Выбрать главу

Ellon hatte einen Spezialauftrag – auf den Planeten des Kugelhaufens sollte er nach dem Mechanismus fahnden, der den Roten beschossen hatte. Er entdeckte keine Anzeichen für einen Superlaser. Das Wesentlichste fehlte: eine mächtige Zivilisation, der solche Geschütze angemessen wären. Tag für Tag glitten wir bei kleiner Fahrt der Annihilatoren durch die glänzende Welt, verstaubten sie mit dem in den Schiffsschlünden verbrannten Raum – und fingen nicht das schwächste Signal auf, das gegen diese interstellare Umweltverschmutzung protestierte. Eine großartige Welt, eine nutzlose Welt, sagten wir uns. Es gab kein Leben in ihr, ihre Schönheit war für niemanden da.

Sie strahlte für sich, in sich. Solche Verschwendungssucht fanden wir unverzeihlich. Eine nutzlose Welt, sagten wir wieder voller Wehmut.

2

Wir passierten das Sternentor des Kerns und gerieten erneut in vernebelten Raum. Der Kern qualmte wie ein schlechtes Feuer, weit und breit war er von Gaswolken verhüllt. Gigantische Massen gasförmigen Wasserstoffs stoben, wie sturmgetrieben, vom Kern aus in alle Richtungen. Bald lichteten, bald verdichteten sie sich. Olga brachte die fällige Berechnung: Die in den lokalen Sternen konzentrierte Materie war in der Masse geringer als die im interstellaren Raum versprühte. Die Berechnung erschien ihr erstaunlich, sie bekannte, daß das Ungewöhnliche der Erscheinung sie wundere und freue. Ich wunderte mich nicht und freute mich nicht. Ich mag Staub weder auf der Erde noch im Kosmos.

Mary sagte unwillig: »Warum hat man dich zum wissenschaftlichen Leiter der Expedition ernannt? Du liebst die Wissenschaft nicht! Niemals begeistert dich ein neuer Fakt an sich.«

»Dafür liebe ich die Wissenschaftler und kann ihre Entdeckungen ertragen, und das ist gar nicht so wenig«, antwortete ich. »Im übrigen hast du recht: Mich begeistern nur gute Fakten, nicht einfach neue.«

Rechts vom Kurs erschien ein kurzperiodischer Cepheid. Das war ein typischer Flackerstern, dessen Volumen und Leuchtkraft sich rasch änderten. Ich hätte keine Aufmerksamkeit an ihn verschwendet, obwohl an ihm Seltsamkeiten entdeckt wurden, die normalen Cepheiden nicht eigen waren. Oleg aber ist stärker wissenschaftlich interessiert. Auf Ellons Bitte lenkte er das Geschwader zu dem veränderlichen Stern »Wir haben auf der Fahrt viele Cepheiden gesehen«, sagte ich zu Ellon. »Warum fesselt dich gerade dieser?«

»Er ist einem Kollaps nahe«, antwortete der Demiurg. »Über kurz oder lang kann der Stern zu einem Punkt schrumpfen. Es wäre unverzeihlich, würden wir uns ein solches Ereignis entgehen lassen.«

Und Vagabund bekannte, daß es immer sein Traum gewesen sei, sich einem kollabierenden Stern zu nähern. Einige Male habe er von fern den Kollaps von Sternen außerhalb des Perseus beobachtet, und das sei immer so grandios gewesen, daß sich seine Gehirngefäße zusammenzogen. Wenn er des Lebens eines mächtigen Gefängniswärters überdrüssig war, habe er sich vorgestellt, auf einen Kollapsar versetzt zu sein und mit ihm umzukommen, wobei er die gigantische Katastrophe von innen beobachtet. Das sei großartig gewesen – nicht der eigene Untergang, selbstverständlich, sondern das Bild des vergehenden Sterns.

»Vagabund, du bist ein unverbesserlicher Romantiker«, sagte ich, und das war kein Tadel.

Olga sandte eine neue Berechnung. Der Aufenthalt in der Nähe des Kollapsars war nicht ungefährlicher, als von dem Strahl ereilt zu werden, der den Roten getroffen hatte. Nur die intensive Arbeit der Materieannihilatoren konnte eine Katastrophe verhüten, falls sich der Stern vor dem Kollaps in eine Supernova verwandelte, das heißt ungefähr ein Viertel seiner Masse hinausschleuderte. Oleg ließ die Annihilatoren vorbereiten und erteilte den bei dieser Operation üblichen Befehl zur Gefechtsbereitschaft, obwohl es sinnlos gewesen wäre, gegen den Stern zu kämpfen; in den Bezeichnungen für unsere technischen Operationen spiegeln sich die menschlichen Tätigkeiten von einst.

Aber der Stern verwandelte sich nicht in eine Supernova. Er war einst schon eine Supernova gewesen, die Explosion hatte sich viele Jahrhunderte vor unserem Erscheinen zugetragen. Jetzt war von dem Gestirn nur ein Rudiment des früheren Sternengiganten übrig, ein dichtes, seinen Glanz und sein Volumen fieberhaft veränderndes Sternchen, dessen Masse freilich dreimal so groß war wie die unserer Sonne. Und dieses Rudiment kollabierte vor unseren Augen. In allen Einzelheiten erblickten wir eine Antiexplosion, wie sie noch nie ein Mensch aus der Nähe beobachtet hatte.

Das Geschwader umkreiste den Stern als kompakte Gruppeverwandelte sich für eine Weile in seinen Begleiter. Er wirkte zunächst ganz normal, äußerlich deutete nichts auf die unabwendbare Katastrophe hin. Doch plötzlich begann er einzustürzen. Das geschah buchstäblich »plötzlich«, denn zwischen dem ruhigen Zustand und der Implosion lag nur ein Augenblick. Der Stern implodierte, stürzte in sich zusammen. Er schrumpfte, raste seiner Tiefe, seinem Zentrum zu. Oleg befahl, näher heranzufliegen. Und während wir auf den Stern zuflogen, schien er von uns abzurücken. Sein Durchmesser, der im Moment der Implosion ungefähr drei Millionen Kilometer betragen hatte, verringerte sich auf eine Million, auf hunderttausend, tausend… Der Stern wurde kleiner als die Erde, aber die ungeheuren Kräfte preßten ihn weiter zusammen. Er erreichte die Größe des irdischen Mondes und hörte nicht auf zu schrumpfen, wurde eine sich mehr und mehr verringernde Kugel, die so maßlos dicht war, daß ein Kubikzentimeter von ihr schon Milliarden, wenn nicht gar Trillionen Tonnen wog. Und dann ging der Stern unter, sein Durchmesser betrug nur drei, vier Kilometer, ein winziger Punkt nach kosmischen Maßstäben, er funkelte noch, rötete sich dann, wurde dunkel, und der Stern verschwand in der Unsichtbarkeit, in der absoluten Unsichtbarkeit, für Wellen, für Teilchen, für Kraftfelder. Das Kügelchen mit der ungeheuer verdichteten Masse war nicht mehr vorhanden, es gab ein schwarzes Loch in der Leere, ein unheilvolles Loch, das alles in sich hineinsaugte, was sich ihm näherte.

Oleg befahl dem Geschwader zu bremsen. Es war gefährlich, weiterzufliegen. Im Gravitationsfeld des »schwarzen Lochs« hätten uns weder die Materieannihilatoren noch die Metrikgeneratoren oder die Gravitationsschnecken retten können.

Zum Glück fixierte die Schiffsmaschine alle Felder unterwegs. Hätte Oleg nicht stoppen lassen, wären die Bremsmotoren automatisch eingeschaltet worden, sobald sich die Gravitationsfelder des Kollapsars einer gefährlichen Größe näherten.

Plötzlich tauchte rechts ein kosmischer Körper auf, vermutlich ein Sternenflugzeug. Wir trauten unseren Augen nicht. In diesem unerforschten Universumswinkel war alles zu erwarten, keine noch so merkwürdige Naturerscheinung hielten wir für unwahrscheinlich, doch eine Begegnung mit einem Sternenflugzeug, einer künstlichen Anlage vernunftbegabter Wesen, war unvorstellbar. Aufgeregt stürzten wir zu den Rundblickbildschirmen. Die Analysatoren bestätigten leidenschaftslos: Ein Sternenflugzeug näherte sich uns.

Ich ging in den Kommandeursaal. Es handelte sich tatsächlich um ein Schiff und keinen kosmischen Herumtreiber. Und es entfernte sich von dem Kollapsar! Bei dem Abstand zu dem Stern, der sich zu einem Klumpen konzentrierte, hätte es unweigerlich in seine furchtbare Umarmung gezogen werden müssen, hätte es mit derselben Geschwindigkeit auf ihn stürzen müssen, mit der er in sich zusammenfiel. Doch es riß aus! Kam uns entgegengejagt. Kein Motor der Welt vermochte eine Triebkraft zu entwickeln, die der Anziehungskraft des Kollapsars derart überlegen war!

»Vielleicht ist das ein Antikollapsar ein Körper der gleichen Masse, aber mit negativer Gravitation?« vermutete Oleg.

»Dann würde es sich selbst zu Photonen zerfetzen«, murmelte Oshima am Vervielfacher.