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Der Mann rechnete rasch im Kopf und gab ehrlich zu, daß er an den Schaden nicht gedacht hatte, den seine Erfindung auf wirtschaftlichem Gebiet anrichten würde. Dann aber erklärte er hoffnungsvoll, daß die Kraft des kochenden Wassers an Bord der Schiffe ausgenutzt werden könne, um die Ruder zu treiben. Es fehle ihm nur am Geld für die nötigen Versuche. Die Schiffe würden nicht mehr so vom Wind abhängen.

Ich hielt es für richtig, mich einzumischen, und erklärte, wie entsetzlich die Feuersgefahr auf den kostbaren Getreideschiffen sein würde – von der Gefahr für die Reisenden ganz zu schweigen –, wenn man an Bord ständig ein Feuer unterhalten müßte, um das Wasser zu erhitzen. Sogar das Kochen ist auf den Schiffen so gefährlich, daß beim geringsten Anzeichen von Sturm die Feuer auf ihren Sandbetten gelöscht werden. Jeder Seemann begnügt sich lieber mit kalten Speisen, als daß er sich der Gefahr einer Feuersbrunst auf See aussetzte.

Vespasian bemerkte dazu, daß die griechischen Dreiruderer die sinnreichste Waffe des Seekriegs seien und für alle Zeiten bleiben würden. Von den Handelsschiffen seien dagegen die karthagischen die besten der Welt, und es bestehe kein Anlaß, irgend etwas an ihnen zu ändern.

Der Erfinder sah bedrückt drein, aber Vespasian ließ ihm eine bedeutende Summe ausbezahlen, damit er von weiteren wahnwitzigen Erfindungen Abstand nehme. Sicherheitshalber bestimmte er, daß das Geld der Gattin des Mannes auszuhändigen sei, so daß dieser nicht darüber verfügen und es für seine unnützen Versuche ausgeben konnte.

Ich für meinen Teil habe oft, wenn ich die sinnreichen Kriegsmaschinen betrachtete, ein wenig wehmütig daran gedacht, wie leicht ein geschickter Techniker Maschinen für beispielsweise den Ackerbau ersinnen könnte, die den Sklaven manch schwere Arbeit und unzählige Tropfen Schweißes ersparen würden. Auch für die Entwässerungskunst, die wir von den Etruskern lernten, wären solche Maschinen von großem Nutzen. Ich denke mir, man könnte auf dem Grunde der Abflußgräben anstelle der Reisigbündel auch Ziegelrohre und Steine verwenden, so wie wir es in den Kloaken tun, die allerdings weit größer sind. Andrerseits sehe ich ein, was für verheerende Wirkung auf wirtschaftlichem Gebiet solche Erfindungen haben würden. Wo sollten die Sklaven hinfort ihr Brot und Öl hernehmen? Die kostenlose Getreideausteilung kommt den Staat schon teuer genug zu stehen, und dann müssen Sklaven arbeiten, so schwer wie möglich arbeiten, sonst kommen sie nur auf dumme Gedanken. Wir haben unsere bitteren Erfahrungen!

Die Priester in Ägypten haben bereits alles erfunden, was man braucht. Sie haben beispielsweise eine Maschine, die Weihwasser versprüht, wenn man die richtige Münze hineinsteckt, und diese Maschine ist sogar imstande, vollgewichtige Münzen von abgefeilten zu unterscheiden, so unglaublich das auch klingen mag. Der verabscheuungswürdige Brauch, Späne von Gold- und Silbermünzen herunterzufeilen, ist nämlich in Alexandria aufgekommen. Macht man es mit Hunderten und Tausenden von Münzen, so lohnte es sich sehr wohl. Wer zuerst auf den Einfall kam, weiß ich nicht. Die Griechen beschuldigen die Juden, und die Juden die Griechen.

Ich erzähle das, um Dir zu zeigen, daß Vespasians Wunderheilung kein Taschenspielertrick war. Gerade aufgrund ihrer eigenen technischen Erfindungen sind die ägyptischen Priester besonders mißtrauisch.

Als Vespasian in jener schlaflosen Nacht erschüttert zu der Überzeugung gekommen war, daß die Götter ihn offenkundig dazu ausersehen hatten, Kaiser zu sein, atmete ich erleichtert auf. Es wäre verhängnisvoll gewesen, wenn er sich von längst veralteten demokratischen Ideen hätte dazu verleiten lassen, Änderungen am Aufbau des Staates vorzunehmen. Als ich meiner Sache ganz sicher war, wagte ich ihm in vertraulichem Gespräch mein Geheimnis zu enthüllen. Ich berichtete von Claudia und von Deiner Abstammung und wies ihm nach, daß Du der letzte männliche Nachkomme des julischen Geschlechts bist. Von dieser Stunde an nannte ich Dich in meinem Herzen Julius, obwohl Du diesen Namen erst erhieltst, als Du die Toga anlegtest und Vespasian mit eigner Hand die Spange des Augustus auf Deiner Schulter befestigte.

Vespasian glaubte mir sofort und war nicht einmal so erstaunt, wie ich erwartet hatte. Er kannte Deine Mutter Claudia schon aus der Zeit, da Kaiser Caligula sie seine Base nannte, um seinen Onkel Claudius zu ärgern. Um sich das Verwandtschaftsverhältnis klarzumachen, rechnete Vespasian an den Fingern und sagte: »Dein Sohn ist also ein Enkel des Claudius, nämlich der Sohn seiner Tochter. Claudius war seinerseits ein Neffe des Kaisers Tiberius, nämlich der Sohn von dessen Bruder. Der Bruder des Tiberius aber hatte Antonia zur Gattin, die jüngere Tochter Octavias – der Schwester des Gottes Augustus – und des Marcus Antonius. Octavia und der Gott Augustus waren Kinder der Nichte Julius Caesars. Im Grunde ist der Kaiserthron ständig in der weiblichen Linie weitervererbt worden. Neros Vater war der Sohn der älteren Tochter des Marcus Antonius. Sein Erbrecht war daher ebensogut wie das des Claudius, obwohl Claudius dann der Form halber Nero adoptierte, als er sich mit seiner Nichte vermählte. Das Erbrecht deines Sohnes ist ohne Zweifel ebenso gültig wie das dieser anderen. Was willst du also?«

Ich erwiderte: »Ich will, daß mein Sohn zu dem besten und edelsten Herrscher heranwächst, den Rom je erblickt hat. Ich zweifle nicht einen Augenblick daran, daß du, Vespasian, ihn in deiner Gerechtigkeit als den rechtmäßigen Erben anerkennen wirst, wenn die Stunde gekommen ist.«

Vespasian dachte lange mit gefurchter Stirn und halb geschlossenen Lidern nach. Er strich sich über die Wangen und fragte schließlich: »Wie alt ist dein Sohn?«

»Er wird im nächsten Herbst fünf«, antwortete ich stolz.

»Dann hast du es ja nicht so eilig«, sagte Vespasian erleichtert. »Nehmen wir an, die Götter geben mir noch zehn Jahre, um die Herrscherlast zu tragen und die Angelegenheiten des Staates ein wenig in Ordnung zu bringen. Dein Sohn legt dann gerade erst die Toga an. Titus hat seine schwachen Seiten, und seine Verbindung mit Berenike macht mir große Sorge, aber im allgemeinen wächst ein Mann an seiner Aufgabe. In zehn Jahren ist Titus über vierzig und ein reifer Mann. Meiner Meinung nach hat er ein gutes Recht auf den Kaiserthron, sofern er sich nicht mit Berenike vermählt. Das wäre verhängnisvoll. Eine Jüdin als kaiserliche Gemahlin ist undenkbar, und wäre sie auch aus des Herodes Geschlecht. Wenn Titus aber Vernunft annimmt, wirst du wohl in aller Freundschaft erlauben, daß er seine Zeit herrscht. Indessen wird dein Sohn zum reifen Mann und sammelt seine Erfahrungen im Amt. Mein zweiter Sohn Domitian taugt nicht zum Kaiser. Der bloße Gedanke erschreckt mich. Ich habe es, um die Wahrheit zu sagen, immer bereut, daß ich ihn aus Versehen, in angetrunkenem Zustand, zeugte, als ich zu Besuch in Rom Weilte. Seit der Geburt des Titus waren ja zehn Jahre vergangen, und ich hätte nicht geglaubt, daß meinem Ehebett noch einmal ein frischer Trieb entsprießen würde. Es würgt mich in der Kehle, wenn ich an Domitian denke. Ich mag nicht einmal einen Triumph feiern, weil ich ihn dazu mitnehmen müßte.«

»Du mußt einen Triumph feiern, wenn Titus Jerusalem erobert hat«, sagte ich beunruhigt. »Du würdest die Legionäre bitter kränken, wenn du ihnen nach den großen Verlusten, die sie im Judenkrieg erlitten haben, keinen Triumph gönntest.«

Vespasian seufzte schwer und sagte: »So weit voraus habe ich noch gar nicht gedacht. Ich bin zu alt, um die Treppe zum Kapitol hinaufzukriechen. Der Rheumatismus, den ich mir in Britannien geholt habe, schmerzt immer ärger in meinen Knien.«

»Ich könnte dich auf der einen Seite stützen, und Titus auf der andern«, sagte ich. »Es ist am Ende gar nicht so beschwerlich, wie es aussieht.«