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»Wie ist es?« krächzte Wosnesenskis Stimme in seinem Kopfhörer.

»Weich, wie Sand. Keine gute Bodenhaftung.«

»Sei vorsichtig.«

»Ich bin immer vorsichtig, Mikhail Andrejewitsch.«

»Dann sei doppelt so vorsichtig.«

»Ja, Sir«, Genosse Gruppenkommandant, schmunzelte Iwschenko in sich hinein und trat noch einen Schritt vor.

Sein Fuß rutschte unter ihm weg. Sein Körper machte eine halbe Drehung, als er die Stange mit beiden Händen packte, aber sie versank ebenfalls im Sand, der auf einmal die Konsistenz von Talk hatte. Wolken rosafarbenen Staubs wallten sanft auf, und Iwschenko merkte, wie er wegrutschte, nach vorn glitt — seine Stiefel fanden auf einmal keinen Halt mehr — und in einem Meer aus weichem rotem Sand versank.

Er stieß keinen Schrei aus. Noch während er in dem klebrigen Staub unterging, ließ er die nutzlose Stange los und versuchte, sich herumzuwerfen und am letzten Stück festen Bodens hinter sich festzuhalten. Aber in dem schwerfälligen Anzug konnte er sich kaum ein paar Grad drehen, während er mit den Armen herumfuchtelte und mit den Beinen strampelte. Es war, als sänke man in weichen Schlamm. Iwschenko stellte sich vor, wie er von Treibsand in die Tiefe gezogen wurde.

Mit seinen schnellen Reflexen und seiner Fähigkeit, eine Situation rasch zu beurteilen, hörte Iwschenko auf zu zappeln, noch während er Wosnesenski in seinem Kopfhörer brüllen hörte: »Was ist denn los? Was machst du?«

Er spürte etwas Festes unter dem Absatz seines linken Stiefels und versuchte, sein ganzes Gewicht darauf zu verlagern. Aber der Stiefel rutschte ab, und er sank langsam und unaufhaltsam weiter in den feinen roten Staub, der ihm bis zur Brust, bis zu den Achselhöhlen, bis zum Rand seines Helms stieg.

»Ich versinke«, meldete er mißmutig. Das Visier seines Helms war mit rostfarbenem Staub gesprenkelt. Seine Arme lagen ausgebreitet auf dem Sand wie die eines Schwimmers, der an der Wasseroberfläche zu treiben versucht. Er hatte Angst, sie zu bewegen, weil er fürchtete, dann noch tiefer zu sinken.

Wosnesenski fluchte auf Russisch.

»Ich versinke!« wiederholte Iwschenko lauter. Seine Stimme wurde höher. Der talkartige Sand kroch ihm an der Sichtscheibe des Helms empor.

Wosnesenski zögerte nur einen Augenblick lang. Es würde gefährlich sein, an diesem Hang den Rückwärtsgang einzulegen, das wußte er, aber Iwschenkos Leine war an einem simplen Ringverschluß an der Nase des Fahrzeugs befestigt. Es gab keine Winde, mit der er ihn heraufziehen konnte.

»Hinsetzen«, fauchte er Reed an, während er auf die Tasten an der Kontrolltafel drückte, die sämtliche Radmotoren in den Rückwärtsgang schalteten.

Reed glitt auf den rechten Sitz und starrte mit weit aufgerissenen Augen auf die Szene vor ihnen. Iwschenkos Helm war fast ganz im Sand verschwunden. Er brüllte etwas auf Russisch, aber die Funkverbindung brach ab, und seine Worte wurden von atmosphärischen Störungen verstümmelt.

»Zieht mich rauf, verdammt!« rief Iwschenko in sein Helmmikrofon. Er war jetzt vollständig in dem roten Staub versunken. Und er sank immer weiter. Der Staub war bodenlos.

Dann merkte er, wie die Leine sich straffte. Als würde ein Fallschirm über ihm erblühen. Iwschenko verspürte die gleiche Aufwallung von Dankbarkeit und Freude.

»Gut! Gut! Zieht mich zurück.«

Er wußte, daß Wosnesenski mit dem Rover unendlich vorsichtig, unendlich behutsam zentimeterweise zurückfahren würde. Das ist in Ordnung, sagte sich Iwschenko. Ich habe Luft für zwölf Stunden, vielleicht sogar noch mehr. Laß dir Zeit, Mikhail Andrejewitsch. Laß dir Zeit, soviel du willst, aber zieh mich weiter rauf.

Sein Kopf kam aus dem Sand, und er hörte fast sofort ein wildes Durcheinander von Stimmen: Reed, Wosnesenski, die vier im anderen Rover. Sie redeten alle gleichzeitig.

»Es geht mir gut«, erklärte er ihnen allen. »Zieh nur weiter.«

Seine Schultern kamen aus dem Staub. Er konnte ihnen mit den Armen zuwinken. Dann schien sein linker Stiefel an demselben Felsvorsprung unter dem Sand hängenzubleiben, der ihn fast aufgehalten hätte, als er in die Tiefe gesunken war.

»Warte, ich hänge fest …«

Aber die Leine zog ihn weiter. Sein linkes Bein hatte sich irgendwie verhakt. Er versuchte es mit einer Drehung freizubekommen, während er Wosnesenski zurief, daß er für einen Moment anhalten sollte.

Die Leine bestand aus denselben leichten, hochfesten Karbonfaser-Verbundstoffen wie das Raumseil, mit dem die Raumschiffe verbunden waren. Der Felsen unter dem Sand war so hart und fest wie Granit. Der Rover fuhr Iwschenkos lauten Rufen zum Trotz weiterhin langsam rückwärts und zog ihn wie auf einer Streckbank auseinander.

Es dauerte nur ein paar Sekunden. Iwschenko spürte, wie sein Knie knackte, und ein sengender Schmerz fuhr durch sein ganzes Bein. Er schrie einen Fluch auf das Universum hinaus, als die Leine auf einmal schlaff wurde.

Wosnesenski brüllte in sein Funkgerät im Cockpit: »Was ist mit dir?«

»Du hast mir bloß gerade das Bein gebrochen, das ist alles«, antwortete Iwschenko. Seine Stimme war schrill vor Schmerzen.

»Wie …?«

»Egal! Zieh! Ich sinke schon wieder ein.«

Obwohl es ihm Höllenqualen bereitete, befreite Iwschenko sein Bein von dem Felsvorsprung, während er Wosnesneski anblaffte. Er merkte, wie die Leine sich wieder straffte. Sein Bein pochte fürchterlich, aber er biß die Zähne zusammen und gab keinen Ton von sich, während der Rover ihn aus der Sandgrube zog.

Dann lag er etliche Minuten keuchend auf dem festen Boden und kniff vor Schmerzen die tränenden Augen zusammen.

Im Cockpit starrte Tony Reed auf die ausgestreckt daliegende Gestalt im roten Anzug. Das Herz klopfte ihm in den Ohren. »Was ist mit ihm passiert?«

»Er hat gesagt, sein Bein sei irgendwo hängengeblieben«, antwortete Wosnesenski mürrisch. »Als wir ihn herausgezogen haben, ist es gebrochen.«

»Was wollen wir jetzt tun?«

»Wir müssen hinausgehen und ihn holen!«

»Hinausgehen? Das können Sie nicht!«

»Ich ziehe mich an«, sagte Wosnesenski.

»Sie sind nicht in der Verfassung, dort hinauszugehen«, beharrte Reed. »Sie haben nicht mehr als zwei Stunden geschlafen, seit wir von der Kuppel aufgebrochen sind.«

»Ich muß.« Aber sein erster Versuch, aus dem Cockpitsitz aufzustehen, mißlang. Seine Beine waren so schwach, daß sie ihn nicht trugen. Der Russe versuchte es erneut, schaffte es aber nur, einen Moment lang mit wackligen Beinen dazustehen, und brach dann wieder auf dem Sitz zusammen.

»Schauen Sie mich nicht an!« sagte Reed, einer Panik nahe. »Ich kann nicht hinausgehen! Ich … ich habe keine EVA-Ausbildung.«

»Hört auf, zu diskutieren«, kam Iwschenkos Stimme matt und keuchend aus dem Lautsprecher. »Ich schaffe es bis zur Luke … glaube ich.«

Der Kosmonaut begann über den Boden zu kriechen. Er zog sich mit den Händen vorwärts und schleifte sein nutzloses linkes Bein nach.

»Wenn der Anzug kaputtgeht …« Wosnesenski führte den Gedanken nicht zu Ende. Er drehte sich mit schweißfeuchtem Gesicht zu Reed um und befahclass="underline" »Ziehen Sie Ihren Anzug an, Doktor. Sofort.«

»Aber ich …«

»Sie brauchen nicht hinauszugehen«, sagte Wosnesenski voller Abscheu. »Aber unser Kamerad wird jemanden brauchen, der ihm in die Luftschleuse hilft. Das werden Sie doch wohl schaffen, oder?«

Reeds Eingeweide flatterten. Seine Hände zitterten. »Ja, natürlich«, sagte er und versuchte verzweifelt, sich zu beruhigen. »Natürlich. Ich kann ihm aus dem Anzug helfen und mich um sein Bein kümmern.«

»Ein Engel der Gnade«, fauchte Wosnesenski.

Im Cockpit des gestrandeten Rovers waren Jamie und die drei anderen Zeugen von Iwschenkos Martyrium geworden. Mit wachsendem Entsetzen hatten sie gesehen, wie ihr nahender Retter hilflos im Sand versank, hatten seine Hilferufe gehört und beobachtet, wie der zweite Rover vorsichtig zurücksetzte und den Kosmonauten herauszog, waren bei seinem Schrei zusammengezuckt, als sein Bein brach.