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Was ihm erst recht das Genick brechen würde.

Während er Hoffmanns Blutdruck maß, ihn bat, sich auf den Tisch zu legen, damit er ein EKG machen konnte, und hier und dort auf ihm herumklopfte, brachte Reed langsam und geschickt das Gespräch auf das Thema Frauen.

»Ich weiß nicht, wie Sie das machen«, sagte er gewandt. »Bei hübschen Mädchen scheine ich zwei linke Hände zu haben.«

»Das liegt wahrscheinlich an Ihrem Schulsystem«, erwiderte Hoffmann hochnäsig. »Ihr Engländer werdet auf Jungenschulen geschickt. Außer euren Müttern und Kindermädchen bekommt ihr keine Frauen zu sehen, bis ihr euren Collegeabschluß macht. Daher gibt es bei euch auch so viele Homosexuelle.«

Reed setzte ein sonniges Lächeln auf. G-r-r – du Schwein!

dachte er im stillen.

»Die meisten jungen Frauen suchen Vaterfiguren«, erläuterte Hoffmann. »Es ist gar nicht nötig, sie großartig zum Abendessen auszuführen; stellen Sie ihnen gegenüber nur eine Mischung aus Autorität und Freundlichkeit zur Schau, und sie werden Ihnen geradezu ins Bett fallen.«

»Ist das wahr?«

»Bei mir hat es immer geklappt. Die einzige Schwierigkeit ist, daß sie manchmal nicht merken, wann die Affäre vorbei ist.

Man braucht großes Geschick, um sie wieder loszuwerden. Jedenfalls mehr, als um sie ins Bett zu bekommen.«

»Hmm, darüber habe ich noch nie nachgedacht.«

»Bei dieser Mission hier muß man natürlich sehr vorsichtig und sehr diskret sein. Und sich die Frauen genau aussuchen.

Die einen wissen, was sich gehört, die anderen nicht.«

»Ja, ich verstehe.« Reed schwieg gerade lange genug, um sich ein Lachen zu verbeißen. »Woran erkennt man denn, wer zu welcher Sorte gehört?«

Hoffmann setzte ein öliges, durchtriebenes Lächeln auf und winkte Reed näher zu sich heran.

»Sie testen Ihre Versuchspersonen natürlich vor dem Flug«, flüsterte er. »Was sollte ein guter Wissenschaftler sonst tun?«

»Die Versuchspersonen testen? Oh, natürlich. Tun Sie das gerade?«

Etwas flackerte in Hoffmanns Augen auf. Eine Ahnung von Gefahr vielleicht. Die Erkenntnis, daß er zuviel redete.

»Ein Gentleman schweigt und genießt«, erwiderte er ein wenig steif.

Reed zog eine Augenbraue hoch. »Ja, mir ist schon klar, daß es heikel werden könnte, wenn man mit den Frauen hier etwas anfängt. Das Thema ›Sex während der Mission‹ bereitet den Projektmanagern großes Kopfzerbrechen. Sie wollen nicht, daß das reibungslose Funktionieren des Teams derart gestört wird, wissen Sie.«

Hoffmann zog ebenfalls eine Augenbraue hoch. »Vielleicht würde das Team reibungsloser funktionieren, wenn bei dem Unternehmen eine gewisse Menge Schmiermittel im Spiel wäre.«

»Schmiermittel! Das ist gut!«

Hoffmann schaute selbstzufrieden drein, sagte aber nichts mehr.

»Wissen Sie.« – Reed senkte die Stimme dabei zu einem verschwörerischen Flüstern – »in der Gruppe hier gibt es eine Frau, die Sie sehr aufmerksam beobachtet hat.«

»Ach ja?«

»Sie hat mir gegenüber nichts gesagt, verstehen Sie, aber mir ist nicht entgangen, daß sie von Ihnen fasziniert ist. Und wenn je eine junge Frau zu einer Vaterfigur aufgeblickt hat, dann sie.«

»Wer?«

»Nun, Joanna Brumado natürlich. Wußten Sie das nicht?«

6

Jamie schob den Gang zum Speisesaal hinaus, bis er sicher war, daß die meisten anderen bereits gegessen hatten und in ihre jeweiligen Unterkünfte zurückgekehrt waren. Die Mitglieder der regulären McMurdo-Besatzung teilten sich die Schlafräume größtenteils mit den Forschern, die zu Besuch kamen; nur das Marsprojekt leistete es sich als einzigen Luxus, jedem Teilnehmer ein Einzelzimmer zur Verfügung zu stellen.

Jamie hatte den Tag damit verbracht, mit den Neuankömmlingen zu reden, und sie und sich selbst damit in Verlegenheit gebracht. Nun wollte er mit keinem von ihnen mehr sprechen.

Nicht an diesem Abend.

Tatsächlich war der Speisesaal beinahe leer. Ihm wurde klar, daß es ein langer Tag für die Neuankömmlinge gewesen war.

Der Flug von Christchurch hierher dauerte selbst bei gutem Wetter zehn Stunden. Dann auspacken, sich in dieser spartanischen, gottverlassenen Basis einrichten – die meisten Neuankömmlinge lagen bereits in ihren Betten. Nur ein paar von ihnen saßen noch an einem der langen Eßtische, hockten müde über den Resten ihres Abendessens und unterhielten sich leise.

Ein halbes Dutzend reguläre Techniker und Wartungsleute der Basis saßen in der Nähe der abgenutzten alten Kaffeemaschine und spielten Karten.

Jemand hatte eine Kassette in den Recorder oben am schneebedeckten Fenster gesteckt: ein leise klagendes altes Country-Lamento: »Mamas, don’t let your babies grow up to be cowboys…« Mütter, laßt nicht zu, daß eure Kinder später einmal Cowboys werden.

Oder Wissenschaftler, sagte sich Jamie, während er ein Tablett nahm und zur Selbstbedienungstheke hinüberging. Er merkte, daß er keinen Appetit hatte, und begnügte sich mit einem Stück des matschigen, aufgetauten Kuchens und einem Becher Kaffee. Dann ging er in die hinterste Ecke des Speisesaals hinüber und setzte sich allein ans Ende eines leeren Tisches.

Niemand schenkte ihm irgendwelche Aufmerksamkeit. Das war Jamie durchaus recht. Er war jetzt ein Außenseiter, ein Paria, und alle wußten es.

Dann kam Joanna herein. Sie trug ein dunkelgrünes Männerhemd aus Sämischleder, das sie wie ein Zelt umhüllte: Die Schultern hingen fast bis zu den Ellbogen herab, die Hemdschöße schlackerten ihr um die Knie. Sie hatte die Ärmel hochgekrempelt, und darunter trug sie ein weißes T-Shirt und eine genoppte Laufhose. Bequeme Freizeitkleidung, sah Jamie. Sie wirkte jedoch nicht schlampig; leger, aber nicht ungepflegt.

Joanna ging schnurstracks zur Kaffeemaschine und schenkte sich einen dampfenden Becher voll ein. Dann schaute sie sich in dem nahezu leeren Speisesaal um, sah Jamie und kam an seinen Tisch.

»Ich konnte nicht einschlafen«, sagte sie und setzte sich an die Ecke des Tisches rechts neben ihm.

Jamie nickte zum Kaffeebecher. »Das wird Ihnen dabei nicht helfen.«

Sie lachte leise. »Oh, Koffein hält mich nicht wach. Ich bin mit Kaffee großgezogen worden.«

»In Brasilien.«

»Ja.«

Wie zum Beweis für ihre Behauptung trank Joanna einen großen Schluck und stellte den Becher auf die Resopalplatte.

Jamie hätte sich gerne verdrückt, aber er wußte nicht wie.

Joanna sagte: »Wie ich höre, sind Sie Indianer.«

»Ein halber Navajo.«

»In Brasilien würde man Sie als Mestizen bezeichnen. Ich bin selber eine Mestizin. Mein Vater und meine Mutter sind auch beide Mestizen. In Brasilien gibt es Millionen von uns. Dutzende Millionen in Lateinamerika, von Mexiko südwärts.«