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›Entschuldigen Sie die Störung, Blumen aus Moskau. ‹ Mit diesen Worten übergab ich ihr den Blumenstrauß.

›Ich weiß, von wem die sind‹, lächelte sie. ›Bestellen Sie ihm schöne Grüße.‹

Ich wusste nicht, was ich noch sagen sollte.

›Alles Gute zum Geburtstag‹, sagte ich.

›Hab ich doch erst in einer Woche‹, sagte sie und fuhr los.

Ich stand allein auf der Autobahn und dachte, gut, dass ich es doch geschafft habe.«

Sergej schloss die Augen. Alle schwiegen eine Weile.

»Und weiter?«, fragte meine Frau.

»Nichts weiter«, sagte Sergej.

»Hat denn dieser Ivan noch einmal angerufen?«,

»Nein. Aber irgendwas sagt mir, er wird noch anrufen. Wenn es wieder schneit und sie wieder Geburtstag hat.«

Nachwort

Nachbarn sind die größte Herausforderung. Eine weit größere als die eigene Familie. Wenn du mit den Nachbarn kannst, dann auch mit dem Rest der Welt«, hat mein Opa gern gesagt. Er selbst war in seinem Leben mindestens ein Dutzend Mal umgezogen und wusste, wovon er sprach. Die Kinder werden groß und ziehen weg, die Eltern und die Großeltern sterben, aber die Nachbarn sind immer da, überall und allgegenwärtig. Wenn die einen wegziehen, sterben, heiraten oder auswandern, ziehen sofort andere nach. Sie stellen unsere Flexibilität, unsere Kommunikationsfähigkeit, unsere humanistische Weltsicht täglich in Frage. Sie sind die größte Prüfung unseres Lebens. Ich glaube, dass die Spezies Mensch ein Probewurf der Natur ist. Schaffen wir es, für eine bestimmte Zeit friedlich mit- und nebeneinander zu leben, dann werden mit Wesen unseres Schlages weitere Planeten und Galaxien besiedelt. Wenn wir uns jedoch als unfähig zum Zusammenleben erweisen und gegenseitig auslöschen, dann wird von der Natur ein neues, weniger individualistisches Modell favorisiert.

Deswegen kann der Mensch nirgends auf Dauer allein sein. Selbst wenn er eine unbewohnte Insel mitten im Ozean findet, ziehen spätestens nach einer Woche andere Leute nach: eine Familie mit Kleinkindern, eine Rentnerin mit einem dicken Dackel, ein arbeitsloser Klarinettist, der jeden Tag proben muss, eine mollige Alleinstehende, ein Mann mit rasiertem Kopf, der Selbstgespräche auf der Treppe führt - die ganze Mischpoke eben, die üblichen Verdächtigen. Es sind in der Regel komische Leute mit wildfremden Sitten. Sie stehen auf, wenn die anderen schlafen gehen, und wenn die anderen wach werden, schlafen sie ein. Sie joggen gern in der Wohnung und tanzen Kasatschok, aber nur wenn sie über einem wohnen. Wenn sie unter einem wohnen, klopfen sie wie blöd gegen die Decke. Wohnen sie nebenan, spielen sie Tennis gegen die Wand und hören laut Musik am offenen Fenster. Sie singen am frühen Morgen und abends kucken sie Fernsehserien, in denen viel gebrüllt wird. Im Sommer grillen sie auf dem Balkon. Im Winter stöhnen sie im Schlafzimmer. Man muss sie nicht mögen. Man muss sie nicht verstehen. Man muss nicht mit ihnen Kuchen backen, aber es empfiehlt sich trotzdem, sie kennenzulernen. In gewisser Weise tragen wir alle füreinander Verantwortung. Wir wohnen alle unter einem Dach.