Выбрать главу

»Und um viermal vergrößert sich die Möglichkeit von Übereinstimmungen, Sympathien und Freundschaften! Warum sehen Sie nur das Schlechte, Eli? Sie haben sich sehr verändert. Mitunter erkenne ich Sie nicht wieder.«

»Ich werde alt, Pawel. Wir alle werden allmählich alt, irgendwann und irgendwie.«

Er akzeptierte den Scherz nicht. Er sagte langsam, wobei er den starren Blick nicht von mir ließ: »Sie tragen ein Geheimnis mit sich herum, Eli. Teilen Sie es mir mit, dann wird Ihnen leichter.«

Ich stand auf. Das Gespräch war gefährlich weit gegangen. »Ja, ich habe ein bitteres Geheimnis. Noch ist die Zeit nicht gekommen, es bekanntzumachen.«

»Mir scheint, Eli, ich kenne Ihr Geheimnis«, sagte er, während er sich entfernte.

Ich lächelte. Er konnte es nicht kennen.

6

Die Stimme und Ellon hatten kein Glück. Von den vier Paaren, die sie bildeten, gewann das schlechteste die Oberhand: Stimme die Alte – Ellon der Alte.

Das mußte zu einer Tragödie führen. Nein, ich will nicht sagen, daß in jedem von ihnen eine Doppelpsyche oder eine Doppelgesichtigkeit erstarrt gewesen wäre. Eine solche Deutung wäre primitiv. Beide hatten sich gespalten, aber nicht in eine Doppelgesichtigkeit, nicht in eine Doppelpsyche, sondern in eine Doppelexistenz. Eine Doppelgesichtigkeit hätte aus einem Gesicht und einer Maske bestanden, während in ihrer Doppelexistenz beide Persönlichkeiten gleichzeitig und gleichberechtigt waren.

Ellon und die Stimme hatten ihre Einheit bewahrt, aber das war die ungeheuerliche Einheit zweier verschiedener Zeiten in einem »Jetzt«. Das wurde klar, als wir schon nichts mehr verhindern konnten.

Ich saß im Kommandeursaal, als die Stimme und Ellon plötzlich mich und Oleg zu sich riefen. Die »Steinbock« wich gerade einer gefährlichen Sternkonzentration aus. Die Schiffsmaschine arbeitete so exakt wie früher. Oshima und Kamagin, die einander ergänzten, brauchten deren Empfehlungen nur in Kommandos umzuwandeln. Ich sagte zu Oleg: »Geh du zu Ellon, ich gehe zur Stimme.«

« Die Stimme empfing mich mit dem erregten Ausruf: »Eli, Eli, Ellon sinnt Arges. Verhüte es!«

Ich sagte rasch: »Was hat er vor? Ich muß es genau wissen.«

Die Stimme stöhnte. »Ich weiß es nicht. Etwas Schreckliches. Beeil dich, Eli!«

Hals über Kopf stürzte ich ins Laboratorium. Dort fand ich auch Irina vor. Seit ihrer Genesung sah ich sie zum erstenmal. Sie war sehr abgemagert. Schweigend stand sie am Kollapsan. Ich lächelte ihr zu, sie antwortete mit einem kurzen Kopfnicken. Ellon redete heftig auf Oleg ein. Ich trat zu ihnen. Ellon, dessen Augen böse funkelten, sagte zu mir:

»Höre auch du, was ich dem Oberbefehlshaber erklärt habe. Ich gedenke nicht, das schwimmende Gehirn noch länger zu ertragen. Versetzt es in irgendeinen Drachen- oder Krötenkörper. Kriechend nehme ich es hin, schwebend nicht.«

»Was sagt der Oberkommandierende dazu?« fragte ich ruhig.

»Es gäbe auf dem Schiff keine Drachen mehr, und das schwimmende Gehirn bleibe in seiner hohen Kugel. Ich hoffe, Admiral, du machst dem Oberbefehlshaber klar, daß seine Entscheidung falsch ist und revidiert werden muß!«

»Ich habe nicht das Recht dazu, Ellon. Außerdem bin ich mit dem Oberbefehlshaber einer Meinung.«

Wenn Ellons Blicke hätten töten können, wäre ich zu Asche geworden. Lange schwieg er. Auch Oleg und ich schwiegen.

»Ist das eure endgültige Meinung?« fragte Ellon nach einer Weile.

»Unsere endgültige Meinung«, antworteten wir wie aus einem Munde.

Er ließ den Kopf auf den dünnen Hals hochschnellen und zog ihn mit so unheilvollem Poltern zwischen die Schultern, daß ich zusammenzuckte. An alles habe ich mich gewöhnt bei den Demiurgen, an den flatternden Gang, an das Phosphoreszieren ihrer bläulichen Gesichter, an das wilde Gelächter, das Ellon und seinesgleichen bisweilen überkommt-, nur an diesen aus den Schultern emporfliegenden Kopf, an das Krachen, wenn er zurücksaust, werde ich mich wohl nie gewöhnen. Das ist uns Menschen gar zu fremd.

»Da sich beide Admirale einig sind, ist es zwecklos, darauf zu beharren«, sagte Ellon fast gleichgültig, und seine heimtückische Ruhe täuschte Oleg und mich.

»Hast du uns nur deshalb gerufen, um dich gegen die Stimme zu äußern?« fragte Oleg.

Er grinste fürchterlich. »Nein, Admiral, nicht nur deswegen.

Wie du weißt, unterbrach ich auf Orlans Befehl die Arbeit am Zeittransformator, um den Stabilisator zu konstruieren. Jetzt habe ich den Transformator fertig. Bitte!«

Er führte uns zu der Schalttafel und zeigte uns die Hebel für die gerade Zeit – in die Zukunft-, die Hebel für die Gegenzeit – in die Vergangenheit, sowie die Hebel, die den Reisenden in die Gegenwart zurückbringen und den Kollapsan vom Transformator abschalten. Dann gingen wir zur Kugel. Im Transformator stand ein Sessel, neben ihm war eine Schalttafel mit ebensolchen Hebeln angebracht.

»Bei der alten Konstruktion verfügte der Bedienungsmann am Kollapsan den Wurf in die andere Zeit«, sagte Ellon. »Ihr habt gesehen, wie das mit Mizar vor sich ging. Von heute an gebietet der Reisende selbst über sein Schicksal.« Er machte einen Schritt auf die offene Luke zu. Unwillkürlich hielt ich ihn fest. Er blickte mich voll grimmiger Ironie an.

»Fürchtest du, daß ich in eine andere Zeit enteile?

Meinst du, deine Hand würde mich hindern? Gib zu, Admiral, ich könnte fliehen, wenn du nicht hier bist und niemand mich stört.« Ich ließ seinen Arm los. Ellon stieg ins Innere, klappte die Luke zu und setzte sich in den Sessel.

»Hört ihr mich?« fragte er. »Also paßt auf! Das Schiff ist nicht der rechte Ort für das schwimmende Gehirn! Es ist gut in der Vergangenheit, nicht aber in der Gegenwart und nicht in der Zukunft. Das kann ich euch mit aller Bestimmtheit sagen, weil ich ausgebildeter Aufseher der Vierten Reichskategorie bin und genau weiß, wie man solche Kreaturen behandeln muß. Ich bringe euch zur Kenntnis, daß der Transformator auf das Gehirn fokussiert ist und ich es jetzt auf den Dritten Planeten schleudere, lange bevor ihr ihn erobertet.«

Oleg stürzte zum Transformator. Ich rannte zum Kollapsan, doch Irina vertrat mir den Weg. Ich weiß nicht, worauf sie sich verließ, vielleicht auf ihre Unantastbarkeit als Frau. Ich schleuderte sie beiseite. Sie klammerte sich, auf dem Fußboden liegend, wie rasend an mein Bein. Ellons triumphierendes Gelächter schallte zu uns herüber.

»Zu spät, Admiral. Das Gehirn ist bereits im Perseus. Und gleich jage ich ihm nach! Komm gestern, Admiral, weder heute noch morgen gibt es uns noch.

Komm gestern!« Rasch entschwand er.

Oleg ließ die Kugel und eilte mir zu Hilfe. Während er die widerstrebende Irina festhielt, griff ich nach den Kollapsanhebeln. Im Transformator erschien Ellon wieder. Er hatte sich in eine nicht ferne Zukunft geschleudert und ließ sich zurückfallen, um auf Grund des Beharrungsvermögens die Nullzeit zu passieren.

Irina schrie verzweifelt: »Rühren Sie die Rückkehrhebel nicht an! Die beiden sind bereits in der Vergangenheit. Einen zweiten Transport durch die Nullzeit würden sie nicht überstehen!«

Ich zog den Rückkehrhebel. Was auch mit der Stimme geschehen mochte, ich konnte sie nicht in der verfluchten Vergangenheit lassen. Irina, die in Olegs Armen erschlafft war, schluchzte laut. In der Transformatorkugel zeichnete sich zum zweiten Mal Ellon ab. Er war allein. Und er war tot. Er lag im Sessel, den riesigen Mund wild aufgerissen, seine Hände hielten krampfhaft die Armlehnen umklammert, seine Augen waren geschlossen. Irina verlor das Bewußtsein. Oleg forderte mich auf, Hilfe zu rufen, und trug Irina zu einem Sessel. Statt Hilfe rief ich die Stimme. Ellon konnte sich geirrt haben, vielleicht hatte er sie nicht in die Vergangenheit geschleudert, denn sie war ja nicht zurückgekehrt! Auf meinen verzweifelten Ruf meldete sich nur Grazi. »Admiral, die Stimme ist verschwunden!«