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« Ich weiß nicht, ob Sie mitbekommen haben, dass Luke sich um einen Termin bei Christian Scott-Hughes bemüht ... ? Er ist die rechte Hand von ...« 

» ... Sir Bernard Cross«, stimme ich mit ein. »Ja, er spricht von nichts anderem mehr.«  »Nun, sie haben sich auf einen Termin geeinigt. Den einzigen Termin, an dem Christian kann. Und es ist der 7. April.« Ich spüre einen kleinen Stich. »Um wie viel Uhr?« 

»Mittags.«

Ich atme erleichtert aus. »Na, das müsste noch klappen ... «

»In Paris.«

»Paris?« Entsetzt starre ich mein Handy an.

»Sie wollen über Nacht bleiben. Luke hat mich gebeten, entsprechende Flüge und ein Hotel zu buchen.« Nein. Nein. Ich traue meinen Ohren nicht. »Er darf nicht nach Paris fliegen! Sagen Sie ihm, sein Terminkalender ist voll! Oder rufen Sie Christian Scott-Hughes' Büro an, und sagen Sie denen ...«

»Becky, Sie verstehen nicht.« Bonnie klingt so gestresst, wie ich mich fühle. »Christian Scott-Hughes ist ein vielbeschäftigter Mann. Allein diesen Termin zu bekommen war ein Riesenglück. Wenn wir ihn verlegen, wird es noch mal mehrere Monate dauern. Das kann ich nicht machen ...«

»Und was ist mit der Schulung, die Sie sich ausgedacht hatten?« »Luke wird nicht daran teilnehmen. Er sagt, sie sei nicht wichtig genug.«

Leeren Blickes starre ich ein in Gold gerahmtes Gemälde von einem Mädchen mit rotem Hut an. Meine Gedanken rasen. Luke kann am Tag der Party unmöglich nach Paris fliegen. Es darf einfach nicht sein.

»Sie müssen einen neuen Termin finden«, sage ich verzweifelt. »Denken Sie sich was aus! Egal was!«

»Ich habe es ja versucht!« Bonnie klingt, als wäre sie mit ihrer Weisheit am Ende. »Glauben Sie mir, ich habe alles versucht! Ich habe angedeutet, dass er dringend an der Schulung teilnehmen sollte, ich habe einen Business-Lunch erfunden ... Ich habe ihn sogar daran erinnert, dass es sein Geburtstag ist. Da hat er nur gelacht. Er will nicht auf mich hören. Becky ...« Sie atmet ernüchtert aus. »Ich weiß, Sie wollten ihn überraschen. Aber ich fürchte, Sie werden ihm die Wahrheit sagen müssen.«

»Nein!« Fassungslos starre ich das Telefon an.

»Aber es ist die einzige Möglichkeit ...« »Ist es nicht!«

»Liebes, ist denn die Überraschung wirklich so entscheidend?«

»Ja!«, heule ich auf. Plötzlich bin ich den Tränen nah. »Ist sie!« Ich weiß, dass sie mich für überspannt und unvernünftig hält. Und vielleicht bin ich das auch. Aber ich werde jetzt nicht aufgeben.

Als ich auflege, zittere ich. Es ist, als hätte die Spannung noch mal um fünfzig Prozent angezogen, und ich kriege kaum noch Luft. Ohne zu merken, was ich tue, kehre ich zum Sofa zurück, nehme mir ein winziges Rosinenbrötchen und stopfe es mir in den Mund. Dann noch eins. Vielleicht hilft mir der Zucker beim Denken.

Wie kann ich verhindern, dass Luke nach Paris fliegt? Seinen Ausweis verstecken? Ihn kidnappen? Irgendeine brillante, wasserdichte Ausrede finden, die ihn zurückhält?

Plötzlich merke ich, dass Elinor gar nicht mehr nach Puzzleteilchen greift und ihr eisiger Blick auf mir ruht. Falls sie mir erzählen will, dass meine Schuhe zerkratzt sind, werde ich ihr dieses Brötchen an den Kopf werfen, aber echt.

»Rebecca, geht es dir auch gut? Hast du dich erschrocken?« 

Unweigerlich mache ich den Mund auf und will sagen: »Keine Sorge, es geht schon.«  Aber dann ... Ich bring es einfach nicht fertig. Ich bin nicht stark genug, die glückliche Fassade aufrechtzuerhalten. Nicht vor jemandem, der mir nichts bedeutet.

»Ehrlich gesagt ging es mir schon besser.« Mit zitternder Hand schenke ich mir eine Tasse Tee ein, verrühre drei Stück Zucker und kleckere herum.

»Möchtest du einen Brandy? Oder einen kräftigen Cocktail?«

Argwöhnisch sehe ich sie an. Elinor? Bietet sie mir wirklich einen Cocktail an? Oder war das nur wieder eine ihrer spitzen Bemerkungen?

Nein. Ihre Miene lässt nicht auf Letzteres schließen. Ich glaube, es war ihr Ernst. Was soll ich sagen? Das war der beste Vorschlag, den mir seit langem irgendwer gemacht hat.

»Ja, bitte«, sage ich nach einer kleinen Pause. »Ich hätte gern einen kräftigen Cocktail.« 

Elinor reicht mir die Getränkekarte für den Zimmerservice, und ich bestelle mir einen Apple Martini, der gefühlte Nanosekunden später eintrifft. Dankbar trinke ich davon, und der Alkohol geht mir sofort ins Blut. Ich fühle mich gleich ein bisschen besser. Als ich ihn halb ausgetrunken habe, höre ich auf zu zittern. Oh, Gott, davon könnte ich drei vertragen.

Nach wie vor legt Elinor ganz ruhig die Puzzleteilchen aneinander, als sei überhaupt nichts los. Nach einer Weile jedoch blickt sie gleichmütig auf und sagt:

»Hast du eine schlechte Nachricht bekommen?« 

»So ungefähr.« Ich nehme noch einen Schluck Apple Martini. Hier in diesem Zimmer zu sitzen hat etwas Hypnotisches. Es fühlt sich an, als befände ich mich weit abseits der realen Welt, wie in einer Luftblase. Niemand weiß, dass ich hier bin. Es ist, als gäbe es das alles gar nicht wirklich.

Und plötzlich überkommt mich ein unwiderstehlicher Drang, mir alles von der Seele zu reden. Ich meine, wenn ich es Elinor erzähle -wem könnte sie es verraten? Niemandem.

»Ich bin dabei, eine Party für Lukes Geburtstag zu organisieren.« Ich rühre meinen Apple Martini um. »Eine große Überraschungsparty. In zwei Wochen.«

Elinor zuckt mit keiner Wimper, auch wenn es nicht leicht zu verkraften sein dürfte, dass der eigene Sohn eine Überraschungsparty feiert, von der man nichts weiß und zu der man obendrein nicht eingeladen ist.

»Ich konnte dich nicht einladen«,« füge ich schroff hinzu. »Du weißt, dass es nicht ging.«  Selbst wenn ich es gewollt hätte, füge ich nicht hinzu.

Elinor bewegt ihren Kopf einen Millimeter, ohne zu antworten, und ich rede weiter.

»Es gab schon richtig viele Pannen.« Ich kratze mich im Gesicht. »Ich meine, ich war so schon ziemlich fertig. Aber jetzt habe ich erfahren, dass Luke ein Treffen mit einem gewissen Christian Scott-Hughes vereinbart hat, genau an dem Tag, an dem die Party stattfinden soll. Und wir können ihn nicht dazu bewegen, den Termin zu verlegen. Er will diesen Christian Scott-Hughes schon seit Ewigkeiten sprechen. Seine Sekretärin weiß nicht, was sie machen soll, und ich auch nicht. Entweder klaue ich ihm den Ausweis und er wird toben vor Wut, oder wir verlegen die ganze Party irgendwie nach Paris, oder ich gebe einfach auf und sage ihm die Wahrheit ... «

Mein Satz versandet in Trübseligkeit. Ich möchte es Luke so, so, so gern verschweigen. Aber ich habe das schreckliche Gefühl, dass mir nicht viel anderes übrig bleibt, als mit der Wahrheit herauszurücken .

»Die ganze Zeit habe ich es geheim gehalten.« Ich knabbere an der martinigetränkten Apfelscheibe. »Luke hat keine Ahnung, was ich vorhabe. Ich bringe es einfach nicht übers Herz, die Überraschung zu verderben. Aber was soll ich sonst machen?«

Es klopft an der Tür, und ein Kellner kommt schweigend mit einem Apple Martini herein. Er nimmt mein leeres Glas, ersetzt es durch das volle und schwebt wieder hinaus.

Ich glotze ihn an. Läuft das hier immer so? Oder liegt es an Elinor?

»Meinst du den Christian Scott-Hughes, der für Bernard Cross arbeitet?«, erkundigt sich Elinor, die kein Wort über den zweiten Apple Martini verloren hat.

»Genau. Luke möchte für irgendeinen Umweltkunden dringend Kontakt zu Bernard Cross aufnehmen.«

Ich nehme einen Schluck von meinem neuen Cocktail, der genauso lecker wie der erste ist, dann blicke ich auf, um nachzusehen, ob Elinor Mitgefühl zeigt. Jemand Normales hätte längst »Du Ärmste!«, gesagt oder mich sogar in den Arm genommen, doch ihre Miene ist so starr und steif wie immer.