Preist den freien Tod! Möge sich der Wille der Grausamen Götter erfüllen, die uns unwiderstehlich in den Tod ziehen! Verachtungswürdige Lebensraffer und Lebensaufklauber.
trübselige Lebenskriecher, ich rufe, rufe, rufe euch zur feurigen Selbstbefreiung auf Im Namen des Todes! Im Namen des Todes!
Sein gellender Ruf ging im allgemeinen Gezeter unter. Die Haare der Umstehenden sträubten sich.
Hunderte von grausamen Armen klammerten sich zerrend an Uuls Körper und Beine. Der Raserei der Armhaarigen gebot der dreimal wiederholte Ruf des Obersten Verwerfers Einhalt: »Im Namen des Lebens! Im Namen des Lebens! Im Namen des Lebens‘ Laßt ab von dem verachtungswürdigen Todesverehrer!«
Als sich die Erregung ein wenig gelegt hatte, sprach Oor ein strenges Verdikt: »Du dürstest nach dem Tod und sollst das Leben empfangen. Schafft Uul in das unterirdische Verlies, wohin der Schein der Staubigen Sonnen und die Entladungen des Vaters Akkumulator nicht dringen, wo die Donnerstimme der Mutter Blitzspeicherin nicht zu hören ist. Möge er der Niedrigste der Niedrigen werden, der Nichtswürdigste der Nichtswürdigen, der Hungrigste der Hungrigen, der Stumpfsinnigste der Stumpfsinnigen. Sobald er sich über seine Einkerkerung freut, sobald die Qualen seiner Existenz ihn jauchzen lassen und er sich als Verwerfer des Endes erklärt, soll er herausgeholt werden.«
Der Gefangene wurde abgeführt. Oor sprang vom Postament. Die Menge strömte zum Ausgang. Ich sagte zu Oan: »Kehren wir zum Planelenflugzeug zurück.«
Er fragte, ob wir nicht vor den Obersten Verwerfer des Endes hintreten und erklären wollten, wer wir seien und wie wir seinen Anhängern helfen würden Doch ich hatte kein Verlangen, mit Oor Bekanntschaft zu schließen, schon gar nicht, sein Helfer zu werden.
5
Als wir uns mit den Spinnenförmigen durch den engen Tunnel hinausdrängten, flüsterte Lussin mir in Gedanken zu: »Wie unglücklich sie sind, Eli! Und beide Sekten sind gleichermaßen unglücklich. Ich habe geweint, als ich Oor und Uul zuhörte. Was für Leiden muß man durchmachen, um zu solch entsetzlichen Ansichten zu gelangen, zu solch verzweifeltem Tun!«
»Sie sind alle wahnsinnig!« sagte Romero. »Das schwere Dasein hat sie grausam fanatisch werden lassen. Beide Sekten, wie unser Freund Lussin sie ganz richtig nennt, bestehen aus grausamen Fanatikern, und, ehrlich gesagt, ich hätte Schwierigkeiten, festzustellen, welche besser ist und welche schlechter.«
»Zwei Enden eines Stocks«, wiederholte ich meinen Gedanken. »Selbstverständlich muß ihnen geholfen werden, aber dem ganzen Volk, nicht einer Sekte. Die Verwerfer sind in keiner Weise besser als die Beschleuniger. Habe ich dich nicht beleidigt, Oan?«
»Wir ersehnen Hilfe«, antwortete er. »Wenn ihr in der Lage seid, allen Aranen zu helfen, dann helft.«
Im Planetenflugzeug stellten wir die Verbindung zum Geschwader her. Irina hatte den Schiffen pausenlos übermittelt, was wir sahen und was Oan übersetzte. Die Besatzungen der Sternenflugzeuge waren der Meinung, daß man den Aranen helfen müsse aber ohne Kampf auf seiten einer Sekte.
»Beachte, Eli, daß wir kaum Informationen über den Vater Akkumulator und die Mutter Speichern haben, die, nach allem zu urteilen, eine wichtige Rolle spielen«, sagte Oleg. »Unser Standpunkt: die morgigen Opfer befreien, die Selbstverbrennung nicht zulassen.«
»Ist das ein Befehl, Oleg?« fragte ich.
»Nein, ein Rat.«
Ich dachte nach – lange, Es gab einen offensichtlichen Widerspruch zwischen unseren Beschlüssen und unseren Handlungen. Eben hatten wir entschieden, uns nicht in die Zwistigkeiten zwischen Verwerfern und Beschleunigern einzumischen, sondern nur eine Mission zu erfüllen die Existenzbedingungen auf dem Planeten zu erleichtern. Aber wie konnten wir die Selbstverbrennung verhindern, ohne uns in einen Kampf mit den Beschleunigern einzulassen und ohne dadurch die Verwerfer zu unterstützen, die einen Überfall vorbereiteten? Betraten wir nicht einen fragwürdigen Weg, der schnurstracks in die Arme der einen Sekte führte? Die Befreiung der Selbstverbrenner würde die Beschleuniger zu unseren Feinden machen, sollten wir das riskieren?
»Eli, was ist?« rief Lussin in Gedanken, »Willst du die Unglücklichen etwa nicht retten?«
»Bedenken Sie folgendes, lieber Freund: Ob es sich nun um freie Selbstmörder handelt oder ob sie gewaltsam hingerichtet werden – sie sind in jedem Falle Opfer«, bemerkte Romero. »Und das ist ausschlaggebend.« Ich wandte mich an Oan: »Deine Anhänger haben die Absicht, morgen die Verdammten zu retten. Wird es ihnen gelingen?«
»Nein«, antwortete Oan. »Solche Aktionen haben wir schon oft unternommen. Nie hatten sie Erfolg.
Aber wir können nicht untätig zusehen, wenn man unsere Brüder hinrichtet. Der morgige Überfall ist ein Akt der Verzweiflung.«
Nach dieser Erklärung durften wir nicht zögern.
Dennoch fiel mir die Entscheidung schwer.
Mary sagte erstaunt: ;,Ich habe doch früher nie Feigheit an dir bemerkt, Eli!«
»Und Unentschlossenheit«, ergänzte Romero.
»Der Kampf war stets Ihr Element, Eli. Bei Gefahr blühten Sie geradezu auf, lieber Admiral.«
»Wir werden entsprechend der Situation handeln«, sagte ich, »Gleichgültigkeit angesichts fremden Unglücks erlauben wir uns nicht.«
Die Stimme Kamagins drang zu mir, der zugehört hatte. Der kleine Kosmonaut unterstützte nur eindeutige Beschlüsse.
»Unsere Sternenflugzeuge sind stets bereit, Ihnen zu Hilfe zu eilen. Wenn es der Oberbefehlshaber gestattet, nähere ich mich mit meiner ,Schlangenträger‘ dem Planeten.«
Oleg gestattete Kamagin, die »Schlangenträger« aus dem Geschwaderverband zu lösen.
»Freue dich«, sagte ich zu Lussin. »Alles geschieht nach deinen Wünschen.«
»Ich werde mich morgen freuen, wenn ich die Verurteilten eigenhändig vom Schafott hole!« entgegnete Lussin. Hätte er gewußt, was ihn am nächsten Tag erwartete…
Alle gingen in die Kajüten, um die Schutzanzüge abzulegen und sich auszuruhen. Oan phosphoreszierte matt auf dem Hügel; der heimatliche Planet war ihm zuträglicher als unser Flugzeug. Ich schlenderte zum Ozean und bewunderte seinen Konzertflügelglanz. Der Ozean wälzte sich ans Ufer, benagte es oh nah, ob fern, überall stürzten zerfressene Felsen zusammen. Ich wäre gern auf ihm spazierengegangen.
Die Analysatoren hatten festgestellt, daß sich die Dichte der Flüssigkeit der Dichte von Quecksilber näherte, selbst Eisen hätte nicht versinken können, ich in meinem leichten Schutzanzug schon gar nicht.
Aber sowohl Oan als auch die Geräte hatten vor der Aggressivität des flüssigen Mediums gewarnt, und ich wollte vor der morgigen Prüfung kein Risiko eingehen, zumal in Ufernähe die Silhouetten von Meerestieren flimmerten. Ich warf zwei Stücke Stahl. Das erste erreichte die dunkle Oberfläche und loderte, zergehend, auf, eine Flamme schoß empor, die Meeresräuber stürzten sich darauf und verschlangen sie im Handumdrehen. Das zweite Stück schnappte sich ein schimmernder Räuber im Fluge. Der Stahl leuchtete hell, als er in seinem Körper versank, erglühte zerschmelzend und löste sich auf. Dann wartete der phosphoreszierende Räuber auf ein neues Almosen, und seine Artgenossen hüpften wie von Sinnen umher, in der Hoffnung, auch ein Stück zu erhaschen.