der ist einmal, mag sich auch stellen, wie er will, ein Kriegsmann gewesen. Deshalb versteht er sich noch so gut auf die Waffen und hat sogar was vom Ritterwesen angenommen, das ihm gar nicht übel steht. - Nun sagt mir nur ganz unverhohlen, liebe Rosa, wer von den drei Gesellen Euch am besten gefällt?«-»Fragt«, erwiderte Rosa,»fragt mich nicht so verfänglich, liebe Frau Marthe. Doch so viel ist gewiss, dass es mir mit Reinhold gar nicht so geht wie Euch. Zwar ist es richtig, dass er ganz anderer Art ist als seinesgleichen, dass mir bei seinen Gesprächen zumute wird, als tue sich mir plötzlich ein schöner Garten auf voll herrlicher glänzender Blumen, Blüten und Früchten, wie sie auf Erden gar nicht zu finden, aber ich schaue gern hinein. Seit Reinhold hier ist, kommen mir auch manche Dinge ganz anders vor, und manches, was sonst trübe und gestaltlos in meiner Seele lag, ist nun so hell und klar geworden, dass ich es ganz deutlich zu erkennen vermag.«Frau Marthe stand auf, und, im Davongehen Rosen mit dem Finger drohend, sprach sie:»Ei, ei, Rosa, also wird wohl Reinhold dein Auserwählter sein. Das hatte ich nicht vermutet, nicht geahnet!«-»Ich bitte Euch«, erwiderte Rosa, sie zur Türe geleitend,»ich bitte Euch, liebe Frau Marthe, vermutet, ahnet gar nichts, sondern überlaset alles den kommenden Tagen. Was die bringen, ist Fügung des Himmels, der sich jeder schicken muss in Frömmigkeit und Demut.«- In Meister Martins Werkstatt war es indessen sehr lebhaft worden. Um alles Bestellte fördern zu können, hatte er noch Handlanger und Lehrburschen angenommen; und nun wurde gehämmert und gepocht, dass man es weit und breit hören konnte. Reinhold war mit der Messung des großen Fasses, das für den Bischof von Bamberg gebaut werden sollte, fertig worden und hatte es mit Friedrich und Konrad so geschickt aufgesetzt, dass dem Meister Martin das Herz im Leibe lachte und er ein Mal über das andere rief:»Das nenn ich mir ein Stück Arbeit, das wird ein Fässlein, wie ich noch keines gefertigt, mein Meisterstück ausgenommen.«- Da standen nun die drei Gesellen und trieben die Bände auf die gefügten Dauben, dass alles vom lauten Getöse der Schlägel widerhallte. Der alte Valentin schabte emsig mit dem Krummesser, und Frau Marthe, die beiden kleinsten Kinder auf dem Schoße, saß dicht hinter Konrad, während die andern muntern Buben schreiend und lärmend sich mit den Reifen herumtummelten und jagten. Das gab eine lustige Wirtschaft, so dass man kaum den alten Herrn Johannes Holzschuer bemerkte, der zur Werkstatt hineintrat. Meister Martin schritt ihm entgegen und fragte höflich nach seinem Begehren.»Ei«, erwiderte Holzschuer,»ich wollte einmal meinen lieben Friedrich wiederschauen, der dort so wacker arbeitet. Aber dann, lieber Meister Martin, tut in meinem Weinkeller ein tüchtiges Fass Not, um dessen Fertigung ich Euch bitten wollte. - Seht nur, dort wird ja eben solch ein Fass errichtet, wie ich es brauche, das könnt Ihr mir ja überlassen, Ihr dürft mir nur den Preis sagen.«Reinhold, der ermüdet einige Minuten in der Werkstatt geruht hatte und nun wieder zum Gerüste heraufsteigen wollte, hörte Holzschuers Worte und sprach, den Kopf nach ihm wendend:»Ei, lieber Herr Holzschuer, die Lust nach unserm Fässlein lasst Euch nur vergehen, das arbeiten wir für den hochwürdigen Herrn Bischof von Bamberg!«- Meister Martin, die Ärme über den Rücken zusammengeschlagen, den linken Fuß vorgesetzt, den Kopf in den Nacken geworfen, blinzelte nach dem Fass hin und sprach dann mit stolzem Ton:»Mein lieber Meister, schon an dem ausgesuchten Holz, an der Sauberkeit der Arbeit hättet Ihr bemerken können, dass solch ein Meisterstück nur dem fürstlichen Keller ziemt. Mein Geselle Reinhold hat richtig gesprochen, nach solchem Werk lasst Euch die Lust vergehn, wenn die Weinlese vorüber, wird ich Euch ein tüchtiges schlichtes Fässlein fertigen lassen, wie es sich für Euern Keller schickt.«Der alte Holzschuer, aufgebracht über Meister Martins Stolz, meinte dagegen, dass seine Goldstücke geradeso gut wögen als die des Bischofs von Bamberg und dass er anderswo auch wohl für sein bares Geld gute Arbeit zu bekommen hoffe. Meister Martin, überwallt von Zorn, hielt mühsam an sich, er durfte den alten, vom Rat, von allen Bürgern hochverehrten Herrn Holzschuer wohl nicht beleidigen. Aber in dem Augenblick schlug Konrad immer gewaltiger mit dem Schlägel zu, dass alles dröhnte und krachte, da sprudelte Meister Martin den inneren Zorn aus und schrie mit heftiger Stimme:»Konrad - du Tölpel, was schlägst du so blind und toll zu, willst du mir das Fass zerschlagen?«-»Hoho«, rief Konrad, indem er mit trotzigem Blick sich umschaute nach dem Meister;»hoho, du komisches Meisterlein, warum denn nicht?«Und damit schlug er so entsetzlich auf das Fass los, dass klirrend der stärkste Band des Fasses sprang und den Reinhold hinabwarf vom schmalen Brette des Gerüstes, während man am hohlen Nachklange wohl vernahm, dass auch eine Daube gesprungen sein müsste. Übermannt von Zorn und Wut, sprang Meister Martin hinzu, riss dem Valentin den Stab, an dem er schabte, aus der Hand und versetzte, laut schreiend:»Verfluchter Hund!«, dem Konrad einen tüchtigen Schlag über den Rücken. Sowie Konrad den Schlag fühlte, drehte er sich rasch um und stand da einen Augenblick wie sinnlos, dann aber flammten die Augen vor wilder Wut, er knirschte mit den Zähnen, er heulte:»Geschlagen?«Dann war er mit einem Sprunge herab vom Gerüst, hatte schnell das auf dem Boden liegende Lenkbeil ergriffen und führte einen gewaltigen Schlag gegen den Meister, der ihm den Kopf gespalten haben würde, hätte Friedrich nicht den Meister beiseite gerissen, so dass das Beil nur den Arm streifte, aus dem aber das Blut sogleich hinausströmte. Martin, dick und unbeholfen, wie er war, verlor das Gleichgewicht und stürzte über die Fügbank, wo eben der Lehrbursche arbeitete, nieder zur Erde. Alles warf sich nun dem wütenden Konrad entgegen, der das blutige Lenkbeil in den Lüften schwang und mit entsetzlicher Stimme heulte und kreischte:»Zur Hölle muss er fahren - zur Hölle!«Mit Riesenkraft schleuderte er alle von sich, er holte aus zum zweiten Schlage, der ohne Zweifel dem armen Meister, der auf dem Boden keuchte und stöhnte, das Garaus gemacht haben würde, da erschien aber, vor Schrecken bleich wie der Tod, Rosa in der Türe der Werkstatt. Sowie Konrad Rosa gewahrte, blieb er mit dem hochgeschwungnen Beil stehen, wie zur toten Bildsäule erstarrt. Dann warf er das Beil weit von sich, schlug die beiden Hände zusammen vor der Brust, rief mit einer Stimme, die jedem durch das Innerste drang:»O du gerechter Gott im Himmel, was habe ich denn getan!«, und stürzte aus der Werkstatt heraus ins Freie. Niemand gedachte ihn zu verfolgen.