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Hendrik konnte hinauf zu Nicoletta gehen. Sie wrde den scharfen Mund schlngeln z.u seiner Begrung; sie wrde mglichst blanke Katzenaugen machen und irgend etwas Scherzhaftes, vorbildlich Akzentuiertes uern. Nein, es war nicht das, was Hendrik jetzt wollte - nicht dies, was er eben nun so dringend brauchte.

Er lie die Hnde vom-Gesicht gleiten. Sein getrbter Blick suchte sich in der Dmmerung des Zimmers zurechtzufinden. Mit Mhe gelang es ihm, die Bibliothek, die groen gerahmten Photographien, die Teppiche, Bronzen, Vasen und Gemlde zu erkennen. Ja, es sah fein und elegant hier aus. Er hatte es weit gebracht, das konnte niemand bestreiten. Der Intendant, Staatsrat und Senator, eben noch als Hamlet gefeiert, erholt sich im komfortablen Arbeitszimmer seines herrschaftlichen Heimes

Hendrik sthnte wieder. Da ffnete sich die Tr. Es war Frau Bella, die eintrat. Es war seine Mutter.

Mir kam es vor, als htte ich hier Stimmen gehrt, sagte sie. Hattest du noch Besuch, mein Lieber?

Er wandte ihr langsam das fahle Gesicht zu. Nein, sagte er leise. Es war niemand hier.

Sie lchelte: Wie man sich irren kann! Dann trat sie nher an ihn heran. Er bemerkte jetzt erst, da sie sich im Gehen mit einer Handarbeit beschftigte: es war ein groes wollenes Stck, wahrscheinlich sollte es ein Schal werden oder ein Sweater1. Es tut mir so schrecklich leid, da ich heute abend nicht im Theater sein konnte, sagte sie, den Blick auf ihrer Strickerei. Aber du weit ja: meine Migrne, ich fhlte mich gar nicht gut. Wie war es denn? Sicher ein groer Erfolg? Erzhl doch ein bichen!

Er antwortete mechanisch und starrte sie an aus Augen, die an ihr vorbeizusehen und sie doch, mit einer sonderbaren zerstreuten Gier, zu verschlingen schienen: Ja, es war ein Erfolg.

Das dachte ich mir, nickte sie befriedigt. Aber du siehst angegriffen aus. Fehlt dir irgend etwas? Soll ich dir einen Tee machen?

Er schttelte stumm den Kopf.

Sie lie sich neben ihm, auf der breiten Lehne des Sessels, nieder. Deine Augen sind so merkwrdig. Sie betrachtete ihn besorgt. Wo ist deine Brille?

Zerbrochen. Er versuchte zu lcheln; der Versuch milang. Frau Bella berhrte mit den Fingerspitzen seinen kahlen Kopf. Wie dumm! sagte sie, zu ihm geneigt.

Da begann er zu weinen. Er warf den Oberkrper nach vorne, seine Stirne sank in den Scho der Mutter, seine Schultern wurden vom Weinkrampf geschttelt.

Frau Bella war an die nervsen Zustnde ihres Sohnes gewhnt. Trotzdem erschrak sie. Ihr Instinkt begriff, da dieses Schluchzen andere, tiefere und schlimmere Grnde hatte als die kleinen Zusammenbrche, die er sich hufig gnnte.

Aber was ist denn - was ist denn, redete sie. Ihr Gesicht, das dem des Sohnes so glich - aber unschuldiger und zugleich erfahrener schien als das seine -, war nahe bei ihm. Sie sprte an ihren Hnden die Feuchtigkeit seiner Trnen. Er griff mit einer heftigen Gebrde nach ihrem Hals, als wollte er sich an ihm festklammern. Ihre Dauerwellenfrisur geriet in Unordnung. Sie hrte, wie Hendrik keuchte und sthnte. Ihr Herz fllte sich bis zum Rande mit Mitleid. Mitleidend verstand sie alles. Sie begriff seine ganze Schuld, sein groes Versagen und die verzweifelt ungengende Reue, und warum er hier liegen mute und schluchzen. Aber Heinz! flsterte sie. Aber Heinz - so beruhige dich doch! So arg ist es doch nicht! Aber Heinz

Unter dieser Anrede, unter diesem Namen der jungen Jahre, den sein Ehrgeiz und sein Hochmut weggeworfen hatten, wurde sein Weinen erst noch heftiger; dann aber lie es nach. Seine Schultern ruhten. Sein Gesicht blieb stille auf Frau Bellas Knien.

Es waren Minuten vergangen, als er sich langsam aufrichtete. In seinen Augenwimpern hingen noch Trnen, und Trnen waren es noch, die seine Wangen befeuchteten, seine sieghaft geschwungenen Lippen, von denen so viele verfhrt worden waren, und das edle Kinn, das er stolz zu recken wute in den Stunden des Triumphes und das jetzt jmmerlich bebte. Whrend sein erschpftes, trnennasses Antlitz ein wenig nach hinten sank, rief er, die Arme mit schner, klagender, hilflos-hilfesuchender Geste gebreitet:

Was wollen die Menschen von mir? Warum verfolgen sie mich? Weshalb sind sie so hart? Ich bin doch nur ein ganz gewhnlicher Schauspieler!

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