»Schauen Sie ihn sich doch an«, sagte ich. »Ist das nicht ein Prachtkerl? Wenn wir den auf die Erde bringen, wird er Eindruck machen. Und er ist uns nicht weniger zugetan als wir ihm.«
Spychalski rief Wera. Sie erschien in der Videosäule.
Er übermittelte Trubs Wunsch und fügte hinzu, daß er ihn befürworte.
»Ihr könnt Trub mitnehmen«, sagte Wera und verschwand.
Ich rannte zu meinen Freunden, rief ihnen schon von weitem zu, daß die Sache geklappt habe. Trub hat eine Teufelskraft in den Flügeln, er drückte mich so, daß mir die Sinne schwanden.
»Ich bin dein Sklave«, sagte er. »Dein Sklave auf ewig, Eli!«
»Du bist mein Adjutant«, sagte ich. »Adjutant, das ist etwas, das nicht schlechter ist als Freund, etwas Nahes, fast Brüderliches. Als Freund bitte ich dich um einen Freundschaftsdienst.«
»Bitte und fordere. Ich bin glücklich, du Mächtiger…«
»Nimm ein Bad und wechsele die Kleidung. Im Lager liegen Ballen von Engelshemden, hole dir ein Dutzend Hemden auf Vorrat.«
Unverzüglich schwang er sich auf. Trub Flog großartig, obwohl er geradezu ein Schwergewichtler war.
Zweiter Teil
- Die Fahrt des Sternenpflugs -
1
Halte ich Rückschau auf unseren Weg, erfaßt mich ein zwiespältiges Gefühl Trauer um die Verluste und Stolz. Wir waren Teilnehmer der schwierigsten aller kosmischen Expeditionen, die je stattgefunden hatten, und wir taten unsere menschliche Pflicht.
Es ist unwichtig, daß wir während zweier irdischer Jahre zehntausend Lichtjahre überwanden und, obwohl wir nicht in das von dunklen Nebelflecken verdeckte geheimnisvolle Zentrum der Galaxis vordrangen, doch so tief in den Sternenabgrund tauchten wie noch nie jemand vor uns. Würde sich darin in Trillionen hinter dem Heck gelassenen Kilometern unser Verdienst erschöpfen, so hätten wir keinen Grund, stolz zu sein. Leere bleibt Leere, ob sie nun groß ist oder klein. Doch wir erfuhren, wie weit die von anderen Wesen erworbene Macht reicht, wie ungeheuer das Gute und die Ungerechtigkeit sind, die in einem galaktischen Gefecht aneinandergeraten waren, und wie unvermeidlich all das uns Menschen, die wir gerade den Sternenweg betreten haben, zwingt, in die nicht von uns begonnenen Streitigkeiten einzugreifen, denn außer uns ist keiner da, der sie entscheiden könnte.
2
Die »Raumfresser« flog zuerst, die »Steuermann« folgte ihr. Kommandeur des ersten Sternenflugzeugs war Olga, ihr standen Leonid und Oshima zur Seite.
Allan befehligte das zweite. Wera hatte sich die »Raumfresser« gewählt, und wir, Lussin. André.
Romero und ich, waren bei ihr Jeden Tag arbeiteten wir mit Wera stundenlang an ihrem Bericht für die Erde.
Während der zwei Monate, da wir Kurs auf die Plejaden hielten, hatten sie sich nicht verändert Sie wirkten wie ein himmlisches Spinnennetz, das zwischen großen Sternen aufgehängt ist. Als wir uns ihm bis auf wenige Parsec genähert hatten, wurde es größer und füllte sich mit Licht. Ein herrliches Sternbild flammte am Himmel. Im Vervielfacher zerfiel der Haufen in Einzelsterne.
»Ich sehe ein Planetensystem, Eli!« sagte André.
Die äußeren Sterne des Haufens waren von geringer Leuchtkraft. Doch dieser hier, der Atlas, der hundertmal heller als die Sonne war, besaß Satelliten, drei dunkle Kugeln. Wir betrachteten sie lange und rückten zum Zentrum weiter, fast jeder Stern hatte hier Planetensysteme.
Ich rief den Kommandeursaal. Olga wußte schon von den Planetensystemen in den Plejaden. Auf einigen hatten die Automaten Atmosphäre mit Sauerstoff entdeckt, gemäßigte Schwerefelder.
»Anscheinend gibt es auf der Elektra Wesen mit hoher Zivilisation«, fügte Olga hinzu. ,.Auf dem zweiten ihrer vier Planeten ist schwaches künstliches Leuchten wahrgenommen worden. Es zeigt sich, bald nachdem die Elektra untergegangen ist, später wird es schwächer. Die nächtliche Beleuchtung von Städten hat den gleichen Effekt.«
»Aber die Städte!« schrie André. »Was ist mit den Städten?«
»Städte sind von hier aus nicht festzustellen.«
André richtete den Vervielfacher auf die Elektra.
Die vier Planeten rings um sie fanden wir rasch, doch es gelang uns nicht, auf ihnen irgend etwas zu erkennen.
Ich ließ die Plejaden, schaltete mich vom Bildschirm ab und führte den Vervielfacher ein wenig beiseite. Vor mir erstrahlten zwei offene Sternhaufen X und h Persei. Von der Erde und vom Pluto aus hatte ich diese dichten Ansammlungen, die von uns viertausend Lichtjahre entfernt sind, oft betrachtet. Niemals hatten sie mich sonderlich gefesselt.
Jetzt betrachtete ich sie unverwandt. Ihre Anordnung kam mir seltsam bekannt vor. Sicherlich unterlag ich einer Sinnestäuschung, zumal von hier aus, von den Plejaden, die fernen Perseushaufen unter einem anderen Winkel zu sehen waren als von der Erde oder von der Ora aus. Dennoch konnte ich den Blick nicht abwenden. Nicht nur ich, kein Mensch hatte diese Ansammlungen in dieser Projektion beobachtet, sie konnten nicht bekannt sein. Ich versuchte meiner wachsenden Erregung Herr zu werden.
»Was ist mit dir?« fragte André. »Ich rufe dich zum dritten Mal, und du reagierst nicht. Schau mal zur Elektra. Tatsächlich künstliches Licht über einem Planeten.«
»Laß mich in Ruhe«, murmelte ich. »Deine Elektra langweilt mich.«
Gespannt starrte ich auf die zwei leuchtenden Sternhaufen. Sie waren fast gleich, allerdings wirkte einer konzentrierter – viele tausend Himmelskörper auf engem Raum zusammengedrängt. Er glich einer Faust, die mitten in die andere Sternengruppe geschlagen hatte, die Sterne waren wie Splitter auseinandergeflogen…
Da erinnerte ich mich, wo ich dieses Bild schon gesehen hatte.
»Sie sind vom Perseus!« brüllte ich. »Wir fliegen falsch, sie sind vom Perseus!«
»Wer ,sie‘? Und was ist mit dem Perseus.«
»Die Verderber«, sagte ich. »Ich weiß jetzt, wo diese Teufelsgeschöpfe nisten.«
André war sprachlos.
»Denk an die Bilder, die im Orangefarbenen Saal gezeigt wurden«, sagte ich. »Denk daran, wie du steif und fest behauptetest, du hättest die von dem Faustschlag getroffene Sternengruppe schreien gehört… Sind das nicht dieselben Sterne? Ich frage dich, ist daß nicht haargenau dasselbe Bild?«
André riß sich vom Vervielfacher los »Eli, du hast eine Entdeckung gemacht«, sagte er feierlich »Ich war immer überzeugt, daß du von der Natur für etwas Ernsthafteres ausersehen bist, als öde Witze zu reißen. Ich freue mich für dich. Eli. Und jetzt marsch, marsch zu Wera.«
»Wozu? Das hat doch Zeit.«
»Nichts hat Zeit. Wir müssen sofort den Kurs ändern. Was sollen uns die Plejaden, wenn diejenigen, die wir suchen, im Perseus sind?«
Jetzt zog und stieß er mich. Ich wollte mich gerade erheben, als die Havariesignale aufleuchteten und die Sirenen zu gellen begannen. Dunst überzog die Himmelssphäre, die Sterne schwankten und erloschen. Wir vernahmen Olgas ruhige Stimme:
»Rechts vor uns ein kosmischer Körper, der ungefähr mit Lichtgeschwindigkeit fliegt. Kein Meteorit. Ich verkünde allgemeinen Alarm. Wir verlassen den Überlichtbereich.«
André und ich griffen nach dem Vervielfacher.
Neben mir ließ sich Wera nieder. Hastig berichtete ich ihr, was ich im Perseus gesehen hatte.
»Das ist wichtig, Eli«, sagte sie. »Wir werden die Automaten beauftragen, deine Beobachtung nachzuprüfen. Jetzt interessiert mich, was für ein Körper mit dieser Geschwindigkeit fliegt. Ob es ein Sternenflugzeug ist.«
Wenig später meldeten die Analysatoren: »Voraus ein Schiff mit Photonentriebkraft. Triebwerke defekt.
Fortbewegung durch Beharrungsvermögen.«