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»Zum Teufel mit dir, Heliogabalus«, sagte Arnie wutentbrannt, »du bringst dieses gottverdammte Instrument jetzt zum Klingen, oder ich schmeiße dich aus Lewistown raus. Dann kannst du wieder mit deinen restlichen Artgenossen in der Wüste Käfer und Wurzeln fressen.«

Der Bleichmann, der neben dem Cembalo auf dem Boden saß, zuckte zusammen, warf Arnie Kott einen scharfen Blick zu und vertiefte sich wieder in das Handbuch.

»Hier wird aber auch nie was repariert«, maulte Arnie.

Der ganze Mars, fand er, war ein einziges Tohuwabohu; der ursprüngliche Zustand hatte an Perfektion gegrenzt, und von da an war alles, sie und ihr Eigentum, in rostige Teile und nutzlose Trümmer zerfallen. Manchmal kam es ihm vor, als leite er eine riesige Müllhalde. Und dann fiel ihm wieder der Reparaturhubschrauber der Yee Company ein, dem er in der Wüste begegnet war, und der Kasper, der ihn geflogen hatte. Parteilose Bastarde, sagte sich Arnie. Denen sollte man mal einen Dämpfer verpassen. Aber sie wissen, was sie wert sind. Lebenswichtig für die Wirtschaft des Planeten; es stand ihnen ins Gesicht geschrieben. Wir beugen uns keinem und so weiter. Mit finsterer Miene, die Hände in den Hosentaschen, lief Arnie im großen Vorzimmer des Lewistown-Hauses auf und ab, seinem zweiten Wohnsitz neben dem Apartment im Gildehaus.

Man stelle sich vor: Wagt doch der Knilch mir zu widersprechen, überlegte Arnie. Bei soviel Selbstvertrauen muß er schon ein verflucht guter Mechaniker sein.

Und weiter dachte Arnie: Den Burschen knöpf ich mir vor, und wenn es meine letzte Tat wäre. Wer so mit mir redet, kommt nicht ungeschoren davon.

Aber von den beiden Gedanken über den blasierten Mechaniker der Yee Company behielt der erste die Oberhand, denn Arnie war Praktiker und wußte, daß man die Dinge in Gang halten mußte. Guter Benimm war zweitrangig. Wir leiten hier ja keine mittelalterliche Gesellschaft, sagte sich Arnie. Wenn der Kerl wirklich gut ist, kann er zu mir sagen, was er will; für mich zählen nur Resultate.

Mit dieser Einsicht rief er die Yee Company in Bunchewood Park an und hatte bald Mr. Yee persönlich am Apparat.

»Hören Sie«, sagte Arnie, »ich hab hier draußen einen kaputten Chiffrierer, und wenn ihr Jungs ihn wieder hinbekommt, würde ich vielleicht einen ständigen Vertrag mit euch abschließen; können Sie mir folgen?«

Daran bestand kein Zweifel; Mr. Yee konnte ihm sehr wohl folgen. Er sah das große Ganze. »Unser bester Mann, Sir. Sofort. Und ich bin sicher, daß wir Sie rundum zufriedenstellen werden, jederzeit, Tag und Nacht.«

»Ich will eine bestimmte Person haben«, sagte Arnie und beschrieb danach den Mechaniker, dem er in der Wüste begegnet war.

»Jung, dunkelhaarig, schlank«, wiederholte Mr. Yee. »Brille und nervöses Gehabe. Das dürfte Mr. Jack Bohlen sein. Unser bester Mann.«

»Sie sollten wissen«, sagte Arnie, »daß dieser Bohlen in einer Weise mit mir geredet hat, wie ich es sonst keinem erlaube, aber als ich drüber nachdachte, wurde mir klar, daß er recht hatte, und wenn ich ihn sehe, sage ich ihm das glatt ins Gesicht.« Doch in Wahrheit wußte Arnie Kott schon gar nicht mehr, worum es überhaupt gegangen war. »Dieser Bohlen scheint ein kluger Kopf zu sein«, schloß er. »Kann er heute noch kommen?«

Ohne zu zögern, versprach Mr. Yee den Kundendienst für fünf Uhr.

»Das weiß ich wirklich zu schätzen«, sagte Arnie. »Und sagen Sie ihm bitte auf jeden Fall, daß Arnie nicht nachtragend ist. Klar, vorhin war ich fassungslos, aber das ist vorbei. Sagen Sie ihm ...« - er überlegte - »sagen Sie Bohlen, daß er sich, was mich angeht, keine Sorgen zu machen braucht.« Dann legte er auf und lehnte sich mit dem Gefühl zurück, seine Sache unnachgiebig und offen vorgebracht zu haben.

War der Tag also doch nicht vergeudet gewesen. Und außerdem hatte er von Anne drüben in Neu-Israel einen interessanten Hinweis bekommen. Er hatte das Gerücht über die Vorgänge in den FDR-Bergen zur Sprache gebracht, und wie üblich hatte Anne einige Insiderinformationen gehabt, die von Zuhause durchgesickert waren, Berichte, die in der Kette mündlicher Weitergabe ohne Zweifel verstümmelt worden waren ... aber etwas Wahres war sicher dran. Die UN daheim beabsichtigten, einen ihrer regelmäßigen Coups zu landen. Sie wollten in einigen Wochen über den FDR-Bergen niedergehen und Anspruch auf sie erheben, weil es sich um öffentliches Land handele, das keinem gehöre - was nachweislich zutraf. Aber wozu wollten die UN ein großes Stück wertloses Gelände haben? An dieser Stelle wurde Annes Geschichte verworren. Eine Version, die im heimischen Genf kursierte, besagte, die UN hätten die Absicht, einen riesigen Supernationalpark anzulegen, eine Art Garten Eden, um Auswanderer von der Erde anzulocken. Eine andere lautete, die UN-Ingenieure wollten einen letzten großen Versuch machen, das Problem der Nutzung von Energiequellen auf dem Mars zu lösen; sie hätten vor, ein riesiges Wasserstoffkraftwerk zu errichten, einzigartig an Größe und Leistungsvermögen. Man wollte das Wassersystem wieder aufleben lassen. Und bei hinreichend starken Energiequellen könnte endlich auch die Schwerindustrie auf den Mars übersiedeln und den Vorteil freien Landes, niedriger Schwerkraft und geringer Steuern nutzen.

Und dann gab es da noch das Gerücht, die UN hätten vor, einen Militärstützpunkt in den FDR-Bergen einzurichten, um entsprechenden Plänen der Vereinigten Staaten und der Sowjetunion zuvorzukommen.

Welches Gerücht auch immer der Wahrheit entsprach, eines stand außer Frage: Einige Parzellen in den FDR-Bergen würden schon bald erheblich im Wert steigen. Die ganze Gegend stand momentan zum Verkauf, in Stücken von einem halben bis hunderttausend Morgen Land, und das zu einem phantastisch niedrigen Preis. Wenn die Spekulanten von den Plänen der UN Wind bekämen, würde sich das ändern ... zweifellos waren die Spekulanten bereits drauf und dran, zu handeln. Um auf dem Mars Anspruch auf Land zu erheben, mußten sie vor Ort sein; von zu Hause aus ließ sich das nicht machen -so lautete das Gesetz. Wenn Annes Gerüchte zutrafen, konnte man also damit rechnen, daß jeden Augenblick Spekulanten einzutrudeln begannen. Es wäre wie im ersten Jahr der Kolonisierung, als die Spekulanten auch überall aktiv waren.

Arnie setzte sich vor sein verstimmtes Cembalo, schlug ein Album mit Scarlatti-Sonaten auf und begann eines seiner Lieblingsstücke zu spielen, eines für überkreuzte Hände, das er jetzt schon seit Monaten übte. Es war eine intensive, kraftvolle, rhythmische Musik, und begeistert hämmerte er auf die Tasten ein, ohne auf den verzerrten Klang zu achten. Heliogabalus rückte etwas ab, um sein Handbuch zu studieren; der Klang tat ihm in den Ohren weh.

»Ich habe hiervon eine Schallplatte«, sagte er beim Spielen zu Heliogabalus. »So gottverdammt alt und wertvoll, daß ich mich gar nicht traue, sie abzuspielen.«

»Was ist eine Schallplatte?« fragte der Bleichmann.

»Du würdest es nicht verstehen, wenn ich's dir erklärte. Glenn Gould spielt darauf. Sie ist vierzig Jahre alt; meine Familie hat sie an mich weitergegeben. Sie gehörte meiner Mutter. Der Kerl konnte diese Sonate zu gekreuzten Händen wirklich herunterdonnern.« Sein eigenes Spiel entmutigte ihn, und er gab auf. Ich werde es nie besonders weit bringen, sagte er sich, selbst wenn sich dieses Instrument in dem Spitzenzustand befände, in dem es war, als ich es von zu Hause hierher verschiffen ließ.

Ohne zu spielen, saß Arnie auf der Klavierbank und grübelte noch einmal über die goldenen Möglichkeiten nach, die das Land in den FDR-Bergen verhieß. Ich könnte jederzeit kaufen, dachte er, mit Gildegeldern. Aber wo? Es ist ein großes Gebiet; ich kann nicht alles kaufen.

Wer kennt diese Gegend? fragte er sich. Steiner wahrscheinlich; soweit ich weiß, hat - oder vielmehr hatte - er irgendwo in der Nähe seinen Versorgungsstützpunkt. Und die Prospektoren kommen und gehen dort. Und Bleichmänner leben da auch.