Выбрать главу

Ich werde die Wasserhexe David schenken, beschloß er. Wenn ich am Wochenende nach Hause komme. Er kann sie bepinkeln oder draufspucken, ganz wie er will, nach Herzenslust.

Drei

Norbert Steiner stand es weitgehend frei, zu kommen und zu gehen, wie es ihm beliebte, denn er war selbständig. In einem kleinen Blechschuppen außerhalb von Bunche-wood Park stellte er Naturkost her, die ganz aus einheimischen Pflanzen und Mineralien gemacht wurde, ohne Konservierungsstoffe oder chemische Sprays oder nicht organische Düngemittel. Eine Firma in Bunchewood Park verpackte die Produkte für ihn in handelsübliche Kisten, Kartons, Gläser und Tüten, und dann fuhr Steiner über den Mars und verkaufte sie unmittelbar an den Verbraucher.

Sein Gewinn konnte sich sehen lassen, denn schließlich hatte er keine Konkurrenz; ihm gehörte der einzige Naturkostladen auf dem Mars.

Und außerdem hatte er noch einen Nebenerwerb. Er importierte von der Erde diverse Nahrungsmittel für Feinschmecker wie Trüffel, Gänseleberpastete, Kaviar, Känguruhschwanzsuppe, Danish-Blue-Käse, geräucherte Austern, Wachteleier und Rumkuchen; das alles war auf dem Mars nicht zugelassen, weil die UN versuchten, die Kolonien zu zwingen, hinsichtlich Nahrungsmitteln autark zu sein. Die UN-Ernährungsexperten behaupteten, es sei unsicher, Nahrungsmittel durch den Weltraum zu transportieren, weil sie durch schädliche Strahlung verseucht werden könnten, aber Steiner wußte es besser; der wahre Grund war ihre Furcht vor den Folgen, die ein Krieg drüben in der Heimat für die Kolonien haben könnte. Die Verschiffung von Nahrungsmitteln würde aufhören, und wenn die Kolonien dann nicht autark waren, würden wahrscheinlich innerhalb kürzester Zeit alle verhungern.

Obwohl er ihre Beweggründe bewunderte, wollte er sich doch nicht einfach fügen. Ein paar klammheimlich eingeführte Dosen französischer Trüffel würden die Milchfarmer nicht gleich veranlassen, ihre Produktion einzustellen, und auch die Schweine-, Ochsen- und Schafzüchter würde es nicht davon abhalten, den Kampf um die Rentabilität ihrer Höfe weiterzuführen. Man würde auch dann noch Apfel-, Pfirsich- und Aprikosenbäume pflanzen und pflegen, spritzen und gießen, wenn in den verschiedenen Siedlungen Gläser mit Kaviar zu zwanzig Dollar das Stück auftauchten.

Im Augenblick prüfte Steiner gerade eine Ladung Dosen mit Halvah, einer türkischen Pastete, die vergangene Nacht an Bord eines computergesteuerten Schiffes eingetroffen war, das Steiner mit Hilfe von bleichen Arbeitern gebaut hatte und das nun ständig zwischen Manila und dem kleinen Landeplatz im Ödland der FDR-Berge pendelte. Halvah verkaufte sich gut, besonders in Neu-Israel, und während er die Dosen auf eventuelle Beschädigungen hin untersuchte, schätzte Steiner, daß er für jede wenigstens fünf Dollar bekäme. Und dann war da noch der alte Arnie Kott in Lewistown, der ihm praktisch alle Arten von Süßigkeiten abnahm, die Steiner in die Finger bekommen konnte, sowie Käse und jeden erdenklichen Dosenfisch, ganz zu schweigen von kanadischem Räucherschinken, der in Fünf-Pfund-Konserven daherkam, genau wie holländischen Schinkenspeck. Arnie Kott war wirklich sein bester Einzelabnehmer.

Die Lagerhalle, in der Steiner gerade saß, befand sich in Sichtweite seines kleinen, illegalen privaten Landeplatzes. Aufrecht auf dem Platz stand die Rakete, die in der Nacht angekommen war; Steiners Techniker -er selbst besaß nicht die geringsten technischen Fähigkeiten - war eifrig damit beschäftigt, sie für den Rückflug nach Manila startbereit zu machen. Die Rakete war klein, nur sechs Meter hoch, aber ein schweizerisches Erzeugnis und ziemlich robust. Oben warf die rötliche Marssonne lange Schatten von den Höhen der umliegenden Berge, und Steiner hatte zur Erwärmung der Lagerhalle einen Kerosin-Ofen angestellt. Der Techniker sah Steiner aus dem Fenster der Lagerhalle schauen und nickte, um ihm zu bedeuten, daß die Rakete zur Aufnahme der Rückfracht bereit war, also legte Steiner seine Dosen mit Halvah vorerst beiseite. Er ergriff einen Handkarren und schob die Kartonladung durchs Tor der Lagerhalle hinaus auf den felsigen Platz.

»Das sieht aber nach mehr als hundert Pfund aus«, sagte sein Techniker kritisch, als Steiner mit dem Handkarren angerollt kam.

»Ganz leichte Kartons«, sagte Steiner. Sie enthielten ein getrocknetes Gras, das drüben auf den Philippinen so verarbeitet wurde, daß als Endprodukt eine Art Haschisch herauskam. Man rauchte es mit gewöhnlichem Virginia-Burley-Tabak vermischt und erzielte damit einen horrenden Preis in den Vereinigten Staaten. Steiner selbst hatte den Stoff noch nie probiert; für ihn waren physische und moralische Gesundheit untrennbar miteinander verbunden - er glaubte an seine Naturkost und verzichtete aufs Rauchen und Trinken.

Gemeinsam verluden er und Otto die Fracht in die Rakete, plombierten sie, und dann stellte Otto die Uhr des Leitsystems ein. In wenigen Tagen würde Jose Pesquito die Fracht zu Hause in Manila wieder entladen, die beigefügte Bestelliste durchgehen und Steiners Posten für den Rückflug zusammenstellen.

»Können Sie mich mit zurücknehmen?« fragte Otto.

»Ich fliege erst noch nach Neu-Israel«, sagte Steiner.

»Mir recht. Ich habe genug Zeit.«

Früher hatte Otto Zitte selbst einmal ein kleines Schwarzmarktgeschäft betrieben; er handelte ausschließlich mit elektronischen Ausrüstungen, hochzerbrechlichen Teilen in Miniaturausführung, die an Bord der gewöhnlichen Frachter, die zwischen Erde und Mars verkehrten, eingeschmuggelt wurden. Und davor hatte er versucht, so begehrte Schwarzmarktartikel wie Schreibmaschinen, Kameras, Tonbandgeräte, Pelze und Whiskey zu importieren, aber die Konkurrenz hatte ihn aus dem Feld geschlagen. Den Handel mit solchen lebensnotwendigen Gütern, die überall in den Kolonien im großen Stil verscherbelt wurden, hatten berufsmäßige Schwarzmarktspekulanten an sich gerissen, denen ihr enormes Kapital Rückendeckung gab und die über eigene durchorganisierte Transportsysteme verfügten. Und Otto war sowieso nicht mit dem Herzen dabei gewesen. Er wollte Mechaniker werden; eigentlich war er nur deshalb auf den Mars gekommen, ohne zu wissen, daß zwei oder drei Firmen, die wie Zünfte organisiert waren, das Monopol für das Reparaturgeschäft innehatten, zum Beispiel die Yee Company, für die Steiners Nachbar Jack Bohlen arbeitete. Otto hatte die Eignungsprüfungen gemacht, war aber nicht gut genug gewesen. Also hatte er nach etwa einem Jahr auf dem Mars begonnen, für Steiner zu arbeiten und ihm sein kleines Importunternehmen zu führen. Es war demütigend, aber wenigstens brauchte er keine Handlangerdienste in einem der kolonialen Arbeitstrupps zu leisten und draußen unter der Sonne die Wüste urbar zu machen.

Als Otto und Steiner zur Lagerhalle zurückgingen, sagte Steiner: »Ich persönlich kann diese Israelis ja nicht ausstehen, obwohl ich die ganze Zeit mit ihnen Geschäfte machen muß. Das ist einfach unnatürlich, wie die leben, in diesen Baracken, und ständig sind sie darauf aus, Obstgärten mit Orangen und Zitronen anzulegen, wissen Sie. Die haben einen Vorteil gegenüber allen anderen, weil sie zu Hause genauso gelebt haben wie wir hier, umgeben von Wüste und fast ohne alle Ressourcen.«

»Stimmt«, sagte Otto. »Aber eins muß man ihnen lassen: sie sind wirklich unermüdlich. Sie sind nicht faul.«

»Und nicht nur das«, sagte Steiner, »was die Ernährung angeht, sind sie die reinsten Heuchler. Schauen Sie sich bloß mal die Unmengen Dosen nicht koscheres Fleisch an, die sie von mir kaufen. Von denen hält sich keiner an die rituellen Diätvorschriften.«

»Na, wenn Sie nicht damit einverstanden sind, daß sie geräucherte Austern von Ihnen kaufen, dann verhökern Sie doch keine an die«, sagte Otto.

»Das ist deren Sache, nicht meine«, sagte Steiner.

Er hatte noch einen Grund, nach Neu-Israel zu fliegen, einen Grund, den nicht einmal Otto kannte. Einer von Steiners Söhnen lebte dort in einem Sondercamp für »abnorme Kinder«, wie sie genannt wurden. Unter diese Bezeichnung fiel jedes Kind, das physisch oder psychisch in einem Maß von der Norm abwich, daß es an der Public School nicht unterrichtet werden konnte. Steiners Sohn war autistisch, und die Lehrerin im Camp arbeitete nun schon seit drei Jahren mit ihm und versuchte, zwischen ihm und der menschlichen Kultur, in die er hineingeboren worden war, eine Verständigungsmöglichkeit zu schaffen.