Выбрать главу

Sämtliche folgenden Fragen drehten sich um ›reale, lebendige Marsianer‹. Die meisten waren an Jamie gerichtet, der fand, daß sie im allgemeinen belanglos waren und sich ständig wiederholten. Er erinnerte sich an einen Freund, einen Anwalt, der Fragen, die er für redundant hielt, immer mit einem kurzen ›Schon gefragt und beantwortet‹ abgewimmelt hatte.

Joanna unterbrach ihn einmal und sagte: »Ich möchte sicherstellen, daß jeder genau versteht, was wir hier auf dem Mars gefunden haben. Wir haben lebende Organismen entdeckt, die gewisse Ähnlichkeit mit irdischen Flechten besitzen. Wir haben keinerlei Hinweise auf die Existenz intelligenter Marsianer gefunden, nicht einmal auf solche, die vor ewigen Zeiten ausgestorben sein könnten.«

Jamie nickte zustimmend. »Das ist richtig. Meine Mutmaßungen über intelligente Marsianer sind reine Spekulation, mehr nicht. Sie beruhen auf einer Gesteinsformation, die wir aus einiger Entfernung gesehen haben.«

Endlich verkündete Brumado, daß jeder der zwölf ausgewählten Reporter seine Frage gestellt habe. »Jetzt müssen wir ins Weiße Haus umschalten. Der Präsident und die Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten haben unseren Forschern ein paar Worte zu sagen.«

Der Bildschirm flackerte und zeigte dann den Präsidenten, der lächelnd in einem tiefen, mit Leder bezogenen Ohrensessel an einem Marmorkamin saß. Hinter ihm sah man ein Porträt von Thomas Jefferson.

»Ich möchte Ihnen allen auf dem Mars ebenfalls gratulieren und Ihnen alles Gute wünschen«, sagte der Präsident in seinem wärmsten Ton. »Sie haben Großartiges geleistet, und alle Menschen unseres Volkes — alle Menschen der Welt — sind von Ihrer Entdeckung begeistert.«

Der Bildausschnitt auf dem Monitor erweiterte sich und zeigte nun auch die Vizepräsidentin. Sie trug einen irischgrünen Hosenanzug, der ihr frisch frisiertes blondes Haar vorteilhaft betonte, und saß in einem kleineren Lehnstuhl auf der anderen Seite des leeren Kamins. Eine Bronzebüste von Jefferson stand auf dem Tisch rechts von ihrem Stuhl.

»Ich möchte Ihnen allen meine persönlichen Glückwünsche aussprechen und Ihnen versichern, daß diese Regierung alles in ihrer Macht Stehende tun wird, um die weitere Erforschung des Mars zu unterstützen.« Sie senkte einen Moment lang bescheiden den Blick, aber ihre Stimme blieb scharf und kräftig, als sie hinzufügte: »Und wenn die Menschen dieser großen Nation mir mit ihrer Stimme die Chance geben, sie in der nächsten Regierung zu führen, werden wir uns ebenso für weitere Missionen zum Mars einsetzen wie für die ökonomische Entwicklung des cislunaren Raums.«

Connors schnaubte. »Ob sie überhaupt weiß, was cislunar bedeutet?«

»Einer ihrer Berater weiß es«, sagte Jamie. »Das reicht für den Augenblick.«

Brumados Gesicht erschien wieder auf dem Bildschirm, und er verkündete, der Präsident des sowjetischen Staatenbundes werde nun ein paar Worte sagen.

Das Funksprechgerät summte. Jamie beugte sich zwischen den beiden Frauen vor, schaltete den Ton der Bildverbindung ganz ab und legte den Meldeschalter um.

»Li Chengdu hier.« Die Stimme des Expeditionskommandanten kam dünn aus dem Lautsprecher. »Leider wartet noch eine lange Reihe von Politikern auf ihren Auftritt im Fernsehen. Es wäre sinnvoller, wenn ihr euer Fahrzeug darauf vorbereiten würdet, das Tal zu verlassen, statt euch ihre Ansprachen anzusehen. Wir nehmen hier alles auf Band auf, so daß ihr es euch ansehen könnt, wenn ihr Zeit dazu habt.«

Jamie drehte sich zu Connors um, der zustimmend nickte. »Ja, Sir«, sagte er. »Wir setzen uns mit der Kuppel in Verbindung, wenn wir abfahrbereit sind.«

»Sehr gut.«

Ilona erhob sich langsam vom rechten Sitz, richtete sich zu ihrer vollen Größe auf und reckte den Rücken wie eine Katze. »Ruft mich, wenn der israelische Premierminister drankommt.«

Jamie lachte und streckte die Hand aus, um das Funkgerät abzuschalten.

»Noch eine Frage.« Lis Stimme ließ sie alle erstarren. »Wie ist euer körperlicher Gesundheitszustand?«

Mit einem Blick auf ihre müden, blassen Gesichter antwortete Jamie: »Was es auch ist, wir haben es alle. Schmerzen, Schwäche — es macht uns langsamer.«

»Ich habe beschlossen, Doktor Yang zur Kuppel hinunterzuschicken. Sie trifft in ein paar Stunden ein, um Doktor Reed zu assistieren. Ihr müßt unbedingt innerhalb von achtundvierzig Stunden zur Kuppel zurückkehren, um euch in ärztliche Behandlung zu begeben.«

»Aber was ist es?« fragte Jamie. »Was haben wir denn alle?«

Eine Weile kam nur das leise Knistern der atmosphärischen Störungen aus dem Funkgerät. Schließlich sagte Li: »Wir wissen es noch nicht. Aber angesichts der Geschwindigkeit, mit der sich euer Zustand verschlechtert, ist es sehr wichtig, daß ihr die Kuppel bald erreicht und behandelt werden könnt. Beeilt euch.«

Jamie setzte zu der Frage an, was passieren würde, wenn es ihnen nicht gelang, die Kuppel in den nächsten achtundvierzig Stunden zu erreichen. Aber er hielt den Mund. Er wollte die Antwort eigentlich gar nicht hören.

ERDE

WASHINGTON: Das Lächeln der Vizepräsidentin erlosch im selben Moment, als das letzte Mitglied des Fernsehteams den Raum verließ.

Es war ungewöhnlich, daß die Medienmeute in das Büro der Vizepräsidentin einfiel, aber dies war auch ein sehr ungewöhnlicher Tag gewesen. Eine Pressekonferenz vom Mars. Und dieser verdammte Indianer hatte es geschickt geschafft, seinen Teil der Abmachung nicht einzuhalten.

Sie funkelte die beiden Berater, die im Raum geblieben waren, wütend an. Ihre Mediensekretärin stand an dem kleinen Schränkchen, das als Bar diente. Harvey Todd, ihr Berater für Wissenschaft und Technik, ging langsam und mit nervösen Bewegungen vor den mit Vorhängen verhüllten Fenstern auf und ab. Er hat auch allen Grund zur Nervosität, sagte sich die Vizepräsidentin. Sie erhob sich von dem kleinen Sofa, auf dem sie den Reportern Rede und Antwort gestanden hatte, und ging steifbeinig zu ihrem Schreibtisch hinüber. Es war ein winziger, zart geschwungener Schreibtisch aus glänzendem dunklen Rosenholz, dessen Proportionen auf angenehme Weise dem zierlichen Körperbau der Vizepräsidentin entsprachen.

Die Mediensekretärin reichte der Vizepräsidentin ein beschlagenes Glas Wodka mit Zitrone, als diese in dem kastanienbraunen Drehsessel hinter dem Schreibtisch Platz nahm.

Sie trank einen kleinen Schluck von ihrem eiskalten Drink und wandte sich dann an Todd. »Nun?«

Todd machte ein erschrockenes Gesicht. Er war der kleine, nervöse Typ; sein Haar lichtete sich bereits, obwohl er erst knapp über Dreißig war. Obwohl er sanft wirkte, war er im Innern so scharf wie ein Rasiermesser. Er hatte in Princeton in Politologie und Betriebswirtschaft graduiert. Sein Lieblingsautor war Niccolö Macchiavelli.

Er schluckte schwer und versuchte zu lächeln. »Ich fand, die Konferenz ist ganz gut gelaufen. Sie nicht?« fragte er die Mediensekretärin mit einer Spur von Verzweiflung im Ton.

Sie nickte, lächelte jedoch nicht.

»Dieser gottverdammte Indianer hat kein Wort darüber gesagt, daß er mich unterstützt«, fauchte die Vizepräsidentin. »Ich habe mich für ihn aus dem Fenster gehängt, und er hat immer nur über die verfluchten Marsianer geschwafelt!«

»Nun ja, er ist Wissenschaftler …«

»Blödsinn!«

Die Mediensekretärin setzte sich auf das Sofa, das ihre Chefin gerade geräumt hatte, und legte geziert die Beine übereinander. »Wir haben seine schriftliche Erklärung«, sagte sie. »Die können Sie veröffentlichen, wann immer Sie wollen.«

»Er hätte sagen müssen, daß er mich unterstützen wird«, beharrte die Vizepräsidentin.