Doch einmal senkten sich Schiffe vom Himmel herab, und aus ihnen stiegen die Galakien. Erschreckt verbargen sich die Engel in Höhlen und Wäldern.
Als sie sich überzeugt hatten, daß die Ankunft der Galakten nichts Böses verhieß, schwangen sie sich in die Lüfte auf und schwebten mit Adlergeschrei über den Ankömmlingen, wobei sie sogleich wieder aneinandergerieten. Die Galakten sperrten die Raufbolde auf den Schiffen ein und verboten die Kriege auf allen Planeten. Allmählich kehrte Ruhe und Frieden auf den Trabanten des Flammenden B ein. In den Jahren, da die Galakten auf ihnen weilten, verwandelte sich das Antlitz des Planetensystems. Die Sternenwanderer zogen Kanäle, versahen die Siedlungen der Geflügelten mit Komfort, gestalteten die Haine in Gärten um, unterwiesen die Engel in Handwerken, vermittelten ihnen die Kunst, steinerne Wohnstätten zu errichten. Die chaotische Wildheit verwandelte sich in eine geordnete Existenz.
Aber die Galakten fühlten sich als Gäste, nicht als Einwohner auf den Planeten des Flammenden B. Unermüdlich beobachteten sie den Himmel, da sie einen Überfall von dorther fürchteten. Und einmal wurden die Engel Zeugen einer kosmischen Schlacht, die zwischen den Galakten und ihren Feinden entbrannt war. Der Himmel wurde zu einem Flammenmeer, das alles versehlang. Die beiden äußeren Planeten des Systems prallten aufeinander und zerschellten. Auf den verbliebenen Planeten waren Gärten, Städte und Kanäle vernichtet. Keine Spur kündete mehr von der Zivilisation, die die Galakten geschaffen hatten. Als viele Monate nach der Schlacht Engel, die Feuer und Hunger überdauert hatten, aus Höhlen an die Oberfläche ihrer Planeten zurückkehrten, bot sich ihnen ein gräßliches Bild der Verwüstung. Auf einen Schlag waren die geflügelten Völker in die ursprüngliche wilde Existenz zurückgeschleudert. Weder die Galakten noch die Verderber, die sie überfallen hatten, waren irgendwo anzutreffen, und nie mehr tauchten weder die einen noch die anderen im System des Flammenden B auf.
Die Große Akademische Maschine kommentierte die Legenden der Geflügelten so: »Vom neunten Planeten des Flammenden B aus wurden Staubwolken entdeckt, die um das zentrale Gestirn kreisen.
Die Hypothese, es handle sich um Reste der einstmals vernichteten beiden Planeten, klingt wahrscheinlich. Auf allen Planeten des Systems wurden unter späteren Anlagerungen Spuren von Zerstörungen und Bränden gefunden. Nach irdischer Rechnung sind sie zweihunderttausend bis eine Million Jahre alt.«
Damit endete die von Spychalski übersandte Information. Die Mitglieder des Großen Rates wurden in den Blauen Saal gebeten.
14
Selbst von weitem sah man André an, daß er ungewöhnlichen Gedanken nachhing. Allan und Leonid schlugen vor, auf Wera zu warten; sie ahnten, daß die Beschlüsse des Großen Rates besonders die Kosmonauten betreffen würden. Romero lud uns in die Hängenden Gärten der Semiramis ein. Er schwärmt für antike Exotik.
Die Aviettes trugen uns in die Viertel Mesopotamiens und Ägyptens und setzten uns auf der oberen Terrasse des Turms zu Babylon ab, am Tempel des Marduk mit der goldenen Statue des mißgestalteten Gottes. Wir gingen auf die mittlere Terrasse hinunter, wo sich die Gärten befinden.
Sie sind grün und behaglich, und man hat von hier aus einen guten Blick auf die nähere Umgebung der Museumsstadt die Pyramiden links und die antiken Tempel rechts. Wir setzten uns auf eine Hank an der Balustrade, über uns rauschten Zypressen und Eukalypten, die in der Landschaft der Hauptstadt seltsam wirken. Auf der Insel jedoch ist das Seltsame alltäglich.
Ich behaupte daß unsere Ähnlichkeit mit den Galakten nicht zufällig ist«, erklärte André.
Irgendwie sind wir mit ihnen verwandt. Und sie waren früher als wir zivilisiert »
Die Maschinentechnik der Galakten ist hinter unserer zurück » bemerkte Olga.
Zweihunderttausend oder sogar eine Million Jahre Wie sie jetzt ist wissen wir nicht. Damals war sie bereits so fortgeschritten, daß die beschränkten Engel meinen mußten, die Galakten seien Götter.«
Götter, die durch die Welt gejagt werden, zudem noch sterbliche« sagte ich giftig.
Ja. Götter, die gejagt werden!« schrie er… Jedenfalls figurieren sie so in den abergläubischen Vorstellungen primitiver Völker. Für mich sind die Galakten genau solche Wesen wie wir. Wir sollten sie suchen und ihnen ein Bündnis anbieten. Die Natur selbst hat uns zur Zusammenarbeit geschaffen, jedenfalls wäre diese Zusammenarbeit natürlicher als die geplante Freundschaft mit den Aldebaranen. Und wenn sich die Galakten immer noch im Kampf gegen ihre Feinde aufreiben, dann sind wir verpflichtet, ihnen zu Hilfe zu eilen!«
»Der Mensch hilft den in Bedrängnis geratenen Göttern – ein Schauspiel für Götter!« formulierte ich.
Romero mischte sich in den Streit. Die Bilder, die im Orangefarbenen Saal gezeigt worden waren, hatten ihn erschüttert. Man sah es ihm an.
»Ihr zankt euch wegen Lappalien«, sagte er. »Ob wir mit den Galakten verwandt sind oder ob wir uns unabhängig von ihnen entwickelt haben, ist unerheblich. Wichtig ist eins: Irgendwo im Universum toben Vernichtungskriege, und sie gehen uns unbedingt etwas an, da wir uns anschicken, in die galaktischen Weiten hinauszutreten. Ich meine, der Menschheit droht Gefahr. Wenn die Feinde der Galakten schon vor einer Million Jahren in der Lage waren, interastrale Räume zu überwinden und Planeten aufeinanderzustoßen, wie mag sich dann seitdem ihre Vernichtungstechnik vervollkommnet haben? Es ist durchaus möglich, daß die Galakten von ihren Feinden längst vernichtet wurden und die Suche nach unseren Sternenbrüdern, worauf André besteht, nur dazu führt, daß die Menschheit mit den grausamen Zerstörern zusammenprallt und ihrerseits vernichtet wird. Was wissen wir denn über die Galaxis, ihr blinden Leute? Begreift doch! Wir sind ja gerade erst über die Umfriedung unseres irdischen Häuschens hinausgekrochen, um uns ist aber die riesige, unbekannte Welt mit ihren Überraschungen!«
Romeros unheildrohende Rede war eindrucksvoll.
Der leidenschaftliche Ton seiner Weissagungen war nicht von der Hand zu weisen. Aber Propheten sind durch die Bank leidenschaftlich, besonders diejenigen, die den Untergang predigen ausgeglichenen Propheten würde niemand zuhören. Und sie wirken eher auf das Gefühl als auf den Verstand.
Ich riet ihm, sich zu beruhigen und uns nicht zu schrecken. An jenem Tage ahnte ich nicht, welch ein Umschwung sich in Romero vollzog.
Romero wurde ruhiger. »lch will mit Ihnen nicht streiten«, sagte er zu mir. »Für Sie ist jeder ernsthafte Gedanke zunächst nur ein Grund zum Zähnefletschen. Auch mit André will ich mich nicht zanken, er forscht in allem Unbekannten nach Material für erstaunliche Hypothesen. Ich denke, nicht an Sie muß ich mich wenden, sondern an die ganze Menschheit, um sie zu warnen.«
»Wir sind ein Teil der Menschheit«, sagte Leonid »Und unsere Meinung ist nicht ohne Gewicht.«
Romeros Weissagungen gefielen ihm ebensowenig wie mir. Doch in eine Diskussion ließ sich Leonid nicht ein. Zwischen Dingen weiß er sich besser zu orientieren als zwischen Gedanken.
Dann kam Wera geflogen. Sie war erregt und unzufrieden. »Wir haben wichtige Beschlüsse gefaßt«, sagte sie. »Der Große Rat ist der Meinung, daß wir an einem Wendepunkt in der Geschichte der Menschheit stehen und sich jeder unvorsichtige Schritt als ein verhängnisvoller Fehler erweisen kann. Das bedeutet nicht, daß wir die Hände in den Schoß legen sollen. Vorsicht und Kühnheit heißt ab heute die Devise. In den nächsten Jahren, vielleicht sogar schon in den nächsten Monaten müssen wir unsere Sternenpolitik für die Zukunft der Menschheit entwerfen.«