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»Okay«, keuchte er, jetzt selber nach Atem ringend.

»Ich bin soweit. Der kleine Spaziergang kann losgehen.«

»Viel Glück, Mann«, sagte Connors.

»Vai com deus«, erwiderte Joanna.

Schon wieder mit Gott, dachte Jamie. Mit welchem Gott? Dem bösartigen alten Mann der Hebräer? Dem pazifistischen Christus? Oder mit Coyote, dem Listenreichen? Er ist der einzige, der hier auf dem Mars gegen uns gearbeitet hat. Der alte Coyote mit seinen Tricks. Er schüttet sich bestimmt vor Lachen aus über uns, weil wir in einem blöden trockenen Schlammloch festsitzen.

Wosnesenskis Stimme schnitt durch seine Gedanken. »Haben Sie gesagt, daß Sie sich auf den Weg zu uns machen?«

»Ja, Mikhail. Ich gehe rechts von Ihnen um den Rand des Kraters herum.«

»Ich sehe Sie nicht.«

»In ein paar Minuten komme ich in Ihr Blickfeld … ich bin in etwa einer Stunde da«, sagte Jamie. Er wußte, daß er maßlos optimistisch war. Selbst jetzt, wo die Kabeltrommel fest auf dem Boden stand und das Kabel mühelos abspulte, fühlte er sich, als zöge er den gesamten Rover samt allem darin bei jedem Schritt hinter sich her.

»Es wäre gut, wenn Sie hier wären, bevor die Sonne untergeht«, sagte Wosnesenski.

Der Gedanke überraschte Jamie. Er drehte sich halb um und sah, daß die kleine, kraftlose Sonne sich bereits dem fernen, felsigen Horizont näherte.

»Ich werd’s versuchen«, sagte er in sein Helmmikrofon. »Ich möchte wahrhaftig nicht im Dunkeln draußen sein, wenn ich es vermeiden kann.«

* * *

Dr. Li hatte begonnen, seinen Bericht an Kaliningrad abzufassen. Er hatte den Flugkontrolleuren mit präzisen Worten exakte Informationen geben wollen. Die Nachricht, daß das Bodenteam Skorbut bekommen hatte, würde wie ein Blitz einschlagen und sofort die Befehlshierarchie hinauf zu diversen nationalen Direktoren und dann zu den Politikern weitergeleitet werden, das wußte er; deshalb mußte er außerordentlich sorgfältig mit allem sein, was er niederzuschreiben beschloß.

Stunden später saß er immer noch in seiner Privatkabine und starrte auf den leuchtenden Computerbildschirm. Der war leer. Er hatte noch kein Wort geschrieben. Die einzige Nachricht vom Boden lautete, daß Iwschenko sich das Knie kaputtgemacht hatte.

Mit einem frustrierten Seufzer, der mehr als allem anderen der Tatsache galt, daß seine Nerven ihn im Stich ließen, schlug er ein paar Tasten an, um einen Lagebericht vom Bodenteam zu bekommen. Seiji Toshimas rundes Gesicht erschien auf dem Bildschirm.

Nach ein paar japanischen Verbeugungen und Zischlauten erklärte der Meteorologe, er habe momentan die Kommunikationswache. Zieman halte Verbindung mit Wosnesenski im zweiten Rover.

Li wollte sich nach Wosnesenskis Rettungsversuch erkundigen, hörte sich jedoch statt dessen sagen: »Können Sie mich bitte zu Doktor Reed durchstellen?«

Das einzige Anzeichen von Überraschung bei Toshima war ein ganz kurzes Zögern, bevor er antwortete: »Ja, Sir. Natürlich.«

Es dauerte ein paar Minuten, aber schließlich erschien Reeds Gesicht auf Lis Bildschirm. Der Engländer saß im Cockpit des Rovers. Seine Miene war wachsam und reserviert.

»Ich hätte gern einen medizinischen Bericht«, sagte Li.

Reed strich sich mit einem Finger über den Schnurrbart. »Nun … Iwschenkos Knie muß dräniert werden, sobald wir wieder in der Kuppel sind, wo ich die entsprechenden Einrichtungen dafür habe. Wosnesenski macht recht gute Fortschritte, aber er ist erschöpft und ziemlich schwach. Es dauert mehrere Tage, bis man sich von Skorbut erholt, selbst mit hohen Vitamin-C-Dosen.«

»Und die anderen?«

»Schwer zu sagen. Waterman fühlt sich offenbar gut genug, um von seinem Rover zu unserem zu laufen, obwohl er nur furchtbar langsam voranzukommen scheint.«

Li gingen die Fragen aus. Er saß vor dem Bildschirm und versuchte, einen höflichen, nicht schmerzhaften Weg zu finden, das Thema zur Sprache zu bringen, über das er eigentlich reden wollte.

»Ich bin gerade dabei, meinen Bericht an Kaliningrad abzufassen«, sagte er schließlich.

»Ja«, antwortete Reed.

»Ich werde darauf hinweisen, daß Sie herausgefunden haben, worum es sich bei der Krankheit handelt und welche Ursache sie hat.«

Der Engländer schien sich zu versteifen. »Und auch darauf, daß ich an ihr schuld bin, würde ich meinen, weil ich nicht klug genug war, beides eher herauszufinden.«

»Es gibt keine Schuldzuweisung …«

»Schuld, Verantwortung, das ist alles ein und dasselbe, nicht wahr? Ich war der Verantwortliche, der Sanitätsoffizier. Ich habe die Sache vermurkst. Das ist die simple Wahrheit.«

»Niemand konnte vorhersehen, daß ein Meteoriteneinschlag solche Folgen haben würde.«

»Nein?« Reed lächelte beinahe höhnisch. »Was wollen Sie dann in Ihren Bericht schreiben? Daß es höhere Gewalt war?«

»Es war eine unvorhersehbare Kette von Ereignissen«, sagte Li.

Der Engländer schüttelte den Kopf. »Das kauft Ihnen keiner ab. Bei einer Mission wie dieser kann man keine unvorhersehbare Kette von Ereignissen eingestehen. Die Flugleiter in Kaliningrad und Houston wollen, daß alles bis ins letzte Detail geplant und klar definiert ist. Unvorhergesehene Ereignisse sind nicht erlaubt, Herrgott noch mal.«

»Ich möchte nicht, daß man Sie zum Sündenbock macht.«

»Wie wollen Sie das verhindern?«

Die Antwort fiel Li ein, während er sprach. »Indem ich betone, daß Sie die Ursache der Krankheit erkannt und die notwendigen Schritte zu ihrer Heilung unternommen haben.«

»Und unter den Tisch kehren, daß meine Ungeschicklichkeit sie verursacht hat und daß ich Wochen gebraucht habe, um zu erkennen, was geschehen ist? Ganz gleich, wie Sie Ihren Bericht abfassen, diese Tatsache wird wie ein Leuchtfeuer aufscheinen. Und das sollte sie auch.«

»Sie sind zu hart gegen sich selbst.«

»Nicht so hart, wie es Kaliningrad sein wird. Meine Karriere im Marsprojekt ist zu Ende. Oder sie wird zu Ende sein, sobald wir zurück sind. Das wissen wir beide.«

Li musterte das Gesicht des Engländers auf seinem Bildschirm. Reed hatte sich verändert; er schien gealtert zu sein. Er hatte Falten um den Mund, die Li noch nie bemerkt hatte. Trotzdem war er offenbar nicht wütend oder auch nur besonders unglücklich. Der Gedanke, daß er für die Krankheit verantwortlich gemacht werden würde, schien ihn auf merkwürdige Weise zu befriedigen. Es hatte fast den Anschein, als wäre er erleichtert, daß man ihn nie wieder zum Mars fliegen lassen würde.

ERDE

HOUSTON: »Es muß schlimm sein«, sagte Alberto Brumado. »Sehr schlimm. Joanna will nicht mit mir sprechen. Ich glaube, es sieht wirklich böse aus.«

Zum ersten Mal, seit Edith ihn kennengelernt hatte, sah man Brumado an, daß er über Sechzig war. Sein Gesicht war von Sorge gezeichnet; sein jungenhaftes Grinsen war einem düsteren, bangen Stirnrunzeln gewichen.

Sie setzte sich neben ihn aufs Bett. »Glaubst du, die Leute vom Projekt sagen dir vielleicht nicht die ganze Wahrheit?«

Sie hatten nebeneinanderliegende Zimmer in einem der Dutzend Hotels an der Straße genommen, die am Johnson Space Center vorbeiführte. Weder Brumado noch Edith hatten so weit vorausgeplant, daß sie sich Gedanken darüber gemacht hätten, wer Ediths Zimmer bezahlen würde. Beim Einchecken hatte Edith bemerkt, daß sich das Foyer mit Reportern und Kamerateams füllte. Sie spürten, daß etwas vorging, daß eine Sensation in der Luft lag. Irgend jemand ließ Informationen durchsickern.