»Hey, Bex.« Suze hat aufgehört zu schaukeln und mustert argwöhnisch meinen Oberkörper. »Ist das nicht mein Samt Top? Dieses eine, das ich dir geliehen habe, als wir zusammengezogen sind?« Sie steigt von der Schaukel. »Und das ich wiederhaben wollte und du aber gesagt hast, dass es dir aus Versehen ins Lagerfeuer gefallen ist?«
»Äh ... « Instinktiv trete ich einen Schritt zurück.
Die Geschichte kommt mir bekannt vor. Warum habe ich gesagt, es sei verbrannt? Ich kann mich nicht mehr erinnern. Es ist schon so lange her.
»Das ist es!« Sie sieht es sich genauer an. »Es ist dieses Monsoon-Top! Fenny hatte es mir geliehen, und ich hatte es dir geliehen, und du hast gesagt, du konntest es nicht finden, und dann hast du gesagt, es ist verbrannt! Weißt du eigentlich, wie mir Fenny deshalb die Hölle heiß gemacht hat?«
»Du kannst es wiederhaben«, sage ich eilig. »Tut mir leid.« »Jetzt will ich es nicht mehr wiederhaben.« Ungläubig mustert sie mich. »Wieso trägst du es überhaupt?«
»Weil es in meinem Schrank war«, sage ich verdrießlich. »Und ich habe versprochen, alles in meinem Schrank dreimal zu tragen, bevor ich wieder shoppen gehe.«
»Was?«Suze fehlen die Worte. »Aber ... wozu?«
»Das war, als die Bank pleiteging. Wir haben eine Vereinbarung getroffen. Luke kauft sich kein Auto, und ich kaufe mir keine neuen Sachen. Jedenfalls nicht bis Oktober.«
»Aber Bex!« Suze sieht richtig besorgt aus. »Ist das für dich nicht ungesund? Ich meine, ist es nicht ungesund, wenn man einfach so auf Totalentzug gesetzt wird? Ich hab das mal im Fernsehen gesehen. Die Leute fangen an zu zittern und kriegen Blackouts. Ist dir auch schon zitterig?«
»Ja!« Ich starre sie an, perplex. »Mir war richtig zitterig, als ich neulich bei Fenwick vorbeikam und die Ausverkauf hatten!«
Oh, mein Gott. Ich habe noch nie daran gedacht, dass ich meine Gesundheit gefährden könnte, wenn ich das Shoppen aufgebe. Sollte ich lieber mal zum Arzt gehen?
»Und was ist mit Lukes Party?« »Schscht! zische ich und sehe mich panisch im Garten um. »verplapper dich bloß nicht! Was soll damit sein?« »Willst du da nicht ein neues Kleid tragen?« sagt Suzes Mund lautlos.
»Selbstverständlich will ich ... « Ich stocke.
Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Ich darf mir für Lukes Party kein neues Kleid kaufen, oder? Nicht, solange der Deal noch gilt.
»Nein«, sage ich schließlich. »Ich darf nicht. Ich muss irgendwas aus meinem Schrank tragen. Ich habe es versprochen.«
Plötzlich fühle ich mich erschöpft. Ich meine, nicht, dass ich die Party nur gebe, damit ich ein neues Kleid anziehen kann. Aber trotzdem.
»Wie läuft es denn so mit der Party?« fragt Suze nach kurzer Pause. »Wirklich gut!« sage ich sofort und wische das Thema vom Tisch. »Alles bestens. Ich schicke dir eine Einladung, sobald sie fertig sind.«
« Gut! Und ... du brauchst keine Hilfe oder irgendwas?«
»Hilfe?«, sage ich etwas zu scharf. »Wozu sollte ich Hilfe brauchen? Ich habe alles im Griff.« Ich werde es ihr zeigen. Warte nur, bis sie meine Einkaufstüten-Troddeln sieht. »Ausgezeichnet! Ich freu mich drauf! Es wird bestimmt ganz toll.« Sie fängt wieder an zu schaukeln, weicht mir aus. Sie glaubt mir nicht, oder? Ich weiß, dass sie es nicht tut. Eben will ich schon mit ihr wetten, als mich ein Schrei ablenkt.
»Da sind sie! Da sind die Aasgeier!« Ein Mittfünfziger mit rotem Gesicht kommt aus dem Haus nebenan und gestikuliert in meine Richtung.
»Wer ist das?«, murmelt Suze.
»Keine Ahnung«, sage ich mit gedämpfter Stimme. »Wir haben die Nachbarn noch nicht kennengelernt. Der Makler meinte nur, da wohnt ein alter Mann. Und dass er krank ist und nie vor die Tür geht ... Kann ich Ihnen helfen?« Ich rufe zu ihm hinüber.
»Mir helfen?« Wütend funkelt er mich an. »Sie könnten mir helfen, indem Sie mir erklären, was Sie mit meinem Haus gemacht haben! Ich werde die Polizei rufen!«
Suze und ich tauschen misstrauische Blicke. Ziehe ich neben einem Irren ein? »Wir haben nichts mit Ihrem Haus gemacht!«, rufe ich zurück. Und wer hat dann meine Schlafzimmer gestohlen?«
Bitte?
Bevor ich antworten kann, kommt unser Makler in den Garten gelaufen. Er heißt Magnus, trägt Anzüge mit breiten Nadelstreifen und hat eine sehr tiefe, einfühlsame Stimme.
»Mrs. Brandon, ich kümmere mich darum. Gibt es ein Problem?«, sagt er. »Mister ... «
»Evans.« Der Mann tritt an Magnus heran, und sie unterhalten sich über den Gartenzaun hinweg, sodass ich nur Fetzen davon verstehen kann. Da zu diesen Fetzen jedoch auch verklagen, unglaublich und Verbrecher gehören, spitze ich die Ohren.
»Meinst du, dass vielleicht irgendwas nicht stimmt?«, sage ich besorgt zu Suze.
»Natürlich nicht!«, sagt sie sofort beschwichtigend. Wahrscheinlich ist es nur ein kleines Missverständnis unter Nachbarn. So etwas, das sich bei einem Tässchen Kaffee beilegen lässt. Vielleicht geht es um die ... Hecke!«, fügt sie hinzu, als Mr. Evans seine Faust vor Magnus schüttelt.
»Regt man sich denn wegen einer Hecke so auf?«, sage ich etwas verunsichert.
Das Gespräch wird lauter, und die Fetzen werden länger.
» ... nehme ich persönlich den Vorschlaghammer... den Teufel muss man vertreiben ... «
»Nun gut.« Magnus sieht aus wie der Tod, als er eilig über den Rasen zu uns herüberkommt.« Mrs. Brandon. Es hat sich ein kleines Problem hinsichtlich der Schlafräume Ihrer Immobilie ergeben. Nach Aussage Ihres Nachbarn wurden mehrere Räume ... widerrechtlich seinem Besitz entnommen.«
»Was?« Leeren Blickes starre ich ihn an.
»Er glaubt, jemand hätte die angrenzende Mauer durchbrachen und ... seine Schlafzimmer entwendet. Insgesamt drei, um genau zu sein.«
Suze stöhnt auf. »Es kam mir auch schon verdächtig geräumig vor!«
»Aber Sie haben uns gesagt, es hätte acht Schlafzimmer! Das stand in den Wohnungsunterlagen!«
»In der Tat.« Magnus wird zunehmend unwohl in seiner Haut. »Das Bauunternehmen hat uns mitgeteilt, dass es sich um ein Haus mit acht Schlafzimmern handelt, und wir hatten keinen Grund, daran zu zweifeln ... «
»Also sind die Bauleute einfach im ersten Stock nach nebenan durchgebrochen und haben drei Zimmer geklaut, und niemand hat es jemals nachgeprüft?“ Ungläubig starre ich ihn an.
Magnus wirkt immer bedrückter.
»Ich gehe davon aus, dass das Bauunternehmen sich die Genehmigung von der Behörde besorgt hat ...“
»Wie denn?« Mr. Evans ragt hinter der Hecke auf, will offensichtlich nicht mehr warten. »Indem sie Dokumente falschen und Beamte schmieren, so machen sie's! Ich komme aus den Staaten zurück und gehe nach oben, um mich aufs Ohr zu hauen, und was muss ich feststellen? Die Hälfte von meiner ersten Etage fehlt!«
»Wieso hat es denn keiner gemerkt?«, sagt Suze nüchtern. »Wie ist das denn überhaupt möglich?«
»Mein Vater ist taub und fast blind!« Mr. Evans wird immer wütender. »Seine Pfleger gehen ein und aus, aber was wissen die schon? Wehrlose ausnutzen, das ist es und nichts anderes!« Mittlerweile ist sein Gesicht fast lila, und seine gelben Augen funkeln so bedrohlich, dass mir ganz bange wird.