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»Wie bitte?«

»Was Grünes.«

»Wo bist du?«

»Was meinst du damit? Was ist es?«

Jamie suchte das Gebiet um sich herum ab. »Könnt ihr den großen Felsblock mit der Spalte oben drin sehen?«

»Nein. Wo…«

»Ich sehe ihn!« Die Erregung in Joannas Stimme war nicht zu überhören. »Direkt westlich vom zweiten Lander. Seht ihr ihn?«

»Ah ja«, sagte Monique.

»Dort hinüber«, rief Joanna.

Binnen einer Minute erschienen sieben Gestalten in Raumanzügen am Horizont gleich rechts von dem gespaltenen Felsblock. Jamie winkte ihnen zu, und sie winkten zurück.

Dann drehte er sich zu dem Stein um, seinem Stein. Er sank in dem schwerfälligen Anzug langsam auf die Knie und ging mit dem Gesicht so nah heran, wie er es wagte. Er rechnete beinahe damit, Ameisen oder deren marsianische Gegenstücke geschäftig über den Boden trippeln zu sehen.

Statt dessen sah er jedoch nur den pulverartigen roten Sand und den rostfarbenen Stein, über dessen abgeflachte Seite sich ein grüner Streifen zog. Herrje, es sieht wie eine kleine Kupferader aus, die der Luft ausgesetzt war. Aber dann fiel Jamie ein, daß die Marsluft herzlich wenig Sauerstoff enthielt. Reichte der, um eine Kupferader grün zu färben? Wie lange mochte die Ader der Luft ausgesetzt gewesen sein? Zehntausend Jahre? Zehn Millionen Jahre?

Er setzte sich mit dem Rücken zu den näherkommenden Wissenschaftlern auf die Fersen.

»Wo ist es?« fragte Joanna atemlos.

»Sie sehen aus, als würden Sie beten«, sagte Naguibs hohe, näselnde Stimme. »Hat es Sie zum Glauben bekehrt?«

»Nun geratet nicht gleich aus dem Häuschen.« Jamie blickte zu ihnen auf, als sie um ihn und den Stein herum stehenblieben. »Ich glaube, es ist nur ein Streifen oxidiertes Kupfer.«

Patel ließ sich in seinem gelben Anzug unbeholfen auf alle viere herab und musterte den Stein eingehend. »Ja, ich glaube, so ist es.«

Joanna legte sich neben ihm auf den Bauch. »Es könnte die Oberflächenschicht einer Kolonie sein, die im Innern des Steines lebt. Wie die Mikroflora in der Antarktis benutzen sie die Steine vielleicht als Schutz und nehmen Feuchtigkeit aus dem Eis auf, das sich an den Oberflächen des Steines bildet.«

»Ich fürchte, es ist nicht mehr als eine Patina aus Kupferoxid«, sagte Patel mit seinem Hindu-Singsang und seiner britischen Aussprache.

»Wir müssen uns vergewissern«, sagte Monique so ruhig, als würde sie in einem Pariser Bistro einen Wein auswählen. Kühler Kopf, dachte Jamie. Heißes Herz?

»Wir werden ihn mit reinnehmen müssen…«

»Nicht anfassen!« blaffte Joanna.

»Wir können ihn hier draußen nicht eingehend genug untersuchen«, sagte Jamie. »Wir müssen ihn in die Kuppel bringen.«

»Das ist möglicherweise eine biologische Probe«, sagte Joanna mit unerwartet scharfer, besitzergreifender Heftigkeit.

Es ist Kupferoxid, dachte Jamie.

Joanna rappelte sich hoch. »Ich habe meine Bioprobenbehälter stehenlassen, als du gerufen hast. Darin können die hiesigen Umweltbedingungen aufrechterhalten werden. Wenn du den Stein in die Kuppel bringst und er abrupt in unsere Umwelt versetzt wird, würde das alle einheimischen Organismen töten, die sich womöglich in seinem Innern befinden.«

Jamie nickte in seinem Helm. Sie hatte recht. Obwohl alles dafür sprach, daß es sich bei dem grünen Streifen nur um eine Patina aus Kupferoxid handelte, hatte es keinen Sinn, die vielleicht größte Entdeckung aller Zeiten zunichte zu machen.

»Bitte faß den Stein nicht an«, sagte Joanna. »Vielleicht könntet ihr anderen euch in diesem Gebiet umschauen, ob noch mehr Steine eine solche Färbung aufweisen. Aber ihr dürft sie auf keinen Fall berühren. Ist das klar?«

Mit einemmal hatte sie die Führung übernommen. Sie flüsterte nicht mehr. Der hübsche kleine Schmetterling hatte sich in einen weiblichen Drachen verwandelt. Was bisher eine geologische Exkursion gewesen war, hatte sich nun in eine Art Biologiekurs verwandelt, und Jamie war nur eine der Hilfskräfte. Er merkte, wie sich seine Lippen zu einem festen, zornigen Strich zusammenpreßten.

Aber er wußte, daß sie recht hatte und daß es ihr gutes Recht war, so zu handeln. Er kam in dem schwerfälligen Anzug langsam auf die Beine.

»Okay, Boss«, erwiderte er mit übertriebenem Respekt.

»Dein Wunsch ist mir Befehl.«

Joanna nahm die leise Ironie nicht wahr. Sie wies Monique an, bei dem Stein Wache zu halten, und befahl den anderen vier, das Gebiet nach weiteren grünen Stellen abzusuchen.

Connors stand in seinem weißen Raumanzug ein wenig abseits wie ein Polizist; er beobachtete nur, nahm aber nicht teil.

Joanna ging dorthin zurück, wo sie ihre Probenbehälter stehenlassen hatte; sie hüpfte beinahe über den steinigen Wüstensand.

»Formidable.« Moniques Stimme klang belustigt.

Jamie fragte: »Sagt mal, war einer von euch so schlau, einen Fotoapparat mitzunehmen?«

»Ich habe eine Kamera«, sagte Toshima.

»Könnten Sie eine Reihe von Aufnahmen von dem Stein und dem Gebiet drum herum machen, und zwar aus jedem Winkel

– volle dreihundertsechzig Grad?«

»Ja, natürlich.«

Jamie dachte an die Jagdausflüge mit seinem Großvater Al zurück. Sie hatten einander stets mit ihrer Beute fotografiert –

Rotwild, Kaninchen, sogar das Gilamonster, das Jamie mit seiner Zweiundzwanziger geschossen hatte, als er gerade mal zehn Jahre alt gewesen war. Seine Mutter erlaubte Jamie nur höchst ungern, auf die Jagd zu gehen, aber sein Vater konnte gegen Großvater Als Entschlossenheit nichts ausrichten. »Ihr könnt den Jungen doch nicht ständig in eine Bücherei einsperren«, pflegte Al zu argumentieren. »Er sollte draußen an der frischen Luft sein.« Wenn sie dann oben in den bewaldeten Bergen miteinander allein waren, erklärte ihm sein Großvater immer wieder: »Sie versuchen, einen hundertprozentigen Wei

ßen aus dir zu machen, Jamie. Ich möchte nur, daß ein kleines bißchen von dir rot bleibt, so wie du eigentlich sein solltest.«

Jamie richtete den Blick wieder auf den Stein. Er war so klein, daß man ihn problemlos aufheben und tragen konnte, erst recht bei dieser geringen Schwerkraft. Es wäre ein tolles Foto, das ich meinem Großvater schicken könnte, dachte er.

Ich in diesem verdammten Anzug mit dem Stein als Trophäe.

Aber er posierte nicht für Toshimas Fotoapparat.

Joanna kam fast eine halbe Stunde später zurück, zusammen mit Wosnesenski. Er trug die beiden großen, silbern beschichteten Probenbehälter und zwei lange, dünne Stangen, die für Jamie wie Angeln aussahen. Jamie wußte, daß es Markierstangen mit winzigen Funkbaken an der Spitze waren. Er grinste vor sich hin: Jetzt hat Joanna es sogar geschafft, den Russen für sich einzuspannen.

»Ich habe mich schon gefragt, ob ich die je benutzen müßte«, plapperte sie. »Ich hätte nie gedacht, daß ich sie gleich am ersten Tag im Gelände brauchen würde!«