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Nur als eine Rakete zischend in eines seiner Hosenbeine fuhr, da wurde er sichtlich wütend. Warum sonst hätte er so ein kolossales Gebrüll angestimmt und das Gezeter so eigensinnig fortgesetzt, während er zur Wassertonne an der Hausecke lief und dort wie ein Rasender das Bein eintauchte? So was kann man mit Raketen nicht machen, die verlöschen dann ja, das hätte er sich doch denken können.

»Aber jetzt hab ich endlich ein Feuerwerk gesehen«, sagte Michel, der versteckt neben Gottfried hinter dem Holzschuppen des Bürgermeisters lag.

»Ja, jetzt hast du wirklich ein Feuerwerk gesehen«, sagte Gottfried.

Danach schwiegen sie und warteten. Auf nichts Besonderes, nur darauf, dass der Bürgermeister aufhören würde, wie eine große böse Hummel im Garten herumzuschwirren.

Aber als dann eine Weile später der Katthultwagen heim nach Lönneberga rollte, waren alle Sonnen und Feuerkugeln längst erloschen. Da leuchteten nur noch die Sterne über den Tannenspitzen. Dunkel war der Wald und dunkel war der Weg, Michel aber war glücklich und sang, während er auf seinem Pferd durch die Dunkelheit ritt:

»Hei-hopp - Vater mein!

So muss mein Pferdchen sein:

Das schnellste, das beste auf der Welt -und alles, alles - ohne Geld!«

Und sein Vater saß auf dem Wagen und kutschierte, sehr zufrieden mit seinem Michel. Sicher hatte der Junge mit seinem Unfug und seinen Kometereien Frau Petrell und ganz Vimmerby beinahe um den Verstand gebracht, aber hatte er es nicht auch zu einem Pferd gebracht? Und ohne auch nur ein Öre dafür zu bezahlen - das war schließlich die Hauptsache. Einen solchen Jungen gab es nicht in ganz Lönneberga und diesmal sollte er nicht in den Tischlerschuppen, dachte Michels Papa.

Er war übrigens in ausgelassener Stimmung, vielleicht deshalb, weil er, gerade als sie abfahren wollten, einen alten Bekannten getroffen hatte, der ihn zu ein paar Flaschen Bier eingeladen hatte. Normalerweise trank Michels Papa kein Bier, nein, so einer war er nicht, aber wenn er eingeladen wurde und wenn es nichts kostete - was sollte er da machen?

Michels Papa knallte munter mit der Peitsche, während er kutschierte, und rief mit Nachdruck: »Hier kommt der gute Katthult-Vater ... ein bedeuheu-heutender Mann!«

»Hoho, jaja«, sagte Michels Mama, »was für ein Glück, dass nicht jeden Tag Jahrmarkt ist. Oh, wie schön wird es sein, nach Hause zu kommen!«

Auf ihrem Schoß schlief Klein-Ida. Ihr Jahrmarktsgeschenk hielt sie mit den Händen fest umschlossen. Es war ein kleiner weißer Porzellankorb mit rosa Porzellanrosen. Darauf stand: »Andenken an Vimmerby«.

Hinten schlief Lina, an Alfreds Arm gelehnt. Alfreds Arm schlief auch, denn Lina hatte lange schwer auf ihm gelegen. Aber sonst war Alfred munter und bei bester Laune, genau wie sein Bauer, und er sagte zu Michel, der neben ihm ritt:

»Morgen fahren wir den ganzen Tag Mist, das wird lustig.«

»Morgen reite ich auf meinem Pferd«, sagte Michel. »Den ganzen Tag. Das wird lustig.«

Und genau in dem Augenblick schwenkte der Wagen um die allerletzte Wegbiegung und sie konnten das Licht im Küchenfenster sehen, zu Hause auf Katthult, wo Krösa-Maja mit dem Abendbrot wartete.

Nun glaubst du vielleicht, dass Michel aufhörte Unfug zu machen, nur weil er ein Pferd bekommen hatte.

Aber so war es nun doch nicht. Zwei Tage ritt er auf Lukas herum, aber schon am dritten Tag, also am 3. November, war er bereit wieder loszulegen. Rat mal, was er tat . hohoho, ich muss lachen, wenn ich daran denke! Es war so, dass Michel gerade an diesem Tag ... Nein, halt! Halt! Ich hab Michels Mama ja versprochen niemals zu erzählen, was er am 3. November angestellt hat, denn nach diesem Unfug sammelten die Lönneberger das Geld - du erinnerst dich doch - und wollten Michel nach Amerika schicken. Michels Mama wollte hinterher am liebsten alles vergessen. Sie hat es nicht einmal in das blaue Schreibheft geschrieben und warum also sollte ich davon erzählen? Nein, stattdes-sen sollst du erfahren, was Michel am zweiten Weihnachtstag tat. Es war

Montag, der 26. Dezember, als Michel »Das große Aufräumen von Katthult« veranstaltete und die Maduskan in der Wolfsgrube fing

Bevor es Weihnachten werden konnte, musste man erst den kalten und regnerischen dunklen Herbst überstehen und der ist wohl nirgendwo besonders lustig. Das war er auch nicht auf Katthult. Alfred ging im Nieselregen hinter den Ochsen her und pflügte den steinigen Acker und hinter ihm in der Furche trabte Michel. Er half Alfred die Ochsen anzutreiben, die träge und unmöglich waren und überhaupt nicht begriffen, wozu Pflügen gut sein sollte. Aber es wurde ja schnell dunkel und Alfred spannte aus und dann trotteten sie nach Hause, Alfred, Michel und die Ochsen.

Nachher kamen Alfred und Michel mit großen Erdklumpen an den Stiefeln in die Küche und brachten Lina zur Weißglut, denn sie war besorgt um ihren frisch gescheuerten Fußboden.

»Sie ist zu pingelig«, sagte Alfred. »Wer sie heiratet, hat keine ruhige Stunde mehr in seinem Erdenleben.«

»Ja, und das wirst wohl du sein«, sagte Michel.

Alfred schwieg und dachte nach. »Nee, siehst du,

das werde ich nicht«, sagte er schließlich. »Ich trau mich nicht. Aber ich trau mich auch nicht ihr das zu sagen.«

»Willst du, dass ich es sage?«, fragte Michel, der sehr mutig und verwegen war.

Doch das wollte Alfred nicht.

»Das muss ihr schonend beigebracht werden«, sagte er, »damit sie nicht traurig wird.« Alfred dachte lange darüber nach, wie er es anstellen sollte Lina beizubringen, dass er sie nicht heiraten wollte, aber er hatte keine gute Idee.

Nun lag die Herbstdunkelheit schwer über Katthult.

Schon nachmittags gegen drei Uhr musste man in der der Küche die Petroleumlampe anzünden, und dann saßen sie alle dort, und jeder war für sich beschäftigt. Michels Mama ließ das Spinnrad laufen und spann feines weißes Garn - daraus sollten für Michel und Ida Strümpfe werden. Lina kämmte Wolle, und das tat Krösa-Maja auch, wenn sie da war. Michels Papa flickte Schuhe und sparte damit eine Menge Geld, das sonst der Dorfschuster eingesteckt hätte. Alfred war nicht weniger tüchtig, er stopfte sich seine Strümpfe selbst.

Sie hatten an den Zehen und Fersen immer große Löcher, aber die zog Alfred schnell zusammen.

Lina wollte ihm gern helfen, aber Alfred erlaubte es nicht.

»Nee, siehst du, denn dann säße ich in der Falle«, erklärte er Michel. »Und nachher hilft es nichts mehr, wie schonend man es ihr auch beibringt.«

Michel und Ida saßen oft unter dem Tisch und spielten mit der Katze. Einmal versuchte Michel Ida einzureden, dass die Katze eigentlich ein Wolf sei, und als sie es nicht glauben wollte, stimmte er ein Wolfsgeheul an, dass alle in der Küche zusammenfuhren. Seine Mama wollte wissen, was das Geheul bedeute, und da sagte Micheclass="underline"

»Wir haben hier unterm Tisch einen Wolf.« Sofort begann Krösa-Maja von Wölfen zu erzählen und da krochen Michel und Ida fröhlich unterm Tisch hervor, um zuzuhören. Jetzt würde es etwas Gruseliges geben, das wussten sie, denn es waren immer nur Gruselgeschichten, die Krösa-Maja erzählte. Wenn es nicht um Mörder oder Einbrecher oder Geister ging, dann ging es um schreckliche Enthauptungen und fürchterliche Feuersbrünste und schreckliches Unglück und tödliche Krankheiten oder gefährliche Tiere. Wie zum Beispiel Wölfe.

»Als ich klein war«, begann Krösa-Maja, »da gab es hier in Smaland viele Wölfe.«