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Mir scheint, langsam verwandle ich mich in Jess. Ich habe sogar diese Schärfe in der Stimme. Aber, mal ehrlich! Wieso um alles in der Welt hat Janice schon Babykleidung gestrickt, bevor Jess und Tom auch nur verlobt waren?

»Ich muss mit Tom sprechen.« Es scheint, als hätte Janice einen plötzlichen Entschluss gefasst.« Er macht bei diesem dummen Plan nur mit, um es Jess recht zu machen. Bestimmt möchte er ein eigenes Kind, da bin ich mir ganz sicher. Bestimmt will er unsere Gene weitergeben. Weißt du, Martins Familie reicht bis zu Cromwell zurück. Er hat einen Stammbaum anlegen lassen.«

»Janice», setze ich an .« An deiner Stelle würde ich mich lieber nicht einmischen ... « »Guck mal!« Plötzlich fallt ihr Blick auf das Regal direkt vor ihrer Nase. »Gartenhandschuhe! Gepolstert. Für ein Pfund!«

Auf dem Heimweg von unserem kleinen Ausflug sind alle guter Dinge. Wir mussten uns für den Rückweg ein Taxi nehmen, weil wir zu viele Tüten zu tragen hatten -aber wir haben so viel Geld gespart, da müsste ein Taxi wohl drin sein, oder?

Janice hat nichts mehr über Babys oder Gene gesagt, holt jedoch allerlei Zeug aus ihren Taschen und führt es uns vor.

»Ein komplettes Dentalset mit Spiegel! Für ein Pfund!« Sie sieht sich im Taxi um, weil sie sichergehen möchte, dass wir alle ebenso sprachlos sind wie sie. »Ein Mini-Billardtisch! Für ein Pfund!«

Mum scheint den gesamten Vorrat an Tupperware aufgekauft zu haben, massenweise Küchenutensilien und große Schmortöpfe, mehrere Flaschen L'Oreal-Shampoo mit polnischer Aufschrift, ein paar Plastikblumen, eine große Schachtel mit Geburtstagskarten und einen echt coolen Mopp mit pink gestreiftem Stiel, den Minnie bestimmt toll findet.

Und ganz am Ende habe ich einen ganzen Schwung Holzbügel entdeckt. Drei für ein Pfund, was echt geschenkt ist. Überall sonst kosten die Dinger mindestens zwei Pfund das Stück. Also habe ich hundert gekauft.

Mit der Hilfe des Taxifahrers wanken wir ins Haus und stellen unsere Tüten in der Diele ab.

»Puh!«, sagt Mum. »Ich bin erschöpft nach all der harten Arbeit! Möchtest du ein Tässchen Tee, Liebes? Und eine von diesen Cognacbohnen ... ?« Sie fängt an, in einer der Pound-Shop Tüten herumzuwühlen, als Dad aus seinem Arbeitszimmer kommt. Einen Moment starrt er uns nur an, mit offenem Mund.

Vermutlich sehen siebzehn Einkaufstüten doch nach ziemlich viel aus. Vor allem, wenn sie unerwartet kommen.

»Was ist das?«, sagt er schließlich. »Was ist das alles?«

»Wir waren im Pound Shop«, sage ich fröhlich. »Es hat sich echt gelohnt!« »Jane ... « Dad blickt ungläubig von Tüte zu Tüte. »Wir wollten Geld sparen, falls du dich erinnerst.«

Mit roten Wangen blickt Mum von einer Tüte voller Lebensmittel auf. »Ich habe Geld gespart. Hast du nicht gehört? Wir waren im Pound Shop!«

»Habt ihr denn den ganzen Laden gekauft?« Dad betrachtet den Berg von Plastiktüten. »Habt ihr was übrig gelassen?« Oh-oh. Mum holt tief Luft, als wollte sie sagen: »Noch nie in meinem Leben bin ich so beleidigt worden!« 

» Wenn du es genau wissen willst, Graham, habe ich uns Shepherd's Pie in Dosen und Kekse aus dem Sonderangebot gekauft, da wir uns ja Ocado nicht mehr leisten können!« Sie schwenkt die Cognacbohnen vor seiner Nase. »Weißt du, wie viel die hier kosten? Fünf Päckchen für ein Pfund! Nennst du das etwa Geldverschwendung?«

»Jane, ich habe nie gesagt, dass wir uns Ocado nicht leisten können«, gibt Dad gereizt zurück. »Ich habe nur gesagt ... «

»Aber nächstes Mal gehe ich zum 99p-Shop, okay?« Ihre Stimme wird immer schriller. »Oder zum 10p-Shop! Wärst du dann zufrieden, Graham? Oder vielleicht möchtest du ja die Einkäufe erledigen. Vielleicht möchtest du ja mit dem knappen Haushaltsgeld jonglieren, um diese Familie zu ernähren und einzukleiden. «

»Zu ernähren und einzukleiden?«, erwidert Dad höhnisch. »Und wie willst du damit jemanden ernähren und kleiden?« Er greift sich den pink gestreiften Mopp.

»Jetzt können wir uns also nicht mal mehr Putzmittelleisten, ja?« Mum ist puterrot vor Zorn. »Jetzt können wir es uns schon nicht mehr leisten, den Boden zu wischen?«

»Wir könnten ihn mit dem Schrank voll Mopps wischen, die wir bereits haben!«, bricht es aus Dad hervor.« Wenn ich noch einmal ein nutzloses Putzgerät in diesem Haus sehe ..«

Oookay. Ich glaube, ich sollte mich mal still und leise aus dem Staub machen, bevor ich da mit reingezogen werde und beide sagen: »Becky ist ganz meiner Meinung, stimmt's nicht, Becky?« 

Außerdem kann ich es kaum erwarten, mir anzusehen, wie Kyla und Minnie miteinander auskommen.

Seit vollen zwei Stunden sind sie nun zusammen. Bestimmt hat Kyla schon einen positiven Einfluss auf Minnie genommen. Vielleicht hat sie schon mit Mandarin oder Französisch angefangen. Oder mit Stickereien!

Auf Zehenspitzen schleiche ich zur Küchentür, in der Hoffnung, Minnie ein Madrigal singen oder perfekt Un, deux, trois sagen zu hören, oder vielleicht rechnet sie mal kurz den Satz des Pythagoras durch. Stattdessen aber höre ich nur, wie Kyla sagt: »Minnie, komm! Jetzt komm schon!«

Sie klingt etwas erschöpft, was seltsam ist. Ich hatte gedacht, sie gehört zu diesen Broccoli-Saft-Leuten mit unerschöpflicher Energie.

»Hi!«, rufe ich und stoße die Tür auf. »Da bin ich wieder!« 

Ach, du Schande. Was ist denn hier los? Kyla sprüht gar nicht mehr vor Energie. Ihre Haare sind zerzaust, ihre Wangen gerötet, und sie hat Kartoffelbrei auf ihrem T-Shirt. Minnie dagegen sitzt auf ihrem Kinderstuhl, mit einem Teller vor sich, und sieht aus, als amüsiere sie sich königlich.

»Nun!«,  sage ich fröhlich. »Hattet ihr einen schönen Morgen?«

»Super!« Kyla lächelt, aber es ist so ein aufgesetztes Lächeln, das nicht bis zu den Augen dringt. In Wahrheit sagen ihre Augen: »Ich will hier weg, und zwar sofort!« 

Ich denke, ich werde sie einfach ignorieren. Ich tue so, als spräche ich die Sprache der Augen nicht. Und auch nicht die der geballten Fäuste hinterm Stuhl.

»Und haben Sie schon mit dem Sprachunterricht angefangen?«, sage ich ermutigend.

»Noch nicht.« Wieder lässt Kyla ihre Zähne blitzen. »Ehrlich gesagt, würde ich mich gern mal kurz mit Ihnen unterhalten, wenn es Ihnen recht ist.«

Am liebsten würde ich sagen: »Nein, leg endlich los mit Mandarin!«, die Tür hinter mir zuknallen und wegrennen. Aber es würde nicht gerade dafür sprechen, dass ich eine verantwortungsvolle Mutter bin, oder?

»Natürlich!« Mit gewinnendem Lächeln wende ich mich ihr zu. »Was ist denn los?«

»Mrs. Brandon.« Kyla spricht leiser, als sie näher kommt. »Minnie ist ein süßes, charmantes, intelligentes Kind. Aber wir hatten heute ein paar ... Probleme.« 

»Probleme?«, wiederhole ich unschuldig, nach einer winzig kleinen Pause. »Was für Probleme denn?«, »Es gab heute ein paar Momente, in denen Minnie ein wenig starrsinnig war. Ist das normal bei ihr?«

Ich kratze mich an der Nase, um Zeit zu schinden. Wenn ich zugebe, dass Minnie der starrsinnigste Mensch ist, dem ich je begegnet bin, ist Kyla aus dem Schneider. Sie soll Minnies Starrsinn heilen. Wieso hat sie es eigentlich noch nicht getan?

Und außerdem weiß jeder, dass man Kinder nicht abstempeln darf. Davon kriegen sie Komplexe.