Er beschränkte sich darauf, uns stumm anzusehen.
Nein, das war kein Ansehen – er durchbohrte, blendete, vernichtete uns mit den phosphorig lohenden Augen; solche hochtrabenden Vergleiche sind in diesem Falle angebracht.
Orlan wirkte verschüchtert. Ich hatte ihn in Schlachten gesehen, bei diplomatischen Verhandlungen und auf wichtigen Konferenzen, stets war er ruhig, objektiv, entschlossen und unerschrocken gewesen.
Ich hatte geglaubt, ihn gut zu kennen. Nun war er mir völlig unverständlich. Er hob nicht den Kopf, sondern zwängte ihn zwischen die Schultern, und seine Stimme er sprach für uns in ausgezeichneter Menschensprache klang ängstlich, fast schmeichlerisch.
»Ellon, die Menschen sind gekommen, um deine Arbeiten kennenzulernen«, sagte Orlan in diesem sonderbaren Ton. »Hoffentlich stört dich unser Besuch nicht?«
»Seht und begeistert euch!« antwortete Ellon in ebenso vortrefflicher Menschensprache, und mit einer weiten Geste seines langen knochenlosen Armes umfaßte er den Raum. Sein Mund grinste breit, das bläuliche Gesicht rötete sich, wahrscheinlich vor Vergnügen.
Doch zu sehen gab es nichts. Ringsum waren Mechanismen, und um sie herum huschten Demiurgen.
Der ganze Planet stellt eine Ansammlung von Mechanismen dar, äußerlich war nicht festzustellen, wodurch sich diese im Saal von denen unterschieden, die die Tausendkilometerschichten des Planeteninneren bilden. Orlan spürte unsere Unzufriedenheit und sagte: »Es wäre besser, du würdest Erläuterungen geben.
Ellon.«
Flatternden Schritts ging Ellon an den Saalwänden entlang und tippte die Mechanismen an, deren Bestimmung und Konstruktionsbesonderheiten er erklärte. Den Kopf hatte er um volle hundertachtzig Grad nach hinten, zu uns, gedreht, das macht ihm sonst kein Demiurg nach. Ich hörte Ellon nicht zu, ließ jedoch ihn, sein Gesicht, nicht aus den Augen.
Nicht seine Erklärungen versuchte ich zu verstehen, sondern den Klang der Stimme. Das erschien mir seltsamerweise wichtiger. Von den Mechanismen hätte ich ohnehin wenig begriffen, da ich ein schlechter Ingenieur bin. Und je länger ich Ellon anschaute, desto ungewöhnlicher fand ich ihn.
Er lachte, brach in lautloses Gelächter aus. Seine Erläuterungen waren zweifellos ernsthaft, hochqualifiziert, seine Grimasse jedoch war spöttisch. Sein Krötenmund war doppelt so groß wie bei anderen Demiurgen und beängstigend beweglich. Und über der lippenlosen dunklen Höhlung, die, sich verzerrend, von einem Ohr zum anderen zu strömen schien, leuchteten starre blauviolette Augen. Ich bin nicht zaghafter Natur und nicht charakterschwach, dennoch war ich fast hypnotisiert von der Kombination teuflisch sarkastischer Grimassen und unheilvoller Augen.
Nach dem Rundgang durch den Saal sagte Ellon (nur diese Worte habe ich mir von all seinen Erläuterungen gemerkt): »Weder die Menschen noch die Demiurgen und schon gar nicht die Galakten haben jemals so vollkommen ausgerüstete Schiffe gehabt.
Hätten wir wenigstens eins dieser Sternenflugzeuge besessen, als die Geschwader der Menschen in den Perseus eindrangen, wären die Ereignisse anders verlaufen.«
Ich fragte trocken: »Betrübt es dich, Ellon, daß die Ereignisse nicht anders verlaufen sind?«
Er lachte eine Weile lautlos, bevor er antwortete:
»Es betrübt mich nicht, und es entzückt mich nicht.
Ich konstatiere lediglich eine Tatsache.«
Olga stellte Ellon eine Frage, doch Irina, die auf merkwürdige Weise ungestüm emotional wie ihr Vater und technisch gründlich wie ihre Mutter ist, fiel ihr ins Wort.
Ich führte André beiseite. »Die von den Demiurgen geschaffenen Mechanismen sind großartig, davon bin ich überzeugt. Aber wer befehligt sie? Kalkulieren wir nicht falsch?« Ungeduldig unterbrach er mich. Wahrscheinlich ist allein dies von dem alten André übriggeblieben: Er erhascht einen Gedanken beim halben Wort und macht mit den Gesprächspartnern nicht viel Umstände.
»Keine Bange! Ellon konstruiert die Mechanismen, ich befehlige sie. Die Startfelder sind auf meine individuelle Gehirnstrahlung geschlossen. Und wenn sich das Geschwader in Marsch setzt, überlasse ich die Lenkung Oleg und den Schiffskapitänen.«
Wir fuhren an die Oberfläche. Im Lift rief Irina begeistert: »Wie wunderbar er ist, der Demiurg Ellon!
Mit den anderen hat er kein bißchen Ähnlichkeit!«
Sie senkte die Stimme, damit Orlan sie nicht hörte.
»Sie kommen mir alle wie Mißgeburten vor Ellon allein ist eine Schönheit! Und welche Vollkommenheit der technischen Konstruktionen! Eli, erlauben Sie mir, auf dem Schiff in Ellons Gruppe zu arbeiten?«
»Wo du willst«, antwortete ich. Ellon fand ich allerdings weit häßlicher als die anderen Demiurgen.
Im Hotel sagte Mary zu mir: »Ich habe kein Recht, mich in die Anordnungen des wissenschaftlichen Leiters der Expedition einzumischen, doch meinen Mann darf ich kritisieren. Ich bin unzufrieden mit dir.
Eli.«
»Bin ich schlecht gekleidet, Mary? Oder war ich wieder einmal taktlos? Habe ich jemanden beleidigt?«
»Ellon flößt mir Schrecken ein«, sagte sie seufzend.
»Er ist so fürchterlich, daß er schön ist in seiner Häßlichkeit, da muß ich Irina beipflichten. Aber ihm Tag für Tag auf dem Schiff zu begegnen… Und wie Irina ihn angesehen hat! Wäre er unseresgleichen, würde ich sagen, sie ist rasend verliebt.«
»Mag sie sich verlieben«, sagte ich großzügig. »Ich selbst war, du wirst dich erinnern, einst in Viola verliebt, ebenfalls ein nichtmenschliches Wesen. Derlei Gefühle sind schon allein deshalb unschädlich, weil sie keine Perspektive haben. Und es ist unmöglich, daß wir Ellon nicht mitnehmen – er ist ja erklärtermaßen ein technisches Genie. Ich fürchte, in dir regt sich menschlicher Chauvinismus, doch in unserer Epoche der Sternenbrüderschaft müssen alle Arten von Chauvinismus erbarmungslos ausgerottet werden. Ich hoffe, ich habe dich mit dieser eisernen Formel überzeugt!«
»Dein hoffnungsloses Schulterzucken hat mich überzeugt«, antwortete sie traurig lächelnd. »Beachte meine Stimmungen nicht. Sie rühren nicht von klugen Erwägungen her wie bei dir und Olga, sondern von törichten dunklen Vorahnungen…«
Ich habe später oft an dieses Gespräch gedacht, das ich mit Mary im Hotel auf dem furchtgebietenden Dritten Planeten des Perseus führte.
5
Nein, ich verfertige keinen Bericht für die Nachkommen! Ich sagte schon, daß ich nicht sicher bin, ob meine Aufzeichnungen zur Erde gelangen. Ich versuche, den Sinn der Ereignisse zu begreifen. Ich befrage mich, ob ich richtig gehandelt habe. Und immer wieder trete ich zu dem toten Körper des Verräters, der reglos im Kraftfeld hängt, nie mehr kann er die einmal eingenommene Pose ändern, und sage mir:
Eli, hier stimmt was nicht, du mußt dir über all dies Klarheit verschaffen, mußt dir Klarheit verschaffen, Eli! Aber ich erlange diese Klarheit nicht, ich bin zu rational. Das ist paradox, was will man machen, eine der ungewöhnlichen und von uns nicht gleich verstandenen neuen Wahrheiten lautet nämlich: Je logischer eine Überlegung, desto weiter ist sie von der Wahrheit entfernt. Die Welt, in der wir heute reisen, ist den Gesetzen der Physik unterworfen, unsere Logik wird von ihr nicht anerkannt. Zu spät haben wir diese Welt begriffen. Und ich bin nicht sicher, ob uns das so tief, wie es erforderlich wäre, eingegangen ist. Die Vorbereitung und die Abreise der Expedition will ich nicht beschreiben. Auf der Erde ist man darüber im Bilde: