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»Ich kenne Bernard«, sagt sie schließlich »Ich habe ihn in St. Trapez auf seiner Jacht kennengelernt. Ein charmanter Mensch.«

Super. Typisch. Hier sitze ich und vertraue ihr meine Probleme an, und ihr fällt nichts anderes ein, als mit ihren hochtrabenden gesellschaftlichen Kontakten zu prahlen. Und außerdem, weiß Elinor eigentlich, was das Wort »charmant« bedeutet? Vielleicht verwechselt sie es mit »reich«. Das würde einiges erklären.

»Ich zweifle nicht daran, dass du ihn kennst«, sage ich knapp. »Herzlichen Glückwunsch.« Ich weiß, ich bin rüde, aber das ist mir egal. Meint sie, es interessiert mich, auf weIcher blöden Jacht sie war? Ich fische das Apfelscheibchen aus dem zweiten Martini und stopfe es mir in den Mund, wenn auch leider nicht, bevor Minnie es entdeckt hat.

»Apfel! Meeeiiiin Apfel!« Sie versucht, mir in den Mund zu greifen, um es wieder herauszuholen.

»Nein, Minnie«, presse ich hervor und nehme ihre grabschenden Finger von meinem Mund. »Nicht dein Apfel. Es war ein Apfel für Erwachsene, und jetzt ist er weg.«

»Mein Saft!« Jetzt konzentriert sie sich auf den Cocktail. »Meeeiiin Saft. .. «

»Ich könnte mit Bernard sprechen.« Elinors ruhige Stimme dringt an mein Ohr. »Ich könnte ihm die Situation erklären und dafür sorgen, dass der Termin verlegt wird. Luke würde nie erfahren, wer dahintersteht. «

Verdutzt sehe ich Elinor in die Augen. Sie wirkt so distanziert. Ich kann kaum glauben, dass ich richtig gehört haben soll. Bietet sie mir tatsächlich ihre Hilfe an? Könnte sie mein Problem lösen? So einfach?

Irgendetwas keimt in meinem Bauch. Es fühlt sich an wie Hoffnung.

Aber ich weiß schon jetzt, dass ich sie dämpfen muss. Ich darf nicht mal dran denken. Und hoffen schon mal gar nicht ... Ich meine, wir reden hier von Elinor. Elinor. Luke würde mich umbringen, wenn er wüsste, dass Minnie und ich hier sind, dass ich Informationen über sein Geschäft preisgebe, dass ich ihre Hilfe annehme ...

»Nein. Du kannst mir nicht helfen. Tut mir leid, das geht einfach nicht. Wenn Luke raus finden würde, dass ich mit dir gesprochen habe ...« Eine altbekannte Sorge bricht über mich herein, und ich stehe auf und stelle meinen Cocktail weg. »Ich war schon viel zu lange hier. Wir müssen gehen. Minnie, sag: »Byebye, Lady.«

»Ladyyyyyy!« Minnie klammert sich an Elinors Beine.

»Und was willst du jetzt tun?«

Sie betrachtet mich mit so etwas Ähnlichem wie leidenschaftslosem Interesse, als wäre ich eins von ihren Puzzles und sie möchte wissen, wie es aussieht, wenn es fertig ist. »Ich weiß nicht«, sage ich ohne Hoffnung. »Ich muss mir irgendwas einfallen lassen.« 

Als ich nach Hause komme, ist keiner da, und auf dem Tisch liegt ein Zettel mit Janices Schrift. Nanny Sues Sekretärin hat angerufen. Bitte anrufen, um Termin wegen Minnie abzumachen.

Reflexartig knülle ich den Zettel zusammen und werfe ihn in den Mülleimer, dann mache ich mir einen Becher Tee und versuche, nicht den Mut zu verlieren. Komm schon, Becky. Denk positiv. Ich darf nicht zulassen, dass mich meine Probleme unterkriegen. Ich muss mir einfach eine Lösung überlegen.

Doch obwohl ich reichlich Zucker in meinen Becher gebe und mich mit Stift und Papier hinsetze, fällt mir nichts ein. Ich fühle mich schachmatt und hohl und leer. Gerade überlege ich, ob ich mir noch einen Cocktail zur Beruhigung mixen soll, als es an der Haustür klingelt. Überrascht laufe ich durch die Diele und sehe draußen einen weißhaarigen, alten Mann im Overall stehen. Seine Hände sind schmutzig, er hat noch ungefähr drei Zähne, und hinter ihm, in der Auffahrt, steht ein Pritschenwagen.

»Zelt?«, sagt er ohne Vorrede.

Einen Moment lang starre ich ihn unsicher an.

»Fräulein?« Er winkt mit der Hand vor meinem Gesicht. »Wollen Sie ein Zelt haben?«  »Ja!« Ich komme zu mir. »Ja, bitte!« 

Endlich mal eine gute Nachricht. Das ist ein Zeichen! Alles wird gut. Ich bin jetzt schon ganz aufgeregt, wenn ich mir vorstelle, wie in Janices Garten ein Festzelt flattert.

»Und Sie kommen von Cliffs Firma?«, sage ich, als er schon dabei ist, die Plane an seinem Laster zu lösen. « Er lässt sich entschuldigen. Plötzlich mussten alle zu einem Notfall nach Somerset. Der helle Wahnsinn.«

»Ich dachte, es ist derzeit nicht viellos«, sage ich überrascht.

»Es gab ein paar Absagen.« Er nickt. »Aber manchmal überlegen es sich die Leute anders, oder? Passiert andauernd. Die meisten Zelte sind unten in Cornwall, aber Cliff meint, das hier können Sie haben.«

Mit Schwung wirft er einen Haufen weißer Plane in die Auffahrt. Etwas verunsichert sehe ich sie mir an. Das Ding ist nicht ganz so groß, wie ich erwartet hatte.

»Ist das ein Festzeit?«

»Pavillon, oder? Ist auf der einen Seite ein bisschen feucht geworden, aber wenn man da mit Putzmittel rangeht, lässt es sich abschrubben.« Schon sitzt er wieder hinter seinem Lenkrad und lässt den Motor an. »Viel Spaß damit.«

»Warten Sie!«, rufe ich. »Wo gebe ich es zurück?«

Das scheint den Mann zu amüsieren.

»Nein, keine Sorge. Das brauchen wir nicht zurück.«

Der Laster setzt aus der Auffahrt zurück, und ich tue einen zögernden Schritt auf die weiße Plane zu. Vielleicht ist sie größer, als sie aussieht. »Decke!« Minnie kommt hinter mir aus dem Haus gerannt, springt auf die Plane und fangt an, darauf herumzuhüpfen. ,)Das ist keine Decke! Es ist ein ... ein Zelt. Komm runter da, Süße. Sehen wir es uns mal an.«

Vorsichtig hebe ich eine der Lagen hoch und stutze. Darunter ist alles verschimmelt. Ich hebe noch eine Lage an ... und da ist ein riesengroßer Riss.

Mir wird ein bisschen schwindlig. Ich werde Stunden brauchen, um das Ding sauber zu kriegen und den Riss zu flicken.

Und es ist nicht mal ein richtiges Zelt. Es ist winzig. Wie sollen da zweihundert Leute reinpassen? Mein ganzer Körper pulsiert vor unterdrückter Panik. Aber ich habe keine Wahl. Entweder das hier oder gar nichts.

»Okay!«, sage ich so fröhlich, wie ich kann, zu Minnie. »Also ... Mami muss das hier putzen, nicht? Finger weg!« Ich reiße ihre Hand vom grünen Schimmel weg.

»Mammelade!«, heult sie enttäuscht. »Meeeiiiin!«

»Das ist keine Marmelade. Das ist igitt!«

Unter der Spüle finde ich Gummihandschuhe, Scheuermittel und eine Bürste, und nachdem ich Minnie vor dem Fernseher geparkt habe, fange ich an zu schrubben. Ich dachte, das Mittel würde den grünen Dreck direkt abwaschen wie in der Fernsehwerbung. Tut es aber nicht. Der Schimmel klebt an der Plane und ist an manchen Stellen mit Schlamm verkrustet. Das Ding lag bestimmt seit Jahren so herum. Zehn Minuten intensives Schrubben sind nötig, um etwa dreißig Quadratzentimeter Kruste abzuschrubben. Erschöpft hocke ich da.

Ich kann unmöglich das ganze Ding putzen.

Aber ich muss. Was anderes kann ich mir nicht leisten.

Ich schrubbe noch zehn Minuten weiter, dann werfe ich meine Bürste in das Wasser mit dem Scheuermittel, das inzwischen schwarz vor Dreck ist. Mein Rücken tut weh. Mein Kopf pocht. Als ich da so sitze und mir die Haare aus dem heißen Gesicht wische, fühle ich mich ganz hohl vor Angst. Zum ersten Mal wird mir bewusst, wie absolut hoffnungslos und ausweglos meine Lage ist. Wieso habe ich eigentlich geglaubt, ich könnte so eine Riesenparty schmeißen, ganz allein? Sie ist einfach zu riesig.