»Elinor ...« Ich verziehe mein Gesicht. »Das ist nett von dir. Wirklich. Aber -wie gesagt -es hat keinen Sinn. Selbst wenn Luke nicht nach Paris fliegt, kriege ich diese Party nicht rechtzeitig zusammen.« Ich hebe einen schimmligen Lappen Zeltplane hoch und lasse ihn fallen. »Erwartest du, dass ich in diesem Ding zweihundert Leute bewirte?«
»Dann gibst du also einfach auf?«
Ihr Ton versetzt mir einen Stich. Was geht sie das an? Es ist nicht ihre Party. Sie ist nicht mal eingeladen. »Scheint so.« Ich zucke mit den Schultern. »Ja. Tu ich.« »Das finde ich bestürzend.« Mit steinernem Blick sieht sie mich an. »Ich kann mich nicht erinnern, dass du schon einmal bei irgendeinem Vorhaben aufgegeben hättest. Du warst unüberlegt, ja. Ungeschliffen, ja. Impulsiv, ja. Töricht, ja.«
Will sie mich mit so was aufbauen?
»Okay, danke«, unterbreche ich sie. »Hab schon verstanden.«
»Aber du warst immer unerschütterlich«, fahrt Elinor fort, als hätte ich gar nichts gesagt. »Stets hast du dich geweigert aufzugeben, egal welche Hindernisse sich dir in den Weg stellten. Das habe ich an dir immer bewundert.«
Sie hat mich immer bewundert? Verarschen kann ich mich auch alleine.
»Na, vielleicht sind die Hindernisse diesmal einfach zu groß, okay?«, sage ich müde. »Vielleicht bin ich einfach nicht Supergirl.«
»Wenn der entsprechende Wille da ist, lässt sich mit genügend Ressourcen alles erreichen.«
»Ja, aber das ist doch der Punkt!«, bricht der Frust aus mir hervor. »Begreifst du nicht? Ich bin meinen Job los! Alle meine Kreditkarten sind ausgereizt! Ich habe keine verdammten ... «
»Ich habe Ressourcen«, fällt Elinor mir ins Wort.
Verunsichert starre ich sie einen Augenblick an. Will sie sagen ... sie kann doch nicht ...
»Ich habe Ressourcen«, wiederholt sie. »Wir könnten ... es gemeinsam machen.«
Oh, mein Gott.
Gemeinsam? Will sie etwa als Co-Gastgeberin mit an Bord kommen? »Elinor ... « Die Idee ist dermaßen absurd, dass ich fast lachen möchte. »Das kann nicht dein Ernst sein. Luke wäre ... er würde ... «
»Luke müsste nichts davon wissen. Luke würde es nie erfahren.« Sie klingt so resolut, dass ich sie verdutzt anstarre. Sie meint es ernst, oder?
»Mami!« Minnie kommt aus dem Haus gewetzt, dann bleibt sie staunend stehen. »Ladyyyyy!« Begeistert stürzt sie sich auf Elinor.
»Elinor ...« Ich reibe an meiner Stirn herum. »Du kannst nicht so einfach ... Weißt du eigentlich, was du bei Luke angerichtet hast? Wie er reagieren würde, wenn ... «
»Ich weiß. Deshalb bitte ich dich um diese Chance.« Ihr Gesicht ist so steinern wie eh und je, aber plötzlich bemerke ich dieses winzige Zucken neben ihrem Auge, das mir schon einmal aufgefallen ist.
Es sei denn, es läge nur an der Dämmerung.
»Ich kann Luke unmöglich etwas schenken.« Aus ihrer Stimme spricht kein Selbstmitleid. »Er hat mich aus seinem Leben verbannt. Er misstraut mir. Alles, was ich ihm schenken würde, käme postwendend zurück. Wenn du mein Angebot annimmst, gibst du mir damit die Möglichkeit, Luke ein Geschenk zu machen, ohne dafür etwas zu verlangen.« Elinor macht eine Pause. »Ein Geschenk ... wie seine richtige Mutter es ihm gemacht hätte.«
Bitte? Hat sie Annabel eben seine richtige Mutter genannt?
Ich schlucke -mehrmals. Das wird mir hier alles zu heftig. Ich weiß nicht, ob ich das kann. Es war einfacher, als Elinor nur die böse Schwiegermutter war, die wir nie zu sehen kriegten.
»Wenn du mein Angebot ausschlägst«, fügt sie hinzu, nüchtern wie immer, »dann verwehrst du mir dieses Privileg.« »Puzzle?« Zuversichtlich langt Minnie in Elinors Handtasche. »Puzzle?«
»Hier, für dich, Minnie.« Elinor greift in ihre 'Tasche, holt eines der Puzzles hervor, die sie im Ritz hatte, und reicht es Minnie. Dann sieht sie mir direkt in die Augen »Bitte.«
Meine Gedanken fliegen hin und her wie eine Flipperkugel. » Ich kann nicht ... ich darf nicht ... ich könnte ... «
Luke würde es nie erfahren ...
Nein, ich kann nicht ...
Aber wir müssten nicht alles absagen ... Luke bekäme seine Party ...
»Vielleicht brauchst du noch etwas Zeit, um darüber nachzudenken«, sagt Elinor, und ich blicke auf und betrachte sie, als sähe ich sie zum ersten Mal. Wie sie da steht, mit ihrer teuren Tasche, die Hände in Handschuhen, das Haar weht leicht im Wind. Sie sieht blass und alt und kraftlos aus. Und beinah ... demütig.
Das ist das Verrückteste von allem. Elinor Sherman, die herablassendste, hochnäsigste Frau auf der ganzen Welt, hat mich weder getadelt noch herumkommandiert noch hat sie mir einen Vortrag gehalten. Sie hat mich um etwas gebeten. Und jetzt wartet sie lammfromm auf eine Antwort.
Oder zumindest so lammfromm, wie man sein kann, wenn man von Kopf bis Fuß in Chanel gewandet ist und der Chauffeur wartet.
»Okay«, sage ich langsam und schenke ihr ein Lächeln. »Okay, Elinor. Du bist dabei.«
»Danke.« Elinor zögert. »Rebecca, ich möchte dir noch etwas anderes sagen. Ich weiß, du bist entschlossen, diese Party selbst auszurichten. Ich weiß, du bist stolz auf deine Unabhängigkeit. Du solltest jedoch nicht die Freude unterschätzen, die es anderen bereiten würde, Luke etwas zu schenken, jeder auf seine Weise.«
»Meine Freundin Suze hat auch so was Ähnliches zu mir gesagt«, sage ich langsam. »Sie wollte helfen, aber ich habe es nicht zugelassen.«
Unwillkürlich verziehe ich das Gesicht, als ich an Suzes gekränkte Stimme denke, wie sie sagte: »Es dreht sich nicht immer alles nur um dich, okay? Es geht nicht darum, dass wir es dir nicht zutrauen. Es geht darum, dass Luke nicht nur dein Mann ist, sondern auch unser Freund, und wir wollten ihm was Gutes tun.«
Sie wollte wirklich gern mitmachen. Und ich war zu stolz, um sie zu lassen. Selbst jetzt habe ich sie noch nicht gefragt, oder? Ich habe darauf gewartet, dass sie sich freiwillig meldet. Kein Wunder, dass sie es nicht getan hat.
Plötzlich komme ich mir vor wie die blödste Kuh der Welt.
»Elinor, entschuldige mich einen Moment ... « Ich nehme ein paar Schritte Abstand, hole mein Handy hervor und rufe noch mal bei Suze an.
»Bex?« Sie klingt überrascht. »Alles okay?«
»Hör zu, Suze«, sage ich mit bebendem Wortschwall. »Es tut mir leid. Ich wünschte, ich hätte dich gleich darum gebeten, mir mit der Party zu helfen. Ich finde eure Idee mit dem Shortbread ganz toll, und Luke wäre bestimmt gerührt. Und ich wollte nur sagen ... « Ich schlucke. »Ist es zu spät? Oder würdest du mir helfen?«
Einen tickenden Moment lang ist alles still, dann sagt Suze: »Sei ehrlich, Bex. Hast du dich richtig tief in die Scheiße geritten?« »Ja!« Es kommt halb als Lachen, halb als Schluchzen heraus. »Hab ich.« »Dann schuldet Tarkie mir einen Fünfen«, sagt sie zufrieden. »Okay. Wann und wo und was soll ich machen?«
KENTISH ENGLISH SPARKLING WINE
Spandings House Mallenbury Kent
Mrs. Rebecca
Brandon The Pines
43 Elton Road
Oxshott
Surrey
3. April 2006
Liebe Mrs. Brandon,
vielen Dank für Ihren Brief vom 27. März.
Ich freue mich, dass unsere Lieferung von 50 Flaschen Schaumwein Sie unbeschädigt erreicht hat und Sie bei einer Kostprobe vom kraftvollen und unverwechselbaren Geschmack derart »beeindruckt« waren. Darauf sind wir sehr stolz!