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»Sie zeichneten sich nie durch Sicherheit im Ausdruck aus, Eli, ich habe mich damit abgefunden.

Doch ich erinnere daran, daß die ,versetrunkene‘ Schiffsmaschine allein ist, während die anderen von Wahnsinn anderer Sorte besessen sind. Sollen die auch durch Geschichtsunterricht geheilt werden?«

Die Ursache geht der Folge voraus, dieses Programm ist unseren Maschinen eingegeben. Der Zeitriß hat die Logik, nach der sie rechnen, verletzt. Ich denke, wir werden eine Methode finden, um gegen den logischen Wahnsinn zu kämpfen, wenn es Ihnen gelingt, mit dem historischen Wahnsinn fertig zu werden.«

Ich hatte den Eindruck, er sei überzeugt, doch plötzlich verzweifelte er wieder. Er hob den Spazierstock und rief pathetisch: »Wozu alle diese Reparaturen, Heilungen, Wiederherstellungen! Wir sind in der Hölle, aus der es keinen Ausweg gibt. Wie, im Galaxiskern sollen wir sein? Stellen Sie eine einfache Berechnung an, und Sie werden feststellen, daß es keinen Kern gibt! Denn etwas Einheitliches kann nur in einer einheitlichen Zeit existieren, und die ist nicht vorhanden! Wir sind nirgends, denn wir sind an einer Stelle verschiedenzeitig, an verschiedenen Stellen gleichzeitig! Ich verliere allmählich den Verstand, meinem Gehirn geht die Gleichzeitigkeit der Verschiedenzeitigkeit und die Verschiedenzeitigkeit der Gleichzeitigkeit nicht ein! Ich muß wissen, ,wann‘ wir in diesem dreimal verfluchten ,Wo‘ sind! Verstehen Sie? Hamlets Qualen, der in der Seele spürte, daß die Zeit aus den Fugen war, sind nichts im Vergleich zu meinen, denn die Zeit reißt sowohl in meiner Seele als auch in meinem Körper, während rings um mich keine einheitliche Zeit ist. Ich weiß nicht einmal, ob Sie mir jetzt gegenübersitzen oder in unerreichbarer Zukunft, indessen Ihr Schatten von dorther auf mich fällt und ich mich mit ihm unterhalte. Ich selbst hingegen bin nicht im Sternenflugzeug, sondern irgendwo auf dem Palatin, habe mich eben mit dem glänzenden Julius Caesar unterhalten, mit dem heimtückischen Claudius gekämpft und dem Intriganten Catilina eine Maulschelle verpaßt, und morgen werde ich mich mit Caesar auf den Feldzug nach Gallien begeben. Plötzlich verlegt mir Ihre Silhouette aus dem Sternenflugzeug den Weg. Ihre Silhouette aus einer entsetzlichen Ferne, aus irgendeinem Galaxiskern, von dem ich, ein alter Freund des alten Caesar, keine Ahnung habe…«

Es drängte mich unwiderstehlich, ihn zu schlagen.

Er war nicht wahnsinnig, sondern hysterisch. Er griff sich an den Kopf; und ich fürchtete, er werde sich im nächsten Moment schreiend die Haare raufen und wütend die Augen rollen. Ich trat zu ihm, die Hände geballt. Er sah mich an und ließ die Arme sinken.

»Sie wollen mich schlagen, Admiral? Schlagen Sie, ich halte still. Früher bezogen die Menschen Prügel.

Mitunter half das.«

Diese Worte, die er matt lächelnd sprach, bewahrten ihn vor einer Ohrfeige. Ich setzte mich und legte mir die Hände auf die Knie, damit sie nicht so arg zitterten. Ich begriff jetzt, was die Kapitäne auf den Schiffen durchgemacht hatten, wo die Bemannung den Gehorsam verweigerte. Hysterie in einer Situation fortwährender Katastrophen war gewiß nicht besser als Meuterei auf einem Segelschiff im Ozean.

»Pawel, ich appelliere an Ihren Verstand, Ihren hellen Verstand, Pawel! Sie verübeln mir, daß ich die Tragödie ein äußerst interessantes Abenteuer nannte?

Aber ist ein Abenteuer denn undenkbar ohne ein glückliches Ende? Und sind wir heute in gewisser Weise, nur in gewisser Weise – nicht die glücklichsten Menschen?«

»Die glücklichsten Menschen?« fragte er müde.

»Eli, ich sagte Ihnen schon, ich bin Ihrer Paradoxe müde…«

Ich erinnerte ihn, daß Oleg seit seiner Kindheit von Reisen zum Galaxiskern träumte, der geheimnisvollsten und am wenigsten zugänglichen Stelle im Weltall, daß er als erster galaktischer Kapitän Sternenflugzeuge dorthin führte und daß er als Entdecker des Kerns in die Weltgeschichte eingehen werde, könne er unglücklich sein, selbst wenn er sein Leben um zehn Jahre früher beschließe? Und daß Romero, Altertumskenner, Spezialist für vergleichende Geschichte der Gesellschaften, die Möglichkeit erhielt, Lebensformen und vernunftbegabte Zivilisationen kennenzulernen, die man nie vermutet hatte, seien diese Entdeckungen etwa in die Kategorie der Mißgeschicke einzuordnen? Und daß Olga, Oshima und Kamagin stets den Hauptsinn ihres Lebens darin sahen, mächtige Schiffe auf unerforschten Sternentrassen zu führen, hätten sie vielleicht das Ziel ihres Lebens nicht erreicht, selbst wenn sie von dem Leben Abschied nehmen müßten? Und die Stimme, unser Hauptgehirn, unser ehemaliger Vagabund, sei er etwa unglücklich, nachdem er alles erfahren habe, was er sich wünschen konnte: die Macht der Gedanken, die Freuden eines ungestümen Körpers, die Herrschaft über einen weiten Raum des Universums? Und der Galakt und die Demiurgen? Verwirklicht nicht jeder das Beste in sich, setzt er nicht alles in die Tat um, wozu er in seinen Träumen fähig ist, in seinen Wünschen, seinem Wollen? Nein, suchen Sie andere Definitionen! Unglück, Verzagtheit, Verzweiflung, Reue, Enttäuschung – eignen sich nicht! Selbst wenn wir tragisch enden, ist unser Los beneidenswert!

Er erhob sich, stützte sich auf seinen Stock. »Mein alter Freund Eli! Ich will mit Ihnen nicht streiten. Ich kann mit Ihnen nicht streiten. Admiral, ich gehe, um Ihren Befehl auszuführen und die Schiffsmaschine aus der Vergangenheit in die Gegenwart zu holen.«

Ich schloß die Tür, damit Mary nicht hereinkommen konnte. Sie sollte mich nicht sehen, in diesem Augenblick. Als das Klopfen von Romeros Stock im Korridor verhallte, ließ ich mich auf den Diwan sinken und griff mir an den Kopf, wie es eben erst Romero getan hatte, und stöhnte vor Verzweiflung, vor Hoffnungslosigkeit, vor Entsetzen vor dem Ende, das ich sah. Die Hysterie, bei Romero abgewendet, schüttelte mich selbst, denn ich hatte mehr Grund, ihr zu verfallen. Und ich hatte niemanden, den ich um Hilfe bitten konnte, noch war die Zeit nicht reif, das Geheimnis zu lüften, zunächst mußte die Rettung vorbereitet werden.

3

Ellon war beleidigt, als ich ihn bat, in den Zeittransformator einen Stabilisator der Art einzubauen, wie ihn die Natur in unseren Körpern geschaffen hat. Ich glaubte so fest an diese Hypothese Romeros, daß ich mit ihr wie mit einer Tatsache operierte. Ellons Augen funkelten böse, und er bleckte die Zähne.

»Admiral, misch dich nicht in Angelegenheiten, die du nicht verstehst! Transformator, Stabilisator! Was machen wir denn, deiner Meinung nach? Verwandeln wir ein Chaos in ein anderes? Ich baue eine universelle Zeitmaschine, schreib dir das hinter die Ohren, Admiral!« Dabei hüpfte er aufgeregt vor mir und schwenkte wütend die Arme.

Ich wußte, daß Ellon, legte man menschliche Maßstäbe an, schlecht erzogen war und er sich bei seinem Studium der Menschensprache mit besonderer Vorliebe Schimpfwörter eingeprägt hatte. Leider verstand er sie buchstäblich. Als er wetterte, ich solle mir seinen Verweis hinter die Ohren schreiben, blickte er so wild nach meinen Hörorganen, daß ich fürchtete, er wolle es an meiner Stelle tatsächlich tun. Ich deutete seine Erregung als Nachwirkung der Katastrophe mit der »Schlangenträger«, als Übermüdung, die sich sogar bei den rastlos tätigen Demiurgen bemerkbar machte. Gewiß hatte sich Ellon nach der Katastrophe noch keine Stunde ausgeruht. Daß der von Romero vorausgesagte Wahnwitz beginne, kam mir nicht in den Sinn.

Zum erstenmal spürte ich, daß etwas nicht stimmte, als Mizar zum Zeittransformator geführt wurde. Das war eine riesige durchsichtige Kugel, die auf einem Postament ruhte. Ringsum türmten sich Strahler und Reflektoren, das Postament war durch ein Hohlrohr mit dem Kollapsan verbunden, da waren noch Anlagen und Mechanismen über der Kugel und daneben, aber ihr Zweck war mir unverständlich, und ich will sie nicht beschreiben.