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»Nein!« Betrübt blickt Minnie zu mir auf. »Nein wein!«

»Okay.« Plötzlich wird Lukes Stimme laut, und ich blicke auf und sehe ihn zu uns herüberkommen. »Ich hab's geregelt. Sie bringen uns unter ... « Er stutzt und sieht von einem zu anderen. »Was ist los? Was ist passiert?«

Mum sagt nichts, kneift nur den Mund zusammen.

»Nichts«, murmle ich trübsinnig. »Wir haben nur ... geredet.«

»Aha«, sagt Luke, offensichtlich verwirrt. »Na gut, ich habe eine Suite mit drei Zimmern im West Place ausgehandelt, bis sie uns ein neues Quartier besorgt haben.«

»Das West Place!« Janice wendet sich vom Schaufenster des Reisebüros ab. »Das war im Fernsehen! Weißt du noch, Martin? Dieses hübsche, neue Hotel mit dem Pool auf dem Dach? Mit den vielen Mosaiken?«

»Na ja, ich hab mich nicht abspeisen lassen.« Luke lässt ein Lächeln blitzen. »Wir können heute einziehen, und unsere Sachen werden eingelagert ... « Sein Satz verklingt mit der Spannung, die in der Luft liegt. »Und ... ist dir das recht? Becky?« 

»Mum sollte da wohnen.« Die Worte kommen aus meinem Mund, bevor ich sie noch richtig durchdacht habe. »Mum und Dad sollten da einziehen.« 

»O-kaaay ... «, sagt Luke zögernd. »Nun, das wäre sicher eine Möglichkeit ... «

»Wir haben Mum und Dad so lange auf der Pelle gehockt, und jetzt haben wir sie auch noch enttäuscht. Wir sollten ihnen das Luxusapartment überlassen ... «

Ich starre ins Leere. Ich bringe es nicht fertig, Mum anzusehen. Lukes Blick geht zwischen uns hin und her, sucht nach Anhaltspunkten. Ich sehe, dass Janice ihm lautlos etwas zu sagen versucht.

»Jane?«, sagt Luke schließlich. »Wäre dir das recht? Eine Weile im West Place zu wohnen?«

»Es wäre mir sehr recht«, sagt Mum mit abgehackter, unnatürlicher Stimme. »Danke, Luke. Ich rufe gleich Graham an und sage es ihm.«

Mich kann Mum offenbar auch nicht ansehen. Gut, dass wir nicht mehr zusammenwohnen müssen.

»Ich geh mit Minnie Schaufenster gucken«, sage ich und nehme Minnie bei der Hand. »Sag mir Bescheid, wenn wir zurückfahren können.«

Schließlich sind wir gegen vier wieder zu Hause. Mum und Dad sind vor uns zurückgefahren, haben ein paar Sachen eingepackt, und Luke hat sie in der Luxussuite untergebracht, die anscheinend ziemlich protzig ist. Nicht, dass ich etwas davon hören wollte.

Ich habe Minnie ihren Tee gemacht und Peppa Wutz angestellt, sitze am Kamin und starre trübsinnig in die Flammen, als Luke wieder auftaucht. Er kommt herein und betrachtet mich einen Moment.

»Becky, jetzt komm schon. Was ist los mit dir und deiner Mum?«

»Schscht!«, macht Minnie unwirsch und zeigt auf den Fernseher. »Peppa!«

»Nichts.« Ich wende mich ab.

»Irgendwas ist doch los«, sagt Luke und geht neben meinem Sessel in die Hocke. »So habe ich euch zwei noch nie erlebt.« Schweigend sehe ich ihn an, als sich die Antworten in meinem Kopf überschlagen.

Sie denkt, ich kann dir keine Party schmeißen. Sie denkt, es wird ein Reinfall. Und tief in meinem Inneren fürchte ich, dass sie vielleicht recht haben könnte.

»Nur so Mutter-Tochter-Zeug«, sage ich schließlich.

»Huuh!« Skeptisch zieht er eine Augenbraue hoch. »Na ja, ich bin froh, dass wir ein bisschen Zeit miteinander haben. Es gibt da etwas, worüber ich mit dir reden muss.«

Er zieht sich einen Stuhl heran und betrachtet ihn ein wenig besorgt.

»Du hattest recht, Becky«, sagt er freimütig. »Ich habe dir etwas verheimlicht. Und es tut mir leid. Aber ich wollte sicher sein, bevor ich etwas sage.«

Augenblicklich bessert sich meine Laune. Er will mir von Sage Seymour erzählen! Ja! Vielleicht treffen wir uns heute Abend! Vielleicht will er uns zum Essen ins Ivy oder so einladen! Ich weiß, dass sie momentan in den Pinewood Studios dreht, weil ich sie gegoogelt habe. (Nur weil ich Anteil an der Karriere meines Mannes nehme, wie es jede wohlmeinende Ehefrau tun würde.)

Oh, das würde mir diesen beschissenen Tag echt retten! Und ich könnte dieses Nanette-Lepore-Kleid tragen, das ich noch nie anhatte, mit meinen pinken Vivienne-Westwood Schuhen.

»Mach dir keine Gedanken, Luke.« Ich strahle ihn an. »Ich weiß, dass du diskret sein musst.«

Vielleicht bittet sie mich, ihre Einkaufsberaterin zu werden! Vielleicht hat Luke mich empfohlen! Ich könnte sie für die Golden Globes einkleiden. Ich meine, sie braucht doch jemanden, der darauf achtet, dass ihr Saum gerade sitzt ... »Ich habe kürzlich einen meiner Kontakte getroffen. Jemanden, der ... Prominente vertritt«. sagt Luke ganz langsam. »Tatsächlich?« Ich versuche, lässig zu klingen. »Was für Prominente denn?«

»Hast du zufällig schon mal gehört von ... «

Ob ich schon mal von ihr gehört habe? Ist er verrückt geworden? Du meine Güte, sie hat einen Oscar! Sie ist eine der berühmtesten Frauen auf der Welt! »Natürlich habe ich das!«, platze ich heraus, noch während er sagt:

» ... einer gewissen Nanny Sue?«

Einen Augenblick lang starren wir einander an.

»Nanny Sue?«, wiederhole ich schließlich .

»Offenbar ist sie Expertin für Kindererziehung.« Luke zuckt mit den Schultern. »Hat eine Fernsehsendung. Ich hatte noch nie von ihr gehört.«

Ich bin so frustriert, dass ich ihm eine kleben könnte. Erstens: Selbstverständlich habe ich schon von Nanny Sue gehört, und er kennt sie nur nicht, weil er nicht genug fernsieht. Zweitens: Wieso reden wir über sie und nicht über Sage Seymour?

»Ja, hab ich«, sage ich mürrisch. »Ich habe ihr Buch gelesen. Was ist mit ihr?«

»Anscheinend will sie ein neues Unternehmen starten. So was wie ... « Er zögert, kann mir nicht in die Augen sehen. »Ein Camp für kindliches Verhaltenstraining. «

Das kann nicht sein Ernst sein.

»Du willst Minnie in ein Boot Camp schicken?« Fast bleiben mir die Worte im Hals stecken. »Aber ... aber ... das ist doch lächerlich! Sie ist erst zwei! Die würden sie doch gar nicht aufnehmen!«

»Offensichtlich machen sie auch Ausnahmen.« Meine Gedanken purzeln vor Entsetzen nur so durcheinander. Da saß ich eben noch glücklich vor dem Kamin und dachte, er wollte mir erzählen, dass wir heute Abend mit einem Filmstar Cocktails trinken. Und stattdessen sagt er mir, er will unsere Tochter wegschicken?

»Ist das ... « Ich schlucke. » Wie ein Internat?« 

Mir wird ganz flau bei dem Gedanken. Er will sie in ein Internat für aufsässige Kinder schicken. Plötzlich sehe ich Minnie vor mir, im Schulblazer, mit eingezogenem Kopf, wie sie in der Ecke sitzt und ein Schild hält, auf dem steht: »Ich soll nicht sechzehn Mäntel im Internet bestellen.« 

»Natürlich nicht!« Luke sieht schockiert aus. »Es soll nur ein Programm für Kinder mit bestimmten Verhaltensauffälligkeiten werden. Und es ist nur eine Idee.« Er reibt an seinem Nacken herum und kann mich immer noch nicht ansehen. »Ich habe schon mit dieser Nanny Sue gesprochen, und sie macht einen sehr verständnisvollen Eindruck. Sie würde herkommen und sich Minnie mal ansehen, wenn wir wollen, und uns dann etwas empfehlen. Also habe ich einen Termin ausgemacht.« 

»Du hast was?« Ich kann es nicht glauben. »Du hast schon mit ihr gesprochen?« 

»Ich habe mich nur erkundigt, welche Möglichkeiten es gibt.« Endlich sieht Luke mir in die Augen. »Becky, mir gefällt die Vorstellung genauso wenig wie dir. Aber wir müssen irgendwas tun.«

Nein, müssen wir nicht! Am liebsten möchte ich ihn anschreien. Und ganz bestimmt müssen wir keine Fremden zu uns ins Haus einladen, damit sie uns sagen, was wir tun sollen!