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Er lehnte sich auf seinem Stuhl an einer Seite des Konferenztisches bedenklich weit zurück, die Stiefel auf dem Tisch, die Krawatte am Kragen gelockert. Brumado saß neben ihm. Der russische und der japanische Projektleiter saßen steif auf der anderen Seite des Tisches.

Keiner von ihnen lächelte; beide trugen maßgeschneiderte Geschäftsanzüge mit ordentlich geknoteten Krawatten; aber damit hörten die Ähnlichkeiten auch schon auf. Der Russe war kahlköpfig, blaß, hager und trübselig. Er erinnerte Brumado an einen schwermütigen Filmschauspieler aus seiner Jugend, der immer Emigranten gespielt hatte, die sich nach Mütterchen Rußland sehnten. Der Japaner war ein kompaktes Bündel kaum gezähmter Energie, seine dunklen Augen zuckten in alle Richtungen, seine Finger trommelten nervös auf die Tischplatte.

»Wie Sie alle wissen«, sagte der Amerikaner, das Mehrfachkinn auf der Brust, und hob ein einzelnes Blatt Papier auf, das vor ihm auf dem Tisch lag, »haben wir da so ’n gewisses Problem mit der liebreizenden, blauäugigen Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten.«

»Ich glaube, ich sollte gleich zu Beginn sagen«, warf der Russe ein, »daß in der russischen Föderation ernstzunehmende Einwände dagegen erhoben worden sind, daß es klug wäre, sich so bald schon auf eine zweite Expedition festzulegen.«

Der Japaner sagte rasch: »Der Tod von Professor Konoye hat Japans Begeisterung in bezug auf weitere Mission nicht getrübt. Wenn überhaupt, sind meine Landsleute eher der Meinung, daß wir weitermachen müssen, um sein Andenken zu ehren.«

Der Ex-Texaner warf Brumado einen Blick zu und sah dann seine Kollegen auf der anderen Seite des Tisches an. »Na, dann wollen wir hier doch zunächst mal eins klären: Wie stehen Sie alle zu der nächsten Mission?«

»Ich bin natürlich dafür«, antwortete der Russe sofort. »Ich würde selbst mitfliegen, wenn man es mir erlauben würde!«

Der Japaner grinste. »Ja, natürlich.«

»Wie ich es sehe«, sagte Brumado sanft, »haben wir eine heilige Verpflichtung. Das Marsprojekt darf nicht so enden wie das Apollo-Projekt. Wir müssen die Erforschung des Planeten und seiner Monde weiterführen.«

Der Amerikaner schob seinen Stuhl zurück. Er schabte über den nicht ausgelegten Boden. »Okay«, sagte er, während er schwerfällig aufstand. »Wir sind uns also einig, was wir wollen. Jetzt müssen wir rausfinden, wie wir’s kriegen.« Er ging um seinen Schreibtisch herum, bückte sich, machte eine Tür auf und holte vier Gläser und eine Flasche Bourbon heraus.

»Treibstoff fürs Gehirn«, sagte er. Ein fröhliches Grinsen breitete sich auf seinem roten Gesicht aus.

Drei Stunden später stand die Flasche leer auf dem Konferenztisch, und Brumado, der kaum das eine Glas angerührt hatte, das ihm eingeschenkt worden war, faßte zusammen: »Die Vizepräsidentin hat mir persönlich erklärt, sie sei bereit, sich öffentlich für die weitere Erforschung des Mars auszusprechen, wenn wir von uns aus Doktor Waterman dazu bewegen können, seine Unterstützung für ihre Kandidatur zu bekunden.«

»Das lassen Sie sich mal lieber schriftlich geben«, brummte der Amerikaner. »Und zwar, bevor Sie dem Indianer sagen, daß er den Mund aufmachen soll.«

»Ich bin wirklich nicht sicher, daß Doktor Waterman bereit wäre, eine solche Erklärung abzugeben«, gestand Brumado.

»Dann müssen Sie ihn überzeugen. Machen Sie von Ihren Überredungskünsten Gebrauch. Ich würde es selber tun«, sagte der ehemalige Texaner, »aber wenn das jemand im Kongress rauskriegt, nageln sie meine Eier an die Wand, und das Marsprojekt geht in null Komma nichts den Bach runter.«

Der Japaner wandte sich an den Russen. »Wie würde die russische Föderation reagieren, wenn die Vereinigten Staaten ausdrücklich ihre Unterstützung für weitere Missionen bekunden?«

Der Russe zuckte umständlich die Achseln. »Wenn sowohl die USA als auch Japan dafür sind, würden die Kräfte der Erleuchtung in Moskau meiner Ansicht nach genügend Auftrieb bekommen, um die Einwände der Obstruktionspolitiker zu überwinden.«

Der Amerikaner zog eine zottige Augenbraue hoch. »Heißt das ja oder nein?«

Sie brachen alle in Gelächter aus. »Ja«, sagte der Russe. »Definitiv ja.«

Daraufhin richteten alle drei Projektleiter ihre Blicke auf Brumado.

»Dann liegt es also an Ihnen, Alberto, alter Knabe«, sagte der Amerikaner. »Keiner von uns kann es tun. Sie müssen die Rothaut dazu überreden, die Vizepräsidentin zu unterstützen.«

»Ich hoffe, es gelingt mir«, sagte Brumado.

»Wenn nicht, ist Schluß mit dem Programm, sobald das Team zur Erde zurückkehrt.«

Brumado nickte zustimmend. Dann fragte er: »Hat man verhindert, daß Waterman persönliche Botschaften bekommt? Isoliert man ihn während seines Aufenthalts auf dem Mars von der Außenwelt?«

Die drei Projektleiter sahen einander unbehaglich an. Der Russe sagte: »Nachdem die amerikanische Regierung es abgelehnt hat, das Band mit seinem Interview freizugeben, haben wir angenommen, daß er keine Kontakte mit den Medien haben soll.«

»Soweit ich weiß«, sagte der Amerikaner, »hat er sich nicht beschwert. Hat nicht mal drum gebeten, irgendwelche persönlichen Botschaften schicken zu dürfen, glaube ich.«

»Überhaupt keine privaten Mitteilungen?« fragte Brumado. »Weder an seine Angehörigen noch an seine Freunde?«

Der Russe zuckte die Achseln. »Anscheinend hat niemand versucht, ihn zu erreichen, und er hat auch nicht versucht, jemanden anzurufen.«

»Nicht einmal seine Eltern?«

»Offenbar nicht.«

»Warum fragen Sie?« erkundigte sich der Japaner.

»Ich habe eine junge Frau kennengelernt, die behauptet, sie sei eine Freundin von Waterman«, antwortete Brumado, »und man habe ihr die Erlaubnis verweigert, mit ihm zu sprechen.«

Der Amerikaner lehnte sich wieder auf seinem Stuhl zurück. »Ich verstehe nicht, weshalb sie nicht einfach ein Band aufnehmen kann, wie die Freunde und Verwandten von allen anderen auch. Dann kann Waterman entscheiden, ob er ihr antworten will oder nicht. So haben wir das mit den privaten Botschaften bisher immer gehandhabt, wegen der Zeitverzögerung und dem vollen Programm der Jungs unten auf dem Planeten.«

»Das klingt vernünftig«, sagte Brumado. »Ich werde es ihr raten.«

SOL 13

MORGEN

»Die Computerbearbeitung beweist, daß Ihr ›Dorf‹ nur eine natürliche Gesteinsformation ist«, sagte Ravavishnu Patel.

Jamie schüttelte störrisch den Kopf. »Die Bearbeitung beweist nichts dergleichen.«

»Ich fürchte, ich muß Rava zustimmen«, sagte Abdul al-Naguib. »Sie ziehen einen voreiligen und falschen Schluß.«

Die drei Männer — zwei Geologen und der ägyptische Geophysiker — saßen angespannt auf zierlichen Hockern vor einem Computerbildschirm im Geologielabor. Der Bereich war vom Rest der Kuppel abgeteilt, die Regale quollen von offen herumliegenden Steinen, transparenten Plastikbehältern mit Kernproben und zugestöpselten Flaschen mit rotem Erdreich über. Auf einem langen Tisch an einer Trennwand standen Analysegeräte und Computermodule, deren orange und blau flimmernde Bildschirme Kurven und Diagramme der Daten des globalen Sensoren-Netzwerks zeigten, die sich alle paar Augenblicke änderten.

»Hören Sie«, sagte Jamie zu den anderen, »auf dem bearbeiteten Videomaterial sieht man die Formation in einer hübschen Vergrößerung. Ich behaupte nicht, daß sie künstlich ist; ich sage nur, die Bildverbesserung beweist keineswegs, daß sie natürlichen Ursprungs ist.«

»Aber sie kann nicht künstlich sein!« beharrte Patel. »Selbst Pater DiNardo in Rom ist der Meinung, daß es eine natürliche Formation sein muß!«