»Als Würdigung dieser Leistung«, sagt Trevor nun, »möchten wir uns bei Becky gern mit dieser kleinen Geste bedanken und sie fragen: »Wie um alles in der Welt haben Sie das gemacht?«
Zu meinem Erstaunen zaubert er unter dem Tisch einen Blumenstrauß hervor, reicht ihn mir herüber und fangt an, mir zu applaudieren, worauf alle mit einsteigen.
»Es dürfte wohl zweifelsfrei feststehen, wen wir nächsten Monat zur Mitarbeiterin des Jahres wählen«, fügt Trevor zwinkernd hinzu. »Glückwunsch, Becky.«
»Wow.« Vor lauter Freude laufe ich rot an. »Dankeschön.« Mitarbeiterin des Jahres! Das ist echt cool! Man kriegt fünf Riesen!
»Aber jetzt mal im Ernst.« Trevor lässt keine Sekunde verstreichen. »Wie haben Sie es geschafft, Becky? Können Sie das Geheimnis Ihres Erfolges erklären?«
Der Applaus verhallt. Alle am Tisch warten gespannt auf meine Antwort. Ich vergrabe mein Gesicht in den Blumen und rieche daran, spiele auf Zeit.
Die Sache ist ... ich bin mir nicht sicher, ob ich das Geheimnis meines Erfolges erklären möchte. Irgendetwas sagt mir, dass hier niemand Verständnis für die Auslieferung in Müllsäcken haben würde. Und selbst wenn doch, würden sie alle nur heikle Fragen stellen, wann wir damit angefangen haben und wer das genehmigt hat und wie sich das mit der Firmenpolitik verträgt ...
»Wer weiß?« Schließlich blicke ich lächelnd auf. »Vielleicht wollen meine Kundinnen nur die Wirtschaft stützen.«
»Aber wieso nur Ihre Abteilung?« Trevor wirkt frustriert. »Becky, wir möchten Ihre Methoden nutzen und sie auf alle Abteilungen übertragen, ob es nun an einem bestimmten Produkt liegt ... an einer speziellen Verkaufstechnik ... «
»Vielleicht liegt es am Layout der Abteilung«, schlägt ein junger Mann mit Brille vor.
»Ja, gute Idee!«, sage ich eilig.
Doch Brenda schüttelt den Kopf. Sie ist nicht auf den Kopf gefallen, unsere Brenda. Das ist das Problem.
»Meiner Meinung nach liegt der Schlüssel in der Kundenbetreuung«, sagt sie. »Offensichtlich drücken Sie irgendwie die richtigen Knöpfe. Dürfte ich Ihnen vielleicht mal ein paar Tage zusehen?«
Oh, mein Gott. Auf keinen Fall wollen wir, dass Brenda bei uns rumschleicht. Sie würde sofort merken, was wir treiben und es Trevor petzen.
»Lieber nicht«, sage ich hastig. »Jasmine und ich arbeiten sehr gut als Team zusammen... ohne noch jemanden. Ich fürchte, wenn wir an der Erfolgsformel herumdoktern, könnten wir das Gelingen gefährden.«
Ich sehe, wie sich das Wort »gefährden« in Trevors Hirn eingräbt.
»Nun, dann belassen wir es dabei«, sagt er gewichtig. »Machen Sie einfach weiter so. Gute Arbeit, Leute.« Er schiebt seinen Stuhl zurück und sieht mich an. »Danny und Becky, kommen Sie mit zum Lunch? Wir haben einen Tisch bei Gordon Ramsay reserviert, falls es Ihnen zusagt ... «
»Ja, gern!«, sage ich freudig.
Lunch bei Gordon Ramsay mit dem Geschäftsführer! Mitarbeiterin des Jahres! Ich bin so was von auf dem Weg in den Vorstand. Als Trevor einen Anruf entgegennimmt, rückt Danny seinen Stuhl zu mir herüber.
»Und wie läuft's mit der Party?«
»Schscht!«, fauche ich ihn an. »Nicht so laut!«
»Ich war nur letzte Woche gerade bei dieser Fashion-Fete in Shoreditch und musste an dich denken.« Er bietet mir ein Kaugummi an. »Ich weiß nicht, welche Security-Firma du engagieren willst, aber Fifteen Star Security sind wirklich fürchterlich. Diese Rausschmeißer waren total aggressiv und die Leute vom Parkservice das reine Chaos. Falls du die also engagiert hast, solltest du es dir vielleicht noch einmal überlegen.«
Einen Moment lang weiß ich nicht, was ich sagen soll. Rausschmeißer? Parkservice? An Rausschmeißer und Parkservice habe ich noch gar nicht gedacht. »Na, die Firma heuere ich schon mal bestimmt nicht an«, sage ich so überzeugend wie möglich.
»Cool.« Danny legt seine Füße auf einen Stuhl. »Wen dann?«
»Ich bin gerade ... äh ...dabei, mich um die Security zu kümmern.« Ganz ruhig. Keine Panik. Ich schreibe es einfach mit auf die Liste. Rausschmeißer und Parkservice engagieren.
»Die Gästetoiletten waren allerdings grandios«, fügt er begeistert hinzu. »Die waren in einem separaten Zelt untergebracht, und jeder bekam eine Fußmassage. Gibt es bei dir auch eine Fußmassage?«
Ich kann nicht sprechen. Das blanke Entsetzen hat mich gepackt.
Toiletten. Scheiße. Wie konnte ich die Toiletten vergessen?
Hatte ich gedacht, zweihundert Leute könnten Janices Klo benutzen? Heimlich schreibe ich mir mit einem Kuli Klos mieten auf die Hand.
»Selbstverständlich gibt es Fußmassagen.« Ich gebe mir Mühe, lässig zu klingen. »Und Handmassagen. Und ... Reiki.« Ich werde doch nicht zulassen, dass irgendeine blöde Fashion-Fete in Shoreditch meine Party übertrumpft. »Ausgezeichnet.« Seine Augen leuchten. »Und Luke hat keine Ahnung?«
»Nein. Aber sprich nicht so laut!«
»Na, das dürfte wohl kaum so bleiben. Noch hat niemand eine Überraschungsparty geschmissen, die auch wirklich eine Überraschung gewesen wäre ... « »Doch, wohl!«, erwidere ich genervt, aber Danny schüttelt nur den Kopf.
»Glaub mir, Becky. Irgendein Idiot verplappert sich immer. Hey, guck mal, was ich für meine Patentochter gemacht habe!« Er holt ein kleines Schottenkaro-T-Shirt hervor, auf dem mit pinken Buchstaben »Minnie ist spitze« steht.
Es ist doch immer dasselbe mit Danny. In dem Moment, in dem man ihm am liebsten eine reinhauen möchte, weil er dermaßen nervt, macht er irgendetwas total Süßes, und gleich verliebt man sich wieder in ihn. Ich kann ihn nur in den Arm nehmen und an mich drücken.
Aber, oh, Gott! Was ist, wenn er recht hat?
Als ich zu Hause ankomme, klingelt mein Handy, und endlich ruft Bonnie mich zurück. »Bonnie!« Ich verziehe mich in die Büsche. »Wie geht es Ihnen?« »Danke, es geht mir gut.« Bonnie klingt ein wenig angestrengt, gar nicht so wie sonst. »Alles ist gut.« Argwöhnisch betrachte ich mein Telefon. »Bonnie, was ist los? Sie klingen so bedrückt.«
„Na ja, wenn ich ehrlich sein soll ...« Bonnie seufzt. »Luke hat es gerade eben nicht gut aufgenommen, als ich sein Duschgel erwähnt habe. Leider wurde er doch recht ärgerlich.«
»Oh, das tut mir leid«, sage ich. „Machen Sie sich keine Gedanken. Es war den Versuch wert. Was tut sich bei Ihnen wegen der Party?«
»Wir hatten heute wieder viele Zusagen! Ich habe eine Akte mit Details und Sonderwünschen angelegt.«
»Mit Sonderwünschen?«, wiederhole ich verunsichert.
»Es gab Anfragen wegen vegetarischer Speisen, koscherer Speisen, weizenfreier Speisen ... Ich vermute doch, dass Ihr Partyservice sich darum kümmert, oder? Hinzu kommt, dass ein Gast einen Aufenthaltsbereich für seinen Fahrer benötigt, ein anderer einen Stillraum für sein Baby, ein Staatsminister würde gern seine Sicherheitsleute vorher reinschicken, um sich auf dem Gelände umzusehen ...«
»Klar! Kein Problem!«
Ich gebe mir Mühe, selbstbewusst und schaff-ich zu klingen, aber innerlich bin ich doch leicht deprimiert. Seit wann sind Geburtstagspartys dermaßen kompliziert?
»Becky?«
»Tschuldigung.« Ich zerre meine Gedanken zurück. »Bonnie, da ist noch was. Ich muss Sie etwas fragen.« Ich hole tief Luft. »verbirgt Luke etwas vor mir?«