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»Ich dachte, du hättest alle deine Nummern geändert«, sage ich verdutzt. »Ich dachte, du wolltest keine Anrufe von Jarek mehr entgegennehmen.« 

»Habe ich ja auch nicht«, sagt er bockig. »Zuerst. Aber er hatte so tolle Tickets für dieses Festival auf Bali, und da sind wir hingeflogen, und danach hatte er dann natürlich meine neue Handynummer, also ... «

»Danny! Du bist mit ihm auf ein Festival gegangen? Nachdem du ihn gefeuert hattest?« 

Danny sieht aus wie ein begossener Pudel.

»Okay. Ich hab's vermasselt. Wo ist Luke?« Mit Leidensmiene sieht er sich in der Kirche um. »Könnte Luke nicht mit ihm reden?«

»Ich habe keine Ahnung, wo Luke ist«, sage ich etwas schnippischer, als ich es meine. »Er ist im Hubschrauber auf dem Weg hierher.«

»Im Hubschrauber ... « Danny zieht die Augenbrauen hoch. »Ein echter Action Man. Klettert er denn auch am Seil herunter?«

»Nein.«  Ich rolle mit den Augen. »Sei nicht albern.« 

Obwohl, wenn ich es recht bedenke, tut er es vielleicht doch. Ich meine, wo wollen die sonst einen Landeplatz für ihren Hubschrauber finden?

Ich zücke mein Handy und schreibe Luke:

Bist du schon im Hubschrauber? Wo wollt ihr landen? Auf dem Dach?

»Oh, mein Gott. Hast du seine Lordschaft gesehen?« Danny wird von Tarquins Anblick abgelenkt. »Sei still, mein pochend Schritt!«

»Danny!« Ich boxe ihm in den Arm und sehe zu Reverend Parker hinüber, der glücklicherweise ein paar Schritte weitergegangen ist. »Wir sind hier in einer Kirche!«

Danny hat schon immer für Tarquin geschwärmt. Und fairerweise muss ich sagen, dass Tarquin heute ausnehmend gut aussieht. Er trägt ein weites, weißes Hemd mit schwarzen Hosen und einer schweren Militärjacke darüber. Sein dunkles Haar ist ganz vom Wind zerzaust, was eine echte Verbesserung seines normalen Unstils ist, und sein knochiges Frettchengesicht sieht im matten Licht der Kirche fast wie gemeißelt aus.

»Da sehe ich meine neue Kollektion, direkt vor meinen Augen.« Danny zieht irgendein altes Notizbuch hervor und fängt an, Tarquin zu skizzieren. »Englischer Lord trifft russischen Prinzen.«

»Er ist Schotte«, korrigiere ich.

»Noch besser. Dann lege ich noch einen Kilt drauf.«

»Danny!« Ich kichere leise, als ich einen Blick auf seine Skizze werfe. »SO was kannst du doch nicht in einer Kirche zeichnen!«

Dieses Bild von Tarquin ist nicht gerade treffend. Im Grunde ist es obszön. Obwohl ich einmal von Suzes Mum gehört habe, dass alle männlichen Cleath-Stuarts sehr gut ausgestattet sein sollen. Vielleicht ist es doch treffender, als mir bewusst ist.

»Und wo ist nun meine Patentochter?« Danny reißt die Seite heraus, faltet sie zusammen und beginnt die nächste Zeichnung.

»Sie ist irgendwo bei Mum ...« Ich sehe mich nach Minnie um und entdecke sie plötzlich etwa zehn Meter entfernt bei einer Gruppe von Mums Freundinnen. Oh, Gott, was macht sie jetzt schon wieder? Sie hat sich mindestens fünf Handtaschen über die Arme gehängt, reißt fest an der Schultertasche einer älteren Dame und schreit: »Meeeeiiin!«

»Wie niedlich!«, höre ich die Dame lachen. »Da hast du sie, Minnie, Liebchen.« Sie drapiert den Schultergurt um Minnies Hals, und Minnie taumelt los, hält entschlossen alle Taschen fest.

»Hübsche Balenciaga«, meint Danny. »Das perfekte Accessoire für die eigene Taufe.«

Ich nicke. »Deshalb habe ich sie ihr geliehen.«

»Und du hast dich für die Miu Miu entschieden, von der ich sicher weiß, dass du die schon ein Jahr hast, wohingegen die Balenciaga neu ist ... « Danny stößt einen melodramatischen Seufzer aus. »Ich kann mir kein schöneres Beispiel für mütterliche Liebe denken.«

« Schnauze!« Ich schubse ihn. »Mal weiter!«

Während ich ihm beim Skizzieren zusehe, kommt mir plötzlich ein Gedanke. Wenn Dannys nächste Kollektion tatsächlich auf Tarkies Look basieren soll, könnten sie sich doch vielleicht irgendwie zusammentun. Vielleicht könnten sie ein PR-Termin mit Shetland Shortbread machen! Ich bin ein echtes Geschäftsgenie! Luke wird so was von beeindruckt sein. Gerade will ich Suze meine tolle Idee unterbreiten, als Reverend Parkers Stimme laut wird.

»Wären vielleicht alle so nett, sich einen Platz zu suchen?« Er schiebt uns zu den Kirchenbänken. »Wir könnten dann anfangen.«

Anfangen? Schon?

Besorgt zupfe ich an seiner weißen Robe, als er vorüberraschelt. »Äh, Luke ist noch nicht da. Wenn wir es vielleicht noch etwas länger hinauszögern könnten ... «

»Meine Liebe, wir haben es bereits zwanzig Minuten hinausgezögert.« Reverend Parkers Lächeln wirkt ein wenig frostig. »Wenn Ihr Mann es nicht schaffen kann ...«

»Selbstverständlich kann er es schaffen!« Fast bin ich ein wenig verletzt. »Er ist unterwegs. Er wird schon kommen ...«

»Meeeeeeiiiiiinnnn!« Ein hohes, freudiges Quieken geht durch die Kirche, und ich erstarre vor Schreck. Mein Kopf fahrt zum Altar herum, und mein Magen scheint mir in die Kniekehlen zu sacken.

Minnie ist über das kleine Geländer geklettert, steht direkt vor dem Altar, stellt alle Handtaschen auf den Kopf und schüttet deren Inhalt aus. Hinter mir höre ich Mums Freundinnen japsen, als sie sehen, wie ihre Habe über den Boden kullert.

»Minnie!«, schreie ich und wetze den Mittelgang hinauf. »LASS DAS!«

»Meeiiin!« Fröhlich schüttelt sie eine Burberry-Schultertasche, und eine Kaskade von Münzen rieselt daraus hervor. Der ganze Altar liegt voller Taschen und Geld und Make-up-Döschen und Lippenstifte und Haarbürsten.

»Das soll hier deine Taufe werden!«, fauche ich in Minnies Ohr. »Du solltest dich von deiner besten Seite zeigen! Sonst kriegst du nie im Leben ein Geschwisterchen!«

Minnie zeigt keinerlei Reue, nicht einmal als Mums Freundinnen eintreffen, ihrer Empörung Ausdruck verleihen, missbilligend die Köpfe schütteln und ihre Taschen und das Geld einsammeln.

Positiv daran ist, dass das Chaos wenigstens den Ablauf hinauszögert. Dennoch treibt Reverend Parker bald schon alle in die Kirchenbänke.

»Wenn sich jetzt bitte alle setzen würden. Wir müssen wirklich anfangen ... « »Was ist mit Luke?«, flüstert Mum bedrückt, als sie Platz nimmt. »Er wird schon noch kommen«, sage ich und gebe mir Mühe, zuversichtlich zu klingen. Ich muss nur alles etwas in die Länge ziehen. Bestimmt gibt es reichlich Gebete und Ansprachen. Es wird schon klappen.

Okay. Ich werde an den Erzbischof von Canterbury schreiben. Meiner Meinung nach sind Taufen viel, viel zu kurz.

Wir sitzen alle in den vorderen Reihen der Kirche. Es gab ungefähr zwei Gebete und ein paar kurze Sprüche, dass man dem Bösen entsagen soll. Gemeinsam haben wir ein Lied gesungen, und Minnie hat die Zeit damit verbracht, zwei Liederbücher zu zerfetzen. (Anders war sie nicht ruhigzustellen. Ich werde der Kirche etwas Geld spenden.) Und dann plötzlich bittet uns Reverend Parker, uns um den Taufstein zu versammeln, und ich gerate in Panik.

Wir dürfen noch nicht mit dem Wasserspritzen anfangen. Ich werde nicht zulassen, dass Luke den großen Moment verpasst.

Weit und breit ist nichts von ihm zu sehen. Er antwortet auf keine meiner SMS. Ich hoffe nur, dass er sein Handy abgestellt hat, weil es die Hubschrauberinstrumente stören würde. Ich mache einen langen Hals und lausche, ob ich draußen etwas flattern höre.

»Minnie?« Reverend Parker lächelt sie an. »Bist du bereit?«