Die Nacht brach herein, dann ging die blasse, ferne Sonne wieder auf. Weitere Tage und Nächte verstrichen, und nichts änderte sich auf der roten Oberfläche des Mars. Eines hellen Morgens leuchtete endlich ein neuer Doppelstern am rosafarbenen Himmel auf, aber nur kurz; dann war er wieder verschwunden. Die beiden miteinander verbundenen Raumschiffe, die um den Planeten gekreist waren, ein seltsamer, künstlicher Zwillingsmond von einer anderen Welt, traten den langen Heimflug zur Erde an.
Der Mars war wieder allein. Nichts blieb von den neugierigen Besuchern von der Erde. Nur ihre verstreute Ausrüstung, die herumlag, und ihre Kuppelbasis, die auf die nächsten Forscher wartete. Auf einem leeren Bord im Innern der Kuppel stand wartend das winzige steinerne Ebenbild eines Bären mit einer kleinen Pfeilspitze aus Feuerstein und einer Adlerfeder, die mit einem liebevoll verknoteten Lederband an ihm festgebunden waren.
Der Wind des Mars strich sanft über die Kuppel. Er wartete ebenfalls.
Hoch oben auf dem flachen Plateau einer Mesa, wo die Alten sich vor tausend Jahren eine Stadt erbaut hatten, gingen Edith Elgin und Al Waterman unter dem strahlend blauen Himmel spazieren. Sie trugen beide feste, bequeme Stiefel, Schaffelljacken und breitkrempige Hüte.
»Sie sind auf dem Rückweg«, erzählte Edith Jamies Großvater. »Im Frühling sind sie hier.«
Al nickte und schaute mit zusammengekniffenen Augen zum hellen Himmel hinauf. »Hoffentlich bin ich dann noch da.«
Edith sah ihn scharf an. »Wieso? Sind Sie krank?«
»Noch nicht«, sagte er. »Aber ich habe da so ein Gefühl in den Knochen, wissen Sie.«
»Jamie hat mir erzählt, daß Sie eine mystische Ader haben.«
Al lachte. »Ja, da hat er wohl recht.«
Sie gingen eine Weile schweigend nebeneinander her. Der Wind wehte stürmisch, klappte ihre Jackenkragen hoch. Von der alten Stadt war nicht mehr übriggeblieben als vereinzelte Häufchen von Adobeziegeln, die fast im wilden, wogenden Gras verschwanden.
»Wissen Sie«, sagte Al, »er wird so bald wie möglich dorthin zurück wollen.«
Edith nickte. »Vielleicht. Es wird ein harter Kampf werden, allen die Zustimmung zu einer weiteren Mission abzuringen.«
»Nein, nicht so hart, wie Sie denken. Jamie hat seinen Weg gefunden; er ist ein Held geworden. Niemand wird ihn davon abhalten können, zum Mars zurückzukehren. Nicht einmal der Präsident oder die Präsidentin der Vereinigten Staaten, wer immer das nächstes Jahr sein wird.«
»Glauben Sie, daß er so stark ist?«
»Natürlich.« Al sah sie mit fragendem Blick an. »Er wird einen lausigen Ehemann abgeben, wissen Sie. Wird immer jahrelang weg sein.«
Edith schwieg.
»Vielleicht heiratet er eine der Wissenschaftlerinnen«, sagte Al.
Edith setzte ihr strahlendstes Lächeln auf. »Oder vielleicht schafft es eine wirklich clevere Journalistin, bei der nächsten Expedition ins Team zu kommen und mit ihm zum Mars zu fliegen.«
Al grinste sie an. »Na, das wäre was, stimmt’s?«
»Ja«, sagte Edith. »Das wäre beinahe perfekt.«
Der Mars wartete.
Die riesigen Vulkane reckten ihre massigen Gipfel hoch in die dünne Atmosphäre. Der lange Grabenbruch schützte seinen hartnäckigen, verbissenen Flechtenbesatz. Der merkwürdige Felsen, der das Ebenbild eines menschlichen Gesichts trug, wartete geduldig, wie er es seit unzähligen Jahrtausenden tat. Das Wassermeer, das gefroren unter der Oberfläche lag, wartete auf eine wärmere Zeit, in der es seine lebenswichtige Feuchtigkeit freisetzen und die rote Welt noch einmal erneuern konnte.
Die toten Städte, die in alte Felswände gehauen waren, bewahrten ihre Geheimnisse und warteten, daß die Kinder der blauen Welt zurückkehrten und sie entdeckten.
Der Mars wartet auf uns.