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»Becky ... «, Luke sieht mich erstaunt an. »Was ist denn los?«  »Du ... willst dir doch bestimmt nicht deinen hübschen Mantel schmutzig machen!«

»Na, aber dein Mantel muss auch nicht unbedingt schmutzig werden«, erklärt er mir sinnreich. »Ich suche nur die Straßenkarte. Mein verdammtes Navi ist kaputt.« Wieder langt er nach dem Griff, aber ich versperre ihm den Weg.

»Wir können uns unterwegs eine Karte kaufen.« 

»Eine kaufen?« Er mustert mich scharf. »Warum denn das?« 

»Eine Ersatzkarte kann man doch immer gebrauchen.« Meine Hand umklammert den Garagengriff. »Das wird lustig. Wir können sie zusammen aussuchen!«

»Aber wir haben schon eine«, sagt er geduldig. »Wenn du mich nur einfach in die Garage lassen würdest ... «

Okay, ich muss zu extremen Mitteln greifen.

»Weißt du, wie dringend ich irgendwas kaufen muss?«, klage ich theatralisch, mit bebender Stimme wie eine Shakespeare-Darstellerin. »Ich darf mir keine Kleider kaufen. Und jetzt darf ich mir nicht mal eine Straßenkarte kaufen! Ich muss ein bisschen Geld ausgeben, sonst werde ich noch verrückt!«

Ich halte inne, keuchend. Luke sieht so erschrocken aus, dass er mir fast leid tut.

»Okay, Becky. Gut.« Er weicht zurück, wirft mir einen argwöhnischen Blick zu. »Wir können an einer Tankstelle halten. Kein Problem.«

»Gut.« Ich wedle mir Luft zu, als rissen mich die Emotionen mit. »Danke für dein Verständnis. Sag mal, woher hast du eigentlich den Garagenschlüssel?«, füge ich beiläufig hinzu. »Ich dachte, er ist weg.«

»Das war echt ein Ding.« Luke schüttelt den Kopf. »Ich habe ihn gesucht und laut gesagt: »Wo ist bloß dieser Schlüsse!?«, und Minnie hat mich direkt hingeführt. Wahrscheinlich hat sie ihn selbst versteckt!«

Ehrlich. Das war das letzte Mal, dass ich Minnie in irgendwelche Vorbereitungen miteinbezogen habe. Sie ist eine echte Plaudertasche.

»Du wirst nicht glauben, wo er war«, fügt Luke hinzu, als er den Wagen anlässt. »In deiner Make-up-Tasche. Kannst du das glauben?«

»Unfassbar!« Ich versuche, erstaunt zu klingen. »Was für ein kleiner Schlingel!« »Übrigens, möchtest du am Freitag mit mir nach Paris kommen?«, fügt Luke lässig hinzu, während er zurücksetzt.

Ich bin so verdattert, dass ich nicht antworten kann. Leeren Blickes starre ich ihn an, und meine Gedanken rattern. Was soll ich sagen? Was wäre die natürlichste Reaktion?

»Paris?«, bringe ich schließlich hervor. »Wie meinst du das?«

»Ich muss doch zu diesem Termin nach Paris, weißt du noch? Ich dachte einfach, du und Minnie, ihr würdet vielleicht gern mitkommen. Wir könnten übers Wochenende bleiben. Du weißt, dass ich Geburtstag habe, oder?«

Das Wort »Geburtstag« explodiert wie eine Handgranate im Auto. Was soll ich sagen? Soll ich so tun, als hätte ich es vergessen? Soll ich so tun, als hätte ich ihn nicht gehört?

Nein. Benimm dich normal, Becky. Benimm dich normal. »Äh ... ach ja?« Ich schlucke. »Stimmt, klar hast du Geburtstag! Na, das klingt doch hübsch!«

»Den Freitagabend müssten wir leider mit meinen Klienten verbringen, aber zumindest gäbe es was zu feiern. Ich meine, wenn wir mit Christian gesprochen haben, steht einem Treffen mit Sir Bernard selbst nichts mehr im Wege!« Luke klingt überschwänglich. »Ich sage Bonnie, sie soll alles arrangieren. Dann ist es also abgemacht?«

»Super!« Ich lächle kraftlos. »Ich muss nur eben Suze noch was simsen ... « Ich nehme mein Handy und simse Bonnie eilig: Luke will uns am Freitag mit nach Paris nehmen! KEINE Tickets buchen!!

Ehrlich, wenn das so weitergeht, geh ich bald am Stock. Nein, tu ich nicht. Wird schon klappen. Elinor ist an der Sache dran. Durchatmen. Nur noch drei Tage.

Die Hardy House School ist eine viel nettere Schule als St. Cuthbert's, wie ich finde. Erstens trägt die Sekretärin, die uns begrüßt, ein echt cooles Pippa-Small-Kettchen um den Hals. Und es gibt hier keine Eloise. (Ich habe extra nachgefragt.) Und sie backen ihre Kekse selbst.

Während wir unseren Kaffee trinken und die Kekse knabbern, blicken wir auf den Spielplatz hinaus, der von Rosskastanien umsäumt ist. Ich sehe die kleinen Mädchen hüpfen und herumrennen, und plötzlich packt mich so eine Sehnsucht. Ich sehe Minnie schon mittendrin. Es wäre perfekt.

»Meinst du, Minnie kriegt hier einen Platz?« Voll Sorge wende ich mich an Luke. »Da bin ich mir ganz sicher.« Er blickt von seinem BlackBerry auf. »Wieso sollte sie nicht?«

»Weil die hier total überbucht sind!«

Ich werfe noch einen Blick auf die Broschüre, die man uns gegeben hat. Sie heißt »Unser Aufnahmeverfahren«. Dieses besteht aus sechs Stufen, beginnend mit dem Ausfüllen eines Formulars, und es endet mit einer »Tea Party zur abschließenden Beurteilung«. Plötzlich wird mir klar, wieso alle von den Schulen immer so gestresst sind. Ich kriege jetzt schon Angst. Was ist, wenn Minnie sich alle Kekse schnappt und »Meeeinn!«  schreit? So kriegt sie hier nie einen Platz.

»Luke, hör auf, deinen BlackBerry anzustarren!«, fauche ich. ,>Wir müssen einen guten Eindruck machen.« Ich nehme einen Zettel mit den Leistungsstufen und will gerade darin herumblättern, als die Sekretärin wiederkommt.

»Mr. und Mrs. Brandon? Kommen Sie bitte hier entlang.« Sie führt uns einen kurzen Korridor entlang, in dem es nach Bienenwachs riecht. »Hier ist das Büro unserer Rektorin«, sagt sie und führt uns direkt in einen holzgetäfelten Raum mit Mahagoni-Schreibtisch und grün gepolsterten Sesseln. »Unsere derzeitige Leitung verlässt uns zum Ende des Jahres, und die kommende Rektorin ist für ein paar Tage bei uns, sodass wir es für sinnvoller hielten, wenn Sie mit ihr sprechen. Sie wird jeden Moment hier sein. «

»Danke«, sagt Luke charmant. »Und darf ich der Schule mein Kompliment für die köstlichen, selbst gebackenen Kekse aussprechen?«

»Danke!« Sie lächelt. »Ich bin gleich mit unserer neuen Schulleiterin wieder da. Sie heißt Mrs. Grayson«, fügt sie im Gehen noch hinzu. »Harriet Grayson.«

»Siehst du?«, murmelt Luke. »Wir machen einen perfekten Eindruck.« Ich kann nichts antworten. Ich erstarre zur Salzsäule. Habe ich diesen Namen nicht schon mal gehört? Okay. Das könnte böse ausgehen. Ich muss hier verschwinden oder Luke warnen oder ...

Doch schon fliegt die Tür wieder auf -und sie ist es. Harriet Grayson MA, in demselben Strickkostüm. Mit professionellem Lächeln kommt sie auf mich zu ... und dann erkennt sie mich.

»Professor Bloomwood!«, sagt sie erstaunt. »Professor Bloomwood ist doch richtig, oder?«

Es gibt kein Entrinnen.

»Äh ... ja!«, sage ich schließlich, und das Blut steigt mir ins Gesicht. »Hi!«

»Nun, welch eine Überraschung!« Sie strahlt Luke an. »Professor Bloomwood und ich sind uns schon einmal begegnet. Brandon muss dann wohl Ihr Ehename sein, was?«

Ich riskiere einen ultrakurzen Blick zu Luke, dann wünschte ich, ich hätte es nicht getan. Bei seinem Gesichtsausdruck möchte ich halb losprusten, halb weglaufen.

»Sind Sie auch in der Welt der Künste tätig, Mr. Brandon?«, sagt sie freundlich, als sie ihm die Hand schüttelt. »Der Welt der Künste?«, sagt Luke nach einer ziemlich langen Pause.

»Nein, ist er nicht«, werfe ich eilig ein. »Ganz im Gegenteil. Jedenfalls, um auf das eigentliche Thema zu sprechen zu kommen: Wir möchten gern unsere Tochter Minnie auf diese Schule schicken. Ihr Spielplatz ist so hübsch! Traumhaft schöne Bäume!« Ich hoffe, wir können zum nächsten Thema übergehen, aber Harriet Grayson MA wirkt doch leicht verwundert.