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Schwere Rauchwolken breiteten sich über dem Planeten, er war nur noch Asche und Rauch. Kein Vulkanausbruch, keine Atomexplosion hinterließe solche unermeßlichen Zerstörungen. Jahrtausende, vielleicht Jahrmillionen würden vergehen, ehe die Sigma erneut für Leben tauglich wäre.

Der Kreuzer der Verderber schwenkte zur anderen Seite der Sigma ab, um auch dort die Oberfläche zu zerstören.

»Leonid!« schrie Wera. »Wir müssen eingreifen‘ Hindere sie gewaltsam!«

»Nein!« sagte ich. »Nein, Wera! Auf der Sigma gibt es kein Leben mehr, doch auf der Kugel oder irgendwo in der Nähe ist André. Wir haben noch nicht alles getan, um ihn zu retten.«

»Obendrein ist es zu spät, der Sigma zu helfen«, sagte Leonid. »Es ist nicht ausgeschlossen, daß sie mit uns dasselbe vorhaben.«

»Seid ihr bereit, einen Angriff abzuwehren?« fragte Wera.

»Ja, wir sind bereit. Allan funkt, seine Annihilatoren warteten nur auf Befehle. Dem Räuber ergeht es übel, sofern er uns angreift.«

»Vergeßt nicht, daß André bei ihm ist, falls wir kämpfen müssen.«

Das Schiff der Verderber tauchte hinter dem Planeten auf, ging auf Gegenkurs und bemerkte uns.

Es drehte um und kam auf uns zu. Leonid und Allan setzten die Materieannihilatoren in Gang, die Reaktionsmasse, die in den Annihilatorenfeuerungen verbrannte, strömte als Raum hinaus. Vorsichtshalber bezogen weder Allan noch Leonid die uns umgebenden kosmischen Körper in die Annihilation ein. Das war vorläufig nicht notwendig der feindliche Kreuzer kam um keinen Kilometer näher, obwohl er beinahe mit Lichtgeschwindigkeit flog. Er schaffte es nicht, die ihm entgegenjagenden Mengen kosmischer Leere zu überwinden. Ein Unbeteiligter hätte geglaubt, unsere schnelleren Schiffe nähmen vor einem Verfolger Reißaus. Wenn die Verderber die Technik der Materieannihilation nicht beherrschten, dann errieten sie schwerlich, daß wir in Wirklichkeit gar nicht daran dachten, uns fortzubewegen.

Die Schiffsmaschine entschlüsselte ein Gravigramm des Kreuzers: »Ich sehe ein fremdes Schiff. Es gelingt mir nicht, mich ihm zu nähern. Die Entfernung verbietet mir anzugreifen.

Ich gehe auf Überlichtgeschwindigkeit, um den für einen Schlag notwendigen Kegel zu erlangen.«

»Sie wechseln in die Überlichtgeschwindigkeit!« rief Wera Leonid zu.

»Sollen sie«, versetzte Leonid. »Je schneller sie auf uns zustreben, desto energischer werfen wir sie zurück. Bisher besteht keine große Gefahr.«

Ich teilte Leonids Optimismus nicht. Sobald der Kreuzer in den Überlichtbereich wechselte, wurde er nicht nur unsichtbar, sondern auch unkontrollierbar. Da wir nicht wußten, um wieviel er schneller als das Licht war, konnten wir von der Wirksamkeit des Annihilationsschutzes nicht überzeugt sein.

Es war möglich, daß die Kugel die Leere durchbrach, die unaufhörlich generiert wurde.

Leonid beruhigte mich. »Ich sage dir, wir werfen sie zurück, wenn wir auch nicht wissen, wo sie sich befindet. Und sollte sie sich trotzdem nähern, dann können wir immer noch Fersengeld geben, ohne uns in eine Schlacht einzulassen.«

Bald begriffen die Verderber, daß sie nichts ausrichteten. Sie bremsten und erschienen wieder in unserer Optik. Wir entschlüsselten ihren nächsten Spruch: »Der Angriff ist mißglückt. Ich hole den Stützpunkt der Abgeschirmten und kehre zum Geschwader zurück.«

Danach verschwand der Kreuzer der Verderber ebenso unverhofft, wie er aufgetaucht war. Und mit ihm schwand die letzte Hoffnung, André zu helfen.

Als Gefangener jagte er auf einem Schiff der kosmischen Räuber ins Innere der Plejaden, wo irgendwo ihr Geschwader stationiert war Sofern er noch lebte.

12

Müde schlief ich im Sessel ein. Im Traum sah ich André, schrie auf und erwachte. Beide Sternenflugzeuge hielten im Überlichtbereich den Kurs der verschwundenen Kugel. Ich erfuhr, daß beschlossen worden war, das geheimnisvolle Geschwader der Feinde ausfindig zu machen und dann je nach den Um ständen zu handeln. An Rückzug war nicht mehr zu denken.

Da André verschwunden war, mußte ich seine Arbeit tun. Lussin und ich mühten uns den ganzen Vormittag mit den Leichen der beiden Feinde ah und entschlüsselten die aufgezeichneten Gehirnstrahlungen der Sechsflügler. Mittags verschied der letzte Bewohner der leidgeprüften Sigma. Wir legten ihn in den Konservierungsraum. Ich arbeitete eifrig, doch manchmal überfiel es mich wie eine Lähmung, meine Gedanken setzten aus, meine Umgebung war mir nicht mehr bewußt. In solchen Augenblicken zupfte mich Lussin sanft am Arm oder berührte meine Schulter. Seine Anteilnahme gab mir Halt.

Während einer Pause besuchten wir Trub. Der Engel schluchzte und wischte sich mit Den Flügeln die Augen. Er war so traurig wie wir und konnte sich ebensowenig beherrschen.

»Glichen unsere gestrigen Gegner den Verfolgern der Galakten, die einst auf eurem Planeten landeten?« fragte ich.

»Mir war sofort klar, daß sie es Waren, sofort, sofort…« Er plusterte sich auf, und obwohl er sich kaum bewegen konnte, wäre er bereit gewesen, sich unverzüglich in einen neuen Kampf zu stürzen.

»Aber du mußt zunächst einmal gesund werden.

Laut Prognose wachsen dir neue Flügel, bessere als die alten.«

»Halten wir?« fragte er. »Wo befinden wir uns?«

»Wir haben Kurs auf die Maja genommen, ins Zentrum der Plejaden.«

»Blind sind wir«, sagte Lussin düster. »Sehen nichts. Wir fliegen weiter nichts. Und sie?«

Ich dachte fast unaufhörlich das gleiche. Schon André hatte dieses Rätsel keine Ruhe gelassen. Als der Verderber mit seinem Kreuzer sprach, der im Überlichtbereich dahinjagte, hatten wir seine Gravigramme entschlüsselt, doch die Antwortimpulse hatten wir nicht aufgefangen. Erst als der Kreuzer in den Bereich unterhalb der Lichtgeschwindigkeit bremste, wurden uns seine Gravitationsdepeschen zugänglich. Und das war begreiflich, denn er hatte seine Gravitationswellen, die mit Lichtgeschwindigkeit dahineilten, überholt. Aber die Gravitationswellen begleiten nur ihre fernen Übertragungen, dachte ich, die Übertragung selbst geht auf eine andere, wirksamere Weise vonstatten. Mir wurde schwarz vor den Augen, als ich an die Folgen dachte.

»Ja«, sagte ich seufzend. »Sie sind nicht blind.

Es hat den Anschein, als hätten sie eine eigene Art, sich im Überlichtbereich zu verständigen.«

Am Abend zeigten Lussin und ich der Besatzung die entschlüsselten Fieberphantasien des verstorbenen Sigmabewohners. Die Bilder bestanden aus chaotisch auftauchenden und verschwindenden Handlungsfetzen, Figuren, Städten, dem Himmel des Planeten alles, was das Auge zu erfassen vermochte, war in diesen Phantasien vorhanden und fügte sich zu einer Anklage gegen die Eroberer. Auf dem Raumbildschirm erschien der weißliche Sigmahimmel, die große Elektra stand im Zenit. Und plötzlich schwebte, den prächtigen Tag verfinsternd, die grünliche Kugel über dem Planeten. Über eine unsichtbare Gravitationstreppe strömten die Freibeuter des Kosmos herab. Gravitationsschläge ereilten die wehrlosen Grashüpfer, Gravitationsketten fesselten sie, Gravitationshaken schleppten sie, eine Gravitationstreppe saugte sie vom Planeten in die Kugel. Tausende schwächliche Sigmageschöpfe schlugen verloren mit den Flügeln. Welches Los war ihnen in den Laderäumen des verfluchten Kreuzers beschieden? Sollten sie Sklaven, Nahrung für unersättliche Münder, Lieferanten von Reparaturgewebe für die alternden Mechanismen der Peiniger sein? Niemand wußte es.

Dafür sahen wir, wie mit denen verfahren wurde, die versucht hatten, sich zu verbergen. Die Gravitationsschläge trafen sie in ihren Verstecken, Gnade gab es für keinen, keiner rettete sich!

Wir schwiegen bedrückt, als der Raumbildschirm erlosch.

Die Tiefendurchleuchtung der gefangenen Verderber bestätigte, daß sie von doppelter Anatomie warenlebende Gewebe neben künstlichen Drähten auf Nerven gesetzt. Widerstände und Kapazitäten in Knochen montiert. Die Flüssigkeit, sie hatte eine besondere Zusammensetzung und erinnerte wenig an Blut, floß durch künstliche Röhrchen und Kapillaren. Dagegen war das Gehirn bei beiden biologischer Herkunft und befand sich beim ersten im Zentrum des Körpers, beim Unsichtbaren im oberen Ring. Das seltsamste Organ in ihrem »lebenden Mechanismus« war das Herz – ein winziger, aber mächtiger Gravitator. Beim Unsichtbaren saß er im zweiten Ring, beim lebend ergriffenen Verderber im oberen Teil der »Geschwulst«. Dieses kleine Gerät erzeugte eine kurz wirkende örtliche Gravitation. Irgend etwas in ihnen bedurfte, um lebenstüchtig zu sein, mächtiger Gravitationsstöße. Das Herz des Verderbers arbeitete fieberhaft schnell – ein paar tausend Schläge in der Sekunde. Doch das war nicht alles. Das Gravitationsherz generierte gerichtete Wellen in den Raum – es war ein Kampfgerät. Die einzige Möglichkeit, den Verderber zur Strecke zu bringen, konnte nur darin bestehen, sein Herz zu durchbohren. In den Augen des Verderbers hatten wir radioaktiven Stoff entdeckt, der das Leuchten hervorrief. Der Auswuchs am Hals strahlte und erlegte die Beute. Bei einem erfolgreichen Angriff konnte der Verderber ein scharfes Lichtbündel wie einen Dolch gebrauchen.