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»Es gab ein Missverständnis«, sage ich eilig. »Die bleiben nicht hier. Ich schicke sie so bald wie möglich zurück.« »Das sind acht. ... « Der Mann setzt den nächsten Karton ab. Ich sehe ihm an, dass er seinen Spaß hat. »Insgesamt sind es sechzehn«, sagt Dad. »Vielleicht können wir ein paar davon in der Garage unterstellen.«

»Aber die Garage ist voll!«, sagt Mum.

»Oder im Esszimmer ... «

»Nein.« Mum schüttelt heftig den Kopf. »Nein. Nein. Becky, jetzt reicht es aber wirklich. Hörst du mich? Es reicht! Wir können nicht noch mehr von deinem Zeug unterbringen!«

»Es ist doch nur für ein, zwei Tage ... «

»Das sagst du immer! Das hast du auch gesagt, als du hier eingezogen bist! Wir können nicht mehr! Wir kommen damit nicht mehr zurecht!« Sie klingt hysterisch.

»Es sind doch nur noch zwei Wochen, Jane.« Dad nimmt sie bei den Schultern. »Jetzt komm schon! Zwei Wochen. Wir schaffen das. Wir zählen die Tage, wie beim Countdown, ja? Ein Tag nach dem anderen. Okay?«

Es ist, als spräche er ihr während der Wehen Mut zu oder im Kriegsgefangenenlager. Wenn wir bleiben, ist das also wie in Kriegsgefangenschaft?

Plötzlich beutelt mich die Scham. Ich kann es Mum nicht länger zumuten. Wir müssen woandershin. Wir müssen ausziehen, bevor Mum total durchdreht.

»Es sind keine zwei Wochen mehr!«, sage ich hastig. »Es sind ... zwei Tage! Ich wollte es dir schon erzählen. Wir ziehen in zwei Tagen aus!«

»In zwei Tagen?«, wiederholt Luke ungläubig.

»Ja, in zwei Tagen!« Ich meide seinen Blick.

Zwei Tage müssten reichen, um zu packen. Und eine Mietwohnung zu finden. »Was?« Mum hebt ihren Kopf von Dads Brust. »Zwei Tage?« »Ja! Urplötzlich hat sich alles mit dem Haus geklärt, und wir ziehen aus. Ich wollte es dir schon erzählen.«

»Ihr zieht wirklich in zwei Tagen aus?«, stammelt Mum, als wenn sie es nicht glauben könnte. »Versprochen.« Ich nicke. »Halleluja«, sagt der Paketbote. »Wenn Sie vielleicht unterschreiben würden, Madam?« Plötzlich dreht er sich zu seinem Lieferwagen um. »He! Junges Fräulein!« Ich folge seinem Blick und stöhne auf. Scheiße. Minnie ist auf den Fahrersitz geklettert. »Auto!«, schreit sie begeistert, mit beiden Händen am Lenkrad. »Meeeiiinn Auto!«

»Entschuldigung!« Ich renne hinüber, um sie herauszuholen. »Minnie, was um alles in der Welt machst du ... « Ich halte mir den Mund zu.

Das ganze Lenkrad ist mit Honig vollgeschmiert. Honig und Krümel verzieren den Sitz und die Scheibe und den Ganghebel.

»Minnie!«, fauche ich böse. »Du unartiges Mädchen! Was hast du getan?« Plötzlich kommt mir ein schrecklicher Gedanke. »Wo ist dein Sandwich? Was hast du damit gemacht? Wohin hast du ... ?«

Mein Blick fällt auf das eingebaute Kassettendeck.

Oh ... auch das noch.

Der Fahrer war erstaunlich nett, angesichts der Tatsache, dass er gerade sechzehn Mäntel an jemanden ausgeliefert hatte, der sie nicht wollte und dessen Tochter ein Honigbrot in sein Kassettendeck geschoben hatte. Es dauerte etwa eine halbe Stunde, alles sauber zu machen, und wir haben ihm einen nagelneuen Ersatz versprochen.

Als der Lieferwagen auf die Straße einbiegt, gehen Mum und Dad in die Küche, um sich eine Tasse Tee zu machen, und Luke zerrt mich förmlich die Treppe hinauf.

»Zwei Tage?«, flüstert er. »Wir ziehen in zwei Tagen aus?«

»Wir müssen, Luke! Hör zu, ich hab alles schon geplant. Wir suchen uns eine Mietwohnung und sagen Mum, wir ziehen in das Haus ein, und alle sind zufrieden.«

Luke glotzt mich an, als hätte ich eine Schraube locker. »Aber sie wird uns besuchen wollen, Becky. Hast du das denn nicht bedacht?«

»Das lassen wir nicht zu! Wir schieben es so lange hinaus, bis das mit dem Haus geklärt ist. Wir sagen, wir wollen, dass vorher alles perfekt ist. Luke, wir haben keine Wahl«, füge ich hinzu. »Wenn wir hier noch länger bleiben, kriegt sie einen Nervenzusammenbruch.« 

Luke murmelt irgendetwas vor sich hin. Es klingt ein bisschen wie: »Demnächst kriege ich einen Nervenzusammenbruch.« 

»Hast du denn eine bessere Idee?«, erwidere ich, doch Luke schweigt . »Und was ist mit Minnie?«, sagt er schließlich . »Was soll mit Minnie sein? Die kommt natürlich mit!«

»Das meine ich nicht.« Er schnalzt mit der Zunge. »Ich meine, was wollen wir mit ihr machen? Ich gehe doch davon aus, dass du dir genauso große Sorgen machst wie ich, nach allem, was da eben vorgefallen ist, oder?«

»Das mit dem Honigbrot?«, sage ich erstaunt. »Komm schon, Luke, entspann dich! So was kommt vor. Alle Kinder machen ...«

»Du willst es einfach nicht sehen, Becky! Sie wird jeden Tag wilder. Ich glaube, wir müssen zu härteren Bandagen greifen. Meinst du nicht auch?« 

Härtere Bandagen? Was soll das denn heißen?

»Nein, meine ich nicht.«  Es läuft mir kalt über den Rücken. »Ich finde nicht, dass sie »härtere Bandagen« braucht, egal was du damit auch meinen magst.«

»Nun, aber ich.« Er sieht ernst aus und will mir nicht in die Augen sehen. »Ich werde ein paar Leute anrufen.« 

Was für Leute?

»Luke, Minnie ist kein schwieriger Fall«, füge ich an, und plötzlich fangt meine Stimme an zu beben. »Und wen willst du überhaupt anrufen? Du solltest niemanden anrufen, ohne es mir vorher zu erzählen!« 

»Du würdest nur sagen, dass ich es nicht tun soll!« Er klingt verzweifelt. »Becky, einer von uns beiden muss was unternehmen. Ich werde mich mit ein paar Kinderexperten in Verbindung setzen.« Er zückt seinen BlackBerry und wirft einen Blick darauf, und irgendwas in mir flippt aus.

»Was für Experten denn? Was meinst du damit?« Ich greife mir seinen BlackBerry. »Sag es mir!« »Gib den her!« Seine Stimme wird harsch, als er mir den BlackBerry aus der Hand reißt.

Erschrocken starre ich ihn an, und plötzlich pocht das Blut in meinen Wangen. Es war sein Ernst. Er wollte nicht, dass ich es sehe. Geht es um Minnie? Oder ... irgendwas anderes?

»Was soll die Geheimniskrämerei?«, sage ich schließlich. »Luke, was verbirgst du vor mir?«

»Nichts«, sagt er stur. »Es ist noch zu unausgegoren. Grobe Ideen für die Arbeit. Heikles Zeug. Ich möchte nicht, dass jemand es sieht.« 

Ja, genau. Sein Blick geht immer wieder zu seinem BlackBerry. Er lügt. Ich weiß es.

»Luke, du verheimlichst mir etwas.« Ich schlucke trocken. »Ich weiß es genau. Wir sind verheiratet! Wir sollten keine Geheimnisse voreinander haben!«

»Das musst du gerade sagen!« Er wirft den Kopf in den Nacken und lacht. »Meine Liebste, ich weiß nicht, ob es ums Shoppen oder um Schulden geht oder ob du wirklich Botox kriegst. .. aber irgendetwas geht hier vor sich, von dem ich nichts wissen soll. Oder?«

Mist.

»Nein, das stimmt nicht!«, sage ich entrüstet. »Echt nicht!«

Bitte lass ihn glauben, dass es ums Shoppen geht, bitte lass ihn glauben, dass es ums Shoppen geht ...

Es folgt eine betretene, kribbelige Pause, dann zuckt Luke mit den Schultern.

»Gut. Na, dann ... haben wir ja beide nichts zu verbergen.«

»Gut.« Ich hebe mein Kinn. »Abgemacht.« 

13

Kurz nach dem Aufstehen rufe ich am nächsten Morgen als Allererstes bei Bonnie an und hinterlasse ihr eine Nachricht. Sie soll mich dringend zurückrufen. Bestimmt kann sie mir sagen, was los ist. Unten, beim Frühstück, ist die Stimmung gespannt, und Luke sieht mich dauernd so komisch an, als wüsste er nicht, was er mit mir anfangen soll.