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»Könnte man uns alle mit Abschirmungen ausstatten, die Oan hindern, unsere Gedanken zu lesen? Bei uns auf der Erde gilt der Versuch, in fremde Gedanken einzudringen, als verabscheuungswürdig. Selbst unsere Dechiffriergeräte sind mit Wächtern versehen, die das verwehren; es sei denn, der Denkende ist einverstanden. Nur bei der Erkundung sind die Wächter ausgeschaltet.«

Ellon drehte den Kopf auf dem biegsamen Hals um gute hundertachtzig Grad. Bei den Demiurgen entspricht das unserem leichten verneinenden Kopfschütteln. »Eine solche Abschirmung würde anscheinend nicht gelingen, Admiral. Außerdem finde ich es unzweckmäßig, das Laboratorium mit derartigen Bagatellen aufzuhalten. Unsere Arbeiten zur Sicherung der Schiffe vor einem überraschenden Photonen- und Rotonenangriff sind noch nicht abgeschlossen, auch die schützenden Gravitationsschnecken müssen vervollkommnet werden. Ich empfehle: Halten Sie Ihre Gedanken unter Kontrolle, Admiral Eli. Was Sie in Ihr Gehirn nicht einlassen, vermag der spinnenförmige Sternenwanderer darin nicht zu entdecken. Das ist doch ganz einfach, Admiral!«

Das war keineswegs so einfach, wie Ellon es sich vorstellte. Die Menschen haben ihre Emotionen und Gedanken weit weniger in der Gewalt als die Demiurgen. Mitunter werden wir von unkontrollierbaren Gefühlen beherrscht, unwillkürlich kommen uns Gedanken eine bei den Demiurgen und Galakten seltene Erscheinung. Doch ich wollte nicht streiten. Alle Demiurgen sind starrsinnig, und Ellon war in dieser Hinsicht ein doppelter Demiurg. Er hätte nie getan, was er nicht wollte. Ich stand auf.

»Augenblick, Admiral«, sagte Ellon. »Du hast Fragen gestellt, nun bin ich an der Reihe. Die Sternenspinne hat um Hilfe gebeten, Werden wir sie gewähren?«

»Zweifelst du daran, Ellon?«

»Ich zweifele nicht, kann das aber nicht begreifen.

Warum müssen wir jedem Bittsteller helfen? Ich würde erst einmal prüfen, ob einer unsere Hilfe verdient.«

»Ich fürchte, die Besatzungen der Sternenflugzeuge sind da anderer Meinung«’, entgegnete ich kalt… In erster Linie spreche ich von den Menschen, wenn auch nicht ausschließlich. Wir betrachten es als unsere Pflicht, denen zu helfen, die darum bitten. Wunden dich diese Haltung der Menschen, Ellon?«

»O ja. Ihr seid sehr wendig, wenn es um die Beherrschung von Naturkräften geht. Ihr seid sehr vielseitig als Ingenieure und Konstrukteure. Aber ihr werdet zu Stein, wenn ihr es irgendwie mit Moral zu tun bekommt. Eure Moral ist geradlinig, hart, erkennt keine Abweichungen und Zugeständnisse an. Dadurch kompliziert ihr euren Verkehr mit anderen Zivilisationen.«

»Wir sind stolz darauf, daß wir keine leichten Wege suchen, Ellon! In Fragen der Moral sind wir geradlinig und unnachgiebig, da hast du recht, aber das ist unser Vorzug, nicht unser Fehler. Wir sind stolz auf unsere Unnachgiebigkeit in den Fragen von Gut und Böse, mein verehrter Ellon.«

Der Demiurg ging. Oleg rief mich zu sich und teilte mir mit, daß die von Oan empfangenen Nachrichten mit den Besatzungen aller Sternenflugzeuge erörtert werden müßten. Auf der bald darauf stattfindenden Stereoversammlung des Geschwaders legte ich meine Auffassung von den Ereignissen folgendermaßen dar:

»Wir alle glauben nicht an Götter. Übernatürliche Kräfte existieren nicht. Verstöße gegen die Gesetze der Natur stimmen mit allgemeineren Gesetzen der selben Natur überein. Die Bezeichnung ,Grausame Götter‘ ist nur ein Symbol, welches bedeutet, daß sich in der kleinen Welt der Drei Sonnen Wesen angesiedelt haben, die sehr mächtig sind, aber kein gutes Herz haben. Ihre Macht ist groß, übertrifft jedoch nicht die Macht der Natur, und die Natur steht bislang auf unserer Seite. Die Aranen rufen um Hilfe.

Ohne unsere Hilfe wandelt sich ihre Degeneration zu völligem Untergang. Ich meine, wir müssen ihnen Beistand leisten. Und wenn wir mit einer unbekannten bösen Zivilisation zusammenprallen, so ist das nicht zu ändern. Ich denke, der Erfolg wird unser sein, denn unser ist die Gerechtigkeit.«

Heute, da niemand weiß, ob uns die Rettung gelingt, mögen meine Worte leichtsinnig scheinen. In dem von uns heraufbeschworenen Krieg erleiden wir bisher nur Niederlagen. Wir konnten nicht ahnen, gegen was für eine Macht wir so verwegen ausholten.

Aber auch jetzt, da mir bekannt ist, was dann geschah, widerrufe ich meine Worte nicht, und niemand von denen, die noch am Leben sind, widerruft sein Einverständnis mit mir. Einmütig waren wir für den Feldzug zu den Drei Staubigen Sonnen, und wir bereuen es nicht! Wir wurden um Hilfe gebeten, und wir mußten sie leisten. Wenn meine Botschaft die Menschheit erreicht, so soll sie wissen: Wir bereuen es nicht! Es hat sich nur herausgestellt, daß wir unzureichend gerüstet sind. Unsere Hände sind schwach, aber unsere Herzen sind rein. Der Raum hat drei Richtungen, die Moral – eine. Unser Weg heißt: Gutes tun, edelmütig sein, wir können nicht umkehren, nicht abtrünnig werden. Ich sage das in der Überzeugung, daß der Tod uns erwartet. Nehmt dies als mein Vermächtnis: Besser der Tod als Aussöhnung mit der Niedertracht!

4

Den Planeten, zu dem wir flogen, nannte Romero Arania. Wir hinderten unseren Historiographen nicht, beliebige Namen zu erfinden. Mich interessierte mehr, was die Aranen konkret benötigten. Man hätte sie näher kennenlernen, vielleicht sich in ihre Gesellschaft begeben müssen! Was tun? Sollten wir als direkte Freunde kommen oder uns als heimliche Späher umtun?

»Ihr könnt nicht als wohlwollende Fremdlinge landen«, erklärte Oan. »Die Aranen sind uneins. Die Freunde der Verwerfer sind die Feinde der Beschleuniger. Ihr müßt euch tarnen. Nehmt die Gestalt von Aranen an. Die Grausamen Götter besuchen uns stets auf diese Weise. Mühelos geben sie sich jedes beliebige Aussehen. Folgt ihrem Beispiel.«

Ich war mir nicht sicher, ob unsere Möglichkeiten das zuließen. Sich wie in phantastischen Romanen ein anderes Aussehen geben das war nichts für uns. ElIon schlug vor, einen neuen Schutzanzug zu Schäften, ohne die Körper umzukonstruieren. Den Demiurgen die bei der Herstellung von Unsichtbarkeit und der Übertragung von materialisierten Phantomen auf beliebige Distanz große Fertigkeit erlangt haben, bereitete es keine Schwierigkeiten, einem Sternenfahrer spinnenförmiges Aussehen zu verleihen. Nur der Drachen eignete sich nicht. Er war zu groß.

»Wenn es jemandem mißfällt. Spinne zu werden, mag er Unsichtbarer sein«, riet Ellon. »Die neuesten Abschirmungskonstruktionen gewährleisten sogar Menschen eine befriedigende Unsichtbarkeit, und sie schaden kaum. Allerdings dürfen Menschen nur kurzfristig in die Unsichtbarkeit gehen.«

Keinem von uns Menschen paßte es, unsichtbar auf einem unbekannten und vielleicht gefährlichen Planeten zu wandeln und ständig zu überlegen, wie lange die Abschirmung vorhielt. Außerdem hatten Ellon und wir unterschiedliche Auffassungen darüber, was mehr oder weniger schadete. Was für einen Demiurgen gesund war, brachte einem Menschen bisweilen den Tod.

Das Geschwader der Sternenflugzeuge erreichte die Untergehenden Welten.

Na, das waren Plätzchen, diese Untergehenden Welten! Aus einem Nebel waren wir in einen anderen geraten. Der Unterschied bestand nur darin, daß der frühere im Vergleich zu diesem wie klare Ferne gewirkt hatte. Und wenn jener dichte Nebel trotz allem freier Kosmos gewesen war, nur durch Gas und Staub verhüllt, so fanden wir diesen mit Tausenden von Sternen vollgestopft. Eine kompakte Sternenansammlung, in Dämmerung ertrinkend. Eine bedrückende Landschaft bot sich uns dar (nein, sie bot sich nicht dar, sie trat vage hervor, zeichnete sich dunkel ab): ewige purpurrote Dämmerung, Sterne im Staub, der Kosmos Staub, ungeheuer verzerrte Silhouetten der Gestirne. Die Sterne waren einander so nah, daß im normalen Raum vierhundert Sonnen am Himmel gestrahlt hätten, und nirgends hätte es den Wechsel von Tag und Nacht gegeben. Aber da waren keine Sonnen, ihr Schein durchdrang den dumpfen Nebel kaum.