Friedrich hielt redlich sein Wort, er vollendete das zweifudrige Fass, und alle Meister erklärten, ein schöneres Stück Arbeit sei nicht leicht gefertigt worden, worüber dann Meister Martin gar innig sich freute und überhaupt meinte, einen trefflicheren Eidam hätte ihm die Fügung des Himmels gar nicht zuführen können.
Der Hochzeitstag war endlich herangekommen, Friedrichs Meisterfass, mit edlem Wein gefüllt und mit Blumen bekränzt, stand auf dem Flut des Hauses aufgerichtet, die Meister des Gewerks, de Ratsherrn Jakobus Paumgartner an der Spitze, fanden sich ein mit ihren Hausfrauen, denen die Meister Goldschmiede folgten. Eben wollte sich der Zug nach der St.-Sebaldus-Kirche begeben, wo das Paar getraut werden sollte, als Trompetenschall auf der Straße erklang und vor Martins Hause Pferde wieherten und stampften. Meister Martin eilte an das Erkerfenster. Da hielt von dem Hause Herr Heinrich von Spangenberg in glänzenden Festkleidern, und einige Schritte hinter ihm auf einem mutigen Rosse ein junger hochherrlicher Ritter, das funkelnde Schwert an der Seite, hohe bunte Federn auf dem mit strahlenden Steinen besetzten Barett. Neben dem Ritter erblickte Herr Martin eine wunderschöne Dame, ebenfalls herrlich gekleidet auf einem Zelter, dessen Farbe frisch gefallner Schnee war. Pagen und Diener in bunten glänzenden Röcken bildeten einen Kreis ringsumher. Die Trompeten schwiegen, und der alte Herr von Spangenberg rief herauf:»Hei, hei, Meister Martin, nicht Eures Weinkellers, nicht Eurer Goldbatzen halber komme ich her, nur weil Rosas Hochzeit ist; wollt Ihr mich einlassen, lieber Meister?! - Meister Martin erinnerte sich wohl seiner Worte, schämte sich ein wenig und eilte herab, den Junker zu empfangen. Der alte Herr stieg vom Pferde und trat grüßend ins Haus. Pagen sprangen herbei, auf denen Armen die Dame herabglitt vom Pferde, der Ritter bot ihr die Hand und folgte dem alten Herrn. Aber sowie Meister Martin den jungen Ritter anblickte, prallte er drei Schritte zurück, schlug die Hände zusammen und rief:»O Herr des Himmels! - Konrad!«- Der Ritter sprach lächelnd:»Jawohl, lieber Meister, ich bin Euer Geselle Konrad. Verzeiht mit nur die Wund, die ich Euch beigebracht. Eigentlich, lieber Meister, musst ich Euch totschlagen; das werdet Ihr wohl einsehen, aber nun hat sich ja alles ganz anders gefügt.«Meister Martin erwiderte ganz verwirrt, es sei doch besser, dass er nicht totgeschlagen worden, aus dem bisschen Ritzen mit dem Lenkbeil habe er sich gar nichts gemacht. Als Martin nun mit den neuen Gästen eintrat in das Zimmer, wo die Brautleute mit den übrigen versammelt waren, geriet alles in ein frohes Erstaunen über die schöne Dame, die der holden Braut so auf ein Haar glich, als sei es ihre Zwillingsschwester. Der Ritter nahte sich mit edlem Anstande der Braut und sprach: «Erlaubt, holde Rosa, dass Konrad Eurem Ehrentag beiwohne. Nicht wahr, Ihr zürnt nicht mehr auf den wilden unbesonnenen Gesellen, der Euch beinahe großes Leid bereitet?«Als nun aber Braut und Bräutigam und der Meister Martin sich ganz verwundert und verwirrt anschauten, rief der alte Herr von Spangenberg:»Nun, nun, ich muss euch wohl aus dem Traum helfen. Das ist mein Sohn Konrad, und hier möget ihr seine liebe Hausfrau, so wie die holde Braut Rosa geheißen, schauen. Erinnert Euch, Meister Martin, unsers Gesprächs. Als ich Euch frug, ob Ihr auch meinem Sohne Eure Rosa verweigern würdet, das hatte wohl einen besonderen Grund. Ganz toll war der Junge in Eure Rosa verliebt, er brachte mich zu dem Entschluss, alle Rücksicht aufzugeben, ich wollte den Freiwerber machen. Als ich ihm aber sagte, wie schnöde Ihr mich abgefertigt, schlich er sich auf ganz unsinnige Weise bei Euch ein als Küper, um Rosas Gunst zu erwerben und sie Euch dann wohl gar zu entführen. Nun! - Ihr habt ihn geheilt mit dem tüchtigen Hiebe übern Rücken! - Habt Dank dafür, zumal er ein edles Fräulein fand, die wohl am Ende die Rosa sein mochte, die eigentlich in seinem Herzen war von Anfang an.«
Die Dame hatte unterdessen mit anmutiger Milde die Braut begrüßt und ihr ein reiches Perlenhalsband als Hochzeitsgabe eingehängt. »Sieh. Liebe Rosa«, sprach sie dann, indem sie einen ganz verdorrten Strauß aus den blühenden Blumen, die an ihrer Brust prangten, hervorholte, »sieh, liebe Rosa, das sind die Blumen, die du einst meinem Konrad gabst, als Kampfpreis, getreu hat er sie bewahrt bis er mich sah, da wurd er dir untreu und hat sie mir verehrt, sei deshalb nicht böse!«Rosa, hohes Rot auf den Wangen, verschämt die Augen niederschlagend, sprach: »Ach, edle Frau, wie möget Ihr doch so sprechen, konnte denn wohl der Junker jemals mich armes Mädchen lieben? Ihr allein wart seine Liebe, und weil ich nun eben auch Rosa heiße und Euch, wie sie hier sagen, etwas ähnlich sehen soll, warb er um mich, doch nur Euch meinend.«
Zum zweitenmal wollte sich der Zug in Bewegung setzten, als ein Jüngling eintrat, auf italienische Weise ganz in schwarzen, gerissenen Samt gekleidet, mit zierlichem Spitzenkragen, und reiche goldene Ehrenketten um den Hals gehängt. «O Reinhold, mein Reinhold«, schrie Friedrich und stürzte dem Jüngling an die Brust. Auch die Braut und Meister Martin riefen und jauchzten:»Reinhold, unser wackrer Reinhold ist gekommen.«-»Hab ich“s dir nicht gesagt«, sprach Reinhold, die Umarmung feurig erwidernd,»hab ich“s dir nicht gesagt, mein herzlieber Freund, dass sich noch alles gar herrlich für dich fügen könnte? - Lass mich deinen Hochzeitstag mit dir feiern, weit komm ich deshalb her, und zum ewigen Gedächtnis häng das Gemälde in deinem Hause auf, das ich für dich gemalt und dir mitgebracht.«Damit rief er heraus, und zwei Diener brachten ein großes Bild in einem prächtigen goldnen Rahmen hinein, das den Meister Martin in seiner Werkstatt mit seinen Gesellen Reinhold, Friedrich und Konrad darstellte, wie sie an einem großen Fass arbeiten und die holde Rosa eben hineinschreitet. Alles geriet in Erstaunen über die Wahrheit, über die Farbenpracht des Kunstwerks.»Ei«, sprach Friedrich lächelnd,»das ist wohl dein Meisterstück als Küper, das meinige liegt dort unten im Flur, aber bald schaff ich ein anderes.«-»Ich weiß alles«, erwiderte Reinhold,»und preise dich glücklich. Halt nur fest an deiner Kunst, die auch wohl mehr Hauswesen und dergleichen leiden mag als die meinige.«-
Bei dem Hochzeitsmahl saß Friedrich zwischen den beiden Rosen, ihm gegenüber aber Meister Martin zwischen Konrad und Reinhold. Da füllte Herr Paumgartner Friedrichs Pokal bis an den Rand mit edlem Wein und trank auf das Wohl Meister Martins und seiner wackern Gesellen. Dann ging der Pokal herum, und zuerst der edle Junker Heinrich von Spangenberg, nach ihm aber alle ehrsamen Meister, wie sie zu Tische saßen, lehrten ihn auf das Wohl Meister Martins und seiner wackern Gesellen.