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Aber Frau Petrell sagte: »Wie ich Michel kenne, findet er schon her.«

Da hatte Frau Petrell ein wahres Wort gesprochen.

Gerade in diesem Augenblick nämlich war Michel auf dem Weg durch ihre Gartenpforte. Aber da sah er etwas, was ihn aufhielt. Neben Frau Petrell wohnte der Bürgermeister der Stadt in einem schönen Haus mit einem Garten ringsherum und dort zwischen den Apfelbäumen stolzierte auf hohen Stelzen ein Junge umher. Das war der kleine Gottfried vom Bürgermeister.

Er entdeckte Michel und sauste sofort kopfüber in einen Fliederstrauch. Wenn du jemals versucht hast auf Stelzen zu laufen, dann weißt du warum. Es ist nicht leicht, auf so einem Paar langer Stangen zu balancieren, die nur jede einen kleinen Holzklotz haben, worauf man seine Füße stellen kann. Gottfried steckte bald die Nase aus dem Busch und guckte Michel interessiert an. Wenn sich zwei kleine Jungen aus demselben Schrot und Korn zum ersten Mal treffen, dann leuchtet gleichsam ein Licht in ihren Augen auf. Gottfried und Michel sahen einander an und lächelten.

»So eine Müsse wie du möchte ich auch gern haben«, sagte Gottfried. »Leihst du sie mir?«

»Nee«, sagte Michel, »aber du kannst mir dafür deine Stelzen leihen.«

Gottfried fand, es sei ein guter Tausch.

»Aber ich glaub nicht, dass du damit gehen kannst«, sagte er. »Denn es ist schwer.«

»Werden wir ja sehen«, sagte Michel.

Er war unternehmungslustiger, als Gottfried ahnte. In einem Hui war er oben auf den Stelzen und wackelte hastig zwischen den Apfelbäumen hindurch. Das Mittagessen bei Frau Petrell hatte er völlig vergessen.

In der Glasveranda aber saßen die Katthulter und stopften den Fischpudding in sich hinein. Das war schnell getan und danach war es Zeit, zur Blaubeer-suppe überzugehen. Davon gab es viel. Eine bis an den Rand gefüllte Riesenschüssel stand mitten auf dem Tisch.

»Esst nur«, sagte Frau Petrell. »Ich hoffe, ihr habt Appetit.«

Sie selbst hatte keinen besonderen Appetit und rührte die Blaubeersuppe nicht an. Dafür redete sie umso mehr. Sie redete von dem großen Kometen, denn das taten alle Menschen an diesem Tag in Vimmerby.

»Es wäre ja zu schrecklich«, sagte sie, »wenn ein Komet allem ein Ende bereiten sollte.« »Ja, wer weiß, die Blaubeersuppe ist vielleicht das Letzte, was man in diesem Leben isst«, sagte Michels Mama und da schob Michels Papa schnell seinen Teller vor.

»Kann ich noch etwas haben?«, fragte er. »Für alle Fälle.«

Bevor Frau Petrell ihm aber den Teller füllen konnte, geschah etwas Furchtbares. Da gab es ein Krachen und da war ein Schrei - und da kam hinter Frau Petrell etwas durch den großen Fensterrahmen gesaust und plötzlich wirbelten Glasscherben und Blaubeersuppe in der ganzen Veranda durcheinander.

»Der Komet!«, schrie Frau Petrell und fiel - plumps - ohnmächtig zu Boden.

Doch es war nicht der Komet. Es war nur Michel, der wie eine Kanonenkugel durchs Fenster gekracht kam und mit dem Kopf genau in die Blaubeersuppe fuhr, dass es nur so um ihn spritzte.

Ach, das war ein Durcheinander in der Glasveranda! Michels Mama schrie, sein Papa brüllte und Klein-Ida weinte. Nur Frau Petrell verhielt sich vollkommen still, sie lag ja ohnmächtig auf dem Boden.

»Schnell raus in die Küche! Kaltes Wasser!«, rief Michels Papa. »Wir müssen ihr die Stirn kühlen!« So schnell sie konnte, rannte Michels Mama los und Michels Papa rannte hinterher und trieb sie an, weil es noch schneller gehen sollte.

Michel krabbelte langsam mit einem knallblauen Gesicht aus der Schüssel.

»Warum hast du es immer so eilig, wenn du essen willst?«, fragte die kleine Ida vorwurfsvoll.

Darauf antwortete Michel nicht. »Gottfried hatte Recht«, sagte er. »Auf Stelzen kann man nicht über einen Zaun steigen. Auf jeden Fall ist das bewiesen.«

Dann sah er die arme Frau Petrell auf dem Fußboden liegen und sie tat ihm Leid. »Dauert es wirklich so lange etwas Wasser herzuholen?«, sagte er. »Schnell muss hier geholfen werden, schnell!« Michel war nicht zimperlich. Rasch nahm er die Schüssel mit der Blaubeer-suppe und schüttete alles, was noch übrig war, Frau Petrell mitten ins Gesicht.

Glaub mir oder nicht - es half.

»Blupp«, sagte Frau Petrell und kam blitzschnell auf die Beine. Da sieht man, wie gut es ist, viel Blaubeersuppe zu kochen, dann reicht sie auch bei Unglücksfällen.

»Ich hab sie schon kuriert«, sagte Michel stolz, als seine Mama und sein Papa endlich mit dem Wasser aus der Küche angelaufen kamen.

Michels Papa sah ihn finster an und sagte: »Ich weiß einen, der im Tischlerschuppen kuriert wird, wenn wir nach Hause kommen.«

Frau Petrell war noch immer wirr im Kopf. Und im Gesicht genauso blau wie Michel. Aber Michels Mama, die schnell und behände war, legte Frau Petrell aufs Sofa und nahm eine Scheuerbürste.

»Hier muss sauber gemacht werden«, sagte sie und begann zu schrubben, zuerst Frau Petrell, dann Michel und dann den Boden der Veranda. Bald sah man nicht mehr die geringste Spur von der Blaubeersuppe - außer einem kleinen Rest in einem Ohr von Michel.

Seine Mama kehrte noch die Glasscherben zusammen. Sein Papa lief zum Glaser und holte eine neue Scheibe, die er dort einkittete, wo vorher die alte gesessen hatte. Michel kam und wollte helfen, aber sein Papa ließ ihn nicht mal in die Nähe der Fensterscheibe kommen.

»Halt du dich da raus«, zischte er. »Verschwinde nach draußen und komm nicht wieder, ehe wir nach Hause fahren!«

Michel hatte nichts dagegen nach draußen zu verschwinden. Er wollte gern noch etwas mit Gottfried reden. Aber er war hungrig. Er hatte ja nichts im Magen außer einem kleinen Schluck Blaubeersuppe, den er in sich hineingeschlürft hatte, während er mit dem Kopf in der Schüssel steckte.

»Hast du was zu essen im Haus?«, fragte er Gottfried, der noch immer hinter dem Zaun stand.

»Na, das will ich meinen«, sagte Gottfried. »Papa wird heute fünfzig Jahre alt, und das soll groß gefeiert werden. Da gibt es Essen, dass sich die Speisekammertüren biegen.«

»Gut«, sagte Michel. »Ich könnte vielleicht etwas davon probieren und sehen, ob es richtig gesalzen ist.« Gottfried dachte nicht lange nach. Er ging in die Bürgermeisterküche und kam zurück mit einer Menge guter Sachen auf einem Teller: mit Würstchen und Fleischklößen, mit kleinen Pasteten und von jedem etwas. Dann standen sie da, Gottfried und Michel, jeder auf seiner Seite des Zaunes, und aßen alles auf und Michel war glücklich und zufrieden.

Bis Gottfried sagte: »Heute Abend machen wir Feuerwerk, das größte, das es jemals in Vimmerby gegeben hat!«

Der arme Michel hatte in seinem ganzen Leben noch nie ein Feuerwerk gesehen - für solche Torheiten hatten die Leute in Lönneberga nichts übrig - und nun grämte er sich bitter, dass hier ein Riesenfeuerwerk stattfinden sollte, das er auch nicht sehen konnte, weil die Katthul-ter schon lange vor dem Abend nach Hause fahren mussten.

Michel seufzte. Wenn man nachdachte, dann war das ein trauriger Jahrmarktstag. Kein Pferd, kein Feuerwerk, nur Kummer und zu Hause ein Tischlerschuppen, der einen erwartete. Das also war aus allem geworden.

Trübsinnig sagte er Gottfried auf Wiedersehen und machte sich auf den Weg, um Alfred zu suchen, seinen Freund und seinen Trost, wenn er traurig war.

Aber wo war Alfred? Die Straßen waren voll gestopft mit Menschen, mit Marktbauern und Einwohnern von Vimmerby, alles durcheinander. Alfred in diesem Durcheinander zu treffen, das war nicht das Leichteste. Michel trabte herum und suchte einige Stunden lang und machte in der Zeit ziemlich viel Unfug, der aber nie in ein Schreibheft eingetragen wurde, weil keiner dahinter kam. Alfred aber fand er nicht.