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»Ich meide euch?« Jamie kam sich töricht vor, weil er ihre Worte wiederholte, aber sie hatte ihn kalt erwischt.

»Joanna und mich. Katrin. Du meidest uns. Ist dir das nicht aufgefallen?«

»Wir sollen uns nicht emotional miteinander einlassen.«

»Noch so eine Vorschrift, ich weiß. Aber heißt das, daß du beim Essen nicht bei uns sitzen darfst? Ich habe dich sehr aufmerksam beobachtet. Du hältst dich absichtlich so weit wie möglich von uns fern.«

Hundert Gedanken rasten durch Jamies Kopf. »Führe uns nicht in Versuchung«, murmelte er.

»Bist du in Joanna verliebt?«

»Nein! Natürlich nicht.«

»Natürlich nicht«, ahmte Ilona ihn nach und lächelte ihn an. »Die Vorschriften verbieten, daß wir uns verlieben, hab ich recht?«

»Nicht nur die Vorschriften«, erwiderte Jamie.

»Du willst dich nicht emotional auf etwas einlassen, ist es das?«

Er nickte, dachte an Edith daheim in Houston und fragte sich auf einmal, wo sie war, mit wem sie jetzt zusammen war.

Ilona legte Jamie die Arme um den Hals. »Wann hast du zum letzten Mal mit einer Frau geschlafen?«

»Was? Ich glaube nicht …«

»Ich wette, du hast es nicht mehr getan, seit du das letzte Mal nach Kalifornien heimgefahren bist, stimmt’s?«

»Nein, du irrst dich.«

»Jedenfalls nicht, seit wir auf der Montagestation eingetroffen sind. Seit damals nicht mehr.«

Sein Verstand sagte Jamie, daß er sich von ihr losmachen und verschwinden sollte, aber seine Arme drückten Ilona fest an sich, preßten sie an seinen Körper. Ihre Lippen berührten sich beinahe.

»Ich möchte mit dir schlafen, Jamie. Gleich hier und jetzt. Ich möchte es mit meinem starken, schweigsamen Freund hier unter den Sternen treiben. Ich will deine Stärke, deine Wärme.«

Sie küßte ihn wild, dann flüsterte sie: »In den Vorschriften steht nichts über das Ficken, Jamie. Fick mich, du Indianer, los, fick mich!«

Langsam, träge, als wäre er hypnotisiert, zog Jamie Ilonas Overall vorne auf. Der Klettverschluß öffnete sich mit dem Geräusch von zerreißendem Stoff. Wie im Traum sah er sich dabei zu, wie er ihr das Kleidungsstück über die Schultern und die Arme herabzog. Unter dem Overall war sie nackt. Die Haut ihrer bloßen Schultern und kleinen Brüste sah im Sternenlicht milchweiß aus. All die langen Monate der Entsagung explodierten in einer jähen, wilden Ekstase, als Jamie Ilona auf den harten Metallboden herunterzog, ohne die Kälte zu spüren, ohne sich um den Mars oder Gaia oder etwas anderes als diese gierige Tigerin zu scheren. Die Sterne kreisten gleichgültig um sie herum.

2

Beim Frühstück am nächsten Morgen war Jamie schrecklich verlegen. Er konnte Joanna nicht ansehen und merkte, daß es ihm sogar schwerfiel, Ilona ins Gesicht zu schauen. Sie lächelte ihn jedoch über den schmalen Eßtisch hinweg an, als er mit seiner Schale zwischen Tony Reed und Tadeusz Sliwa Platz nahm, dem goldblonden polnischen Ersatz-Biochemiker.

Jamie schlang sein Frühstück hastig hinunter und machte sich rasch auf den Weg zur Kommunikationskonsole, wo er mit der Bibliothek in Houston Kontakt aufnehmen und sich in die Lektüre über weitere Details der merkwürdigen, sauerstoffreichen Chemie des Marsbodens vertiefen wollte.

»Sie haben es offenbar eilig.«

Es war Tony Reed, der hinter ihm den schmalen Gang entlangkam.

»Ich muß einiges lesen«, sagte Jamie.

»Fürchte, ich muß mit Ihnen sprechen, mein Freund — ganz offiziell.«

Jamie blieb stehen und drehte sich langsam zu Reed um. »Offiziell?«

»Als Schiffsarzt, ja.«

»Ich verstehe nicht.«

»Bitte kommen Sie mit in mein Büro«, sagte Reed mit schiefem Lächeln.

Die Krankenstation des Schiffes lag direkt hinter dem Trainingsraum. Die Kabine war nicht größer als die privaten Unterkünfte der Besatzung; selbst wenn sich nur zwei Personen darin aufhielten, wirkte sie bereits überfüllt.

Reed schob die Falttür zu und verriegelte sie sorgfältig. Jamie konnte das ächzende Quietschen der Kraftmaschine auf der anderen Seite der Trennwand und das Schnaufen und Grunzen des Besatzungsmitglieds hören, das sich an ihr abarbeitete.

»Wir haben Sie gestern nachmittag vermißt«, sagte Tony mit einem spitzbübischen Grinsen auf dem Gesicht.

»Ich mußte ein bißchen allein sein.«

»Ilona anscheinend auch.«

Reed zwängte sich an Jamie vorbei, setzte sich auf die Kante des eingebauten Schreibtisches und verschränkte die Arme vor der Brust. Er nickte zu dem Hocker, der neben dem verschlossenen Arzneischränkchen stand.

Jamie blieb stehen. Er überlegte, wer im Trainingsraum nebenan sein mochte und wieviel er — oder sie — durch die dünne Trennwand hören konnte.

Reed grinste ihn geradezu lüstern an. »Sie scheinen gleich nach ihr verschwunden zu sein. Und dann seid ihr beide ungefähr zur gleichen Zeit zu uns zurückgekommen.«

»Hoffmann hatte einen Nervenzusammenbruch«, sagte Jamie. »Ich war ziemlich aufgeregt über diese Nachricht.«

»Und da haben Sie sich mit unserer hauseigenen Sexualtherapeutin getröstet.«

»Sexualtherapeutin …?« Jamie verspürte ein hohles Gefühl im Bauch, als wäre er auf einmal gewichtslos geworden.

Das Grinsen auf Tonys Gesicht war eindeutig bösartig. »Haben Sie das nicht gewußt? Ilona hat beschlossen, mit jedem Mann an Bord ihren Spaß zu haben. Außer mit Wosnesenski und Iwschenko natürlich. Sie haßt die Russkis. Ich glaube, sie tut das alles nur, um unseren armen russischen Anführer und seinen Ersatzmann vor Eifersucht wahnsinnig zu machen. Könnte durchaus sein, daß es funktioniert.«

Jamie hatte das Gefühl, als bekäme er keine Luft mehr.

»Also dann.« Reed räusperte sich und setzte eine ernstere, professionelle Miene auf. »Es geht um Ihr sexuelles Verhalten.«

Jamie runzelte die Stirn. »Mein sexuelles Verhalten?«

»Ich muß Ihnen die Standardpredigt Nummer null-nulleins halten: sexuelle Verantwortung und ihre Konsequenzen.« Das Grinsen war wieder auf Reeds Gesicht erschienen.

»Halten Sie diese Predigt auch Ilona?«

»Ja, natürlich.« Er lächelte süffisant. »Mit einigen Abwandlungen, versteht sich.«

»Jedesmal?«

»Jedesmal, wenn ich kann.«

Jamie funkelte den Engländer an.

»Im Ernst, James, ich muß Sie warnen: Falls Ihr sexuelles Verhalten an Bord des Schiffes ein Problem aufzuwerfen droht, ist es meine Pflicht, Doktor Li Meldung zu erstatten — und gewisse Maßnahmen zu ergreifen.«

»Wollen Sie mich zwingen, Salpeter zu schlucken?«

»Ach, wir haben viel bessere Mittel als Salpeter«, sagte Reed. »Die Pharmakologie hat es weit gebracht.

Das einzige Problem ist, ganz gleich, welchen Triebdämpfer wir Ihnen verabreichen, er wird Ihre Gonaden schrumpfen lassen.«

»Meine …!«

»Kann man nichts machen. Sie werden sich natürlich wieder zu ihrer normalen Größe entwickeln, sobald die Behandlung beendet ist. Wir wollen Sie ja nicht kastrieren.«

»Was ist, wenn ich die Medikamente nicht nehme?« fragte Jamie. »Angenommen, ich wäre ein solcher Lustmolch, daß Sie mir welche geben wollten.«

»Oh, Sie werden sie nehmen, so oder so. Ich kann sie Ihnen jederzeit ins Essen mischen, wissen Sie. Oder das Trinkwasser damit versetzen. Wie ich es auch täte, wenn Sie sich weigern würden, Ihre Vitaminpräparate zu nehmen. Es wäre nicht schwierig.«

»Hurensohn«, hörte Jamie sich murmeln.

»Genau das versuchen wir ja gerade zu verhindern«, sagte Reed. Dann lachte er laut über seinen kleinen Scherz.

3

»Ich wünschte, diese Kojen wären ein bißchen breiter.«

»Bist du nicht gern so nah bei mir?«