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«Dein Kitzel ist das Gold«, sagte ich.

«Und deiner die Gefahr?«Seine Augenbrauen hoben sich.»Der stille, wohlerzogene, vorsichtige Ian? Leben ohne Risiko ist langweilig, meinst du das?«

«So abwegig ist das ja nicht«, sagte ich.

Ich war immer als Amateur geritten, unentgeltlich, weil mich irgend etwas schließlich doch von der totalen Hingabe abhielt, die man als Profi brauchte. Rennreiten war mein größtes Vergnügen, aber nicht mein ganzes Leben, und so hatte ich nie den nötigen Kampfgeist entwickelt, um die Profileiter zu erklimmen. Ich war zufrieden mit den Ritten, die ich bekam, mit der Kameraderie der Umkleideräume, mit dem weiten Himmel, den Pferden und, zugegeben, auch mit dem Risiko.

«Bei mir zu bleiben«, sagte Malcolm,»ist nicht absolut ungefährlich, wie du schon bemerkt hast.«

«Deshalb bleibe ich«, sagte ich.

Er riß die Augen auf.»Mein Gott«, lachte er.»Ich dachte, ich kenne dich. Scheint nicht so. «Er leerte sein Cognacglas, stubste die Zigarre aus und beschloß, ins Bett zu gehen.

Am nächsten Morgen war er dann schon vor mir auf — er saß in einem seiner Bademäntel auf dem Sofa und las die Sporting

Life, als ich in der Unterhose und dem Hemd, in denen ich geschlafen hatte, herausgetorkelt kam.»Ich habe Frühstück bestellt«, sagte er.»Und ich stehe in der Zeitung — was sagst du dazu?«

Ich sah nach, wo er hinzeigte. Sein Name stand wirklich dort, irgendwo am Ende des ausführlichen Verzeichnisses der gestrigen Verkäufe.»Nr. 79, Fuchshengst, 2,07 Mio. Guineen, Malcolm Pembroke.«

Hochzufrieden legte er die Zeitung weg.»Na, was unternehmen wir heute?«

«Wir rufen deinen Privatdetektiv, wir besorgen einen Trainer für den Hengst, ich hole unsere Pässe und was zum Anziehen, und du bleibst hier.«

Zu meiner gelinden Überraschung widersprach er nicht, sondern sagte nur, ich solle nicht zu lange fortbleiben. Etwas nachdenklich blickte er dabei auf die verschorfte Schramme an meinem rechten Oberschenkel und auf die roten Anzeichen der Prellung ringsum.

«Das Dumme ist«, sagte er,»ich habe die Telefonnummer des Privatdetektivs nicht. Nicht bei mir.«

«Dann suchen wir im Branchenverzeichnis eine andere Agentur.«

«Deine Mutter weiß sie natürlich. Joyce weiß sie.«

«Wieso denn das?«

«Sie hat ihn beauftragt«, sagte er leichthin,»Alicia und mich zu beobachten.«

Bei meinen Eltern wunderte mich wirklich nichts mehr.

«Als der Anwalt sagte, ich solle Moira beschatten lassen, ließ ich mir von Joyce den Namen des Detektivs geben. Schließlich hatte er bei mir und Alicia vor Jahren gute Arbeit geleistet. Viel zu gute, wenn man’s genau nimmt. Also ruf Joyce an, Ian, und frag sie nach der Nummer.«

Gedankenvoll tat ich, was er gesagt hatte.

«Liebling«, kreischte meine Mutter durch die Leitung.

«Wo steckt dein Vater?«

«Weiß ich nicht«, sagte ich.

«Aber Liebling, weißt du denn, was er gemacht hat?«

«Nein… was?«

«Mein Lieber, er hat ein Vermögen, ich meine buchstäblich Hunderttausende, in irgendeine blöde Filmgesellschaft gepumpt, damit sie einen hanebüchenen Streifen über Kaulquappen oder so etwas dreht. Irgendein Schwachkopf rief mich an und wollte wissen, wo dein Vater ist, denn er hat ihnen anscheinend noch mehr Geld versprochen, und das hätten sie gern… also hör mal! Ich weiß, daß ihr, du und Malcolm, nicht miteinander redet, aber du mußt was tun, damit er diesen Unsinn läßt.«

«Na ja«, sagte ich,»es ist sein Geld.«

«Liebling, sei doch nicht so naiv. Jemand wird das Geld erben, und wenn du, wie ich dir schon tausendmal gesagt hab, deinen blöden Stolz überwinden würdest, bekämst du es. Ziehst du aber diesen dummen Streit noch lange hin, wirft er alles Alicias scheußlicher Brut in den Rachen, und ich ertrage den Gedanken nicht, daß die sich für alle Zeit ins Fäustchen lacht. Also versöhn dich auf der Stelle mit Malcolm, und bring ihn zur Vernunft.«

«Beruhige dich«, sagte ich.»Das habe ich schon.«

«Was?«

«Mich mit ihm versöhnt.«

«Gott sei Dank, endlich!« kreischte meine Mutter.

«Liebling, worauf wartest du dann noch? Nimm sofort mit ihm Kontakt auf, und sieh zu, daß er dein Erbe nicht verschleudert.«

Kapitel 3

Malcolms viktorianisches Haus hatte sich nach dem dreijährigen Aufenthalt Moiras stark verändert.

Es wurde» Quantum «genannt wegen der lateinischen Inschrift, die in den Türsturz am Eingang geschnitzt war: QUANTUM IN ME FUIT — sinngemäß:»Ich tat mein Bestes.«

Ich fuhr dorthin in der Erinnerung an die saloppe Behaglichkeit, die Coochie hinterlassen hatte, und erwartete eigentlich nicht, daß etwas anders sein würde; doch ich hätte es besser wissen müssen, da eine Frau nach der anderen, Coochie eingeschlossen, ihr Bestes getan hatte, alle Spuren ihrer Vorgängerin zu tilgen. Die Heirat mit Malcolm hatte für jede seiner Frauen den Einzug in sein Haus bedeutet, doch jetzt wurde mir klar, daß er ihnen in der Frage des Ambiente jeweils nachgegeben hatte.

Ich schloß mit Malcolms Schlüsseln die Küchentür auf und dachte im ersten Augenblick verwirrt, ich hätte mich in der Adresse geirrt. Coochies anheimelndes Kiefernholz und ihre roten Kacheln waren entfernt worden zugunsten gelbgelackter Wände, weißblitzender Apparaturen und von Wandborden voll scharlachroter und tiefrosa Geranien, die sich kaskadenartig aus weißen Töpfen ergossen.

Etwas benommen blickte ich durch die Zeit zurück in die Ära vor Coochie, als Alicias weiß schimmernde Rüschengardinen, blaue Arbeitsflächen und weiße Fußbodenfliesen vorherrschten, und noch ein Stück weiter zurück in die kräftigeren Oliv- und Milchkaffeetöne und die strengen Formen, die Joyce bevorzugte. Ich entsann mich an den Tag, an dem die Handwerker die Küche meiner Mutter herausgerissen hatten und ich heulend zu Malcolm gelaufen war: Er hatte mich umgehend für einen Monat zu Joyce geschickt, was mir auch nicht gefiel, und als ich wiederkam, hatte ich die weißen Rüschen, die blauen Schränke vorgefunden und mich in eine Puppenstube versetzt gefühlt, aber ich hatte gelernt, den Mund zu halten.

Zum erstenmal fragte ich mich, wie die Küche zu Viviens Zeit ausgesehen haben mochte, als der junge Malcolm sie vor etwa fünfundvierzig Jahren als seine erste Braut hierher führte. Als ich auf die Welt kam, war Vivien schon aus dem Besitz vertrieben und von Groll erfüllt, und ich hatte sie selten lächeln sehen. Sie schien mir die am wenigsten verträgliche und intelligente von den fünf Frauen zu sein, aber den Fotos nach war sie in ihrer Jugend mit Abstand die schönste gewesen. Der dunkle Bogen ihrer Augenbrauen und die hohen Wangenknochen waren geblieben, doch das dichte schwarze Haar war im Ergrauen ausgedünnt, und tiefsitzende Bitterkeit hatte den einst reizenden Mund mürrisch werden lassen. Viviens Ehe war vermutlich daran eingegangen, daß Malcolm sich mit ihr langweilte, und obwohl sie sich noch hin und wieder bei Anlässen trafen, die ihre gemeinsamen Kinder und Enkelkinder angingen, kehrten sie eher einander den Rücken, als daß sie sich küßten.

Vivien hielt wenig von ihren Mitmenschen und mäkelte an jedem herum, faßte aber gleichzeitig die harmloseste allgemeine Bemerkung als Kritik an ihrer eigenen Person auf. Man konnte ihr kaum etwas recht machen, und wie fast alle in der verzweigten Familie versuchte ich das längst nicht mehr. Ihren drei Sprößlingen hatte sie die eigene Unzufriedenheit derart eingeimpft, daß sie bei jeder Gelegenheit über Malcolm herzogen, nur scheinheiligerweise nicht, wenn er dabei war.

Malcolm hatte sie das junge Erwachsenenalter hindurch loyal unterstützt und sie dann ziehen lassen, jeden mit einem Treuhandfonds, der sie vor dem Verhungern bewahren sollte. Er hatte seine sieben normal lebensfähigen Kinder alle gleich behandelt; sein achtes Kind, Robin, war für immer versorgt. Von uns sieben konnte sich keiner beklagen: Er hatte jedem die gewünschte Berufsausbildung ermöglicht und uns mit einem Polster für Notzeiten versehen, und an diesem Punkt in unserem Leben hatte er seine Arbeit als getan betrachtet. Was in Zukunft aus uns wurde, sagte er, mußten wir selbst bestimmen.