde, was er keinesfalls wissen wollte. Er wollte im Innersten nicht, daß jemand kam. Ich wollte es unbedingt.

Gegen halb vier war er nervös.»Du hast doch nicht ernstlich vor, das Ganze morgen noch mal durchzuziehen?«