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Er fragte mich: »Stammen Sie aus der Familie Allam in Tanta?«

Ich bejahte mit heimlicher Freude.

»Ich kannte Ihren Vater recht gut«, sagte er da, »er war ein hervorragender Grundbesitzer und Landwirt.« Dann wandte er sich an Amir Wagdi, der gerade vom Tisch aufstand, und lachte: »Er stand Gott sei Dank nicht allzu lange unter dem Einfluß dieser Clowns.« Da er merkte, daß ich nicht verstand, was er meinte, erklärte er: »Ich spreche von den Wafdisten.«

Gleichgültig bemerkte ich: »Soviel ich weiß, war er Wafdist, als das ganze Land wafdistisch war.«

Er glaubte mir und fragte dann weiter: »Soweit ich informiert bin, haben Sie noch Geschwister?«

»Mein Bruder ist Konsul in Italien, und meine Schwester ist die Gattin unseres Botschafters in Abessinien.«

»Und was tun Sie?« setzte er seine Fragerei mit hüpfenden Pausbäckchen fort.

In diesem Augenblick haßte ich ihn so, daß ich ihm den Tod wünschte. Sollte er zur Wasserleiche werden oder bei einem Brand verkohlen! Aber ich entgegnete, als mache es mir nichts aus: »Nichts!«

»Bestellen Sie denn Ihren Boden nicht?«

»Er ist verpachtet, wie Sie vielleicht wissen. Ich denke jedoch daran, etwas Neues anzufangen.«

Sarhan al-Buheri, der dritte Gast, Prokurist in der Spinnerei-Gesellschaft von Alexandria, und die alte Madame hatten uns zugehört. »Und was wollen Sie tun?« fragte Sarhan al-Buheri.

»Darüber bin ich mir noch nicht ganz im klaren.«

»Wäre es nicht das sicherste, Sie suchten sich einen Verwaltungsposten im Staatsdienst?«

Auch er war mir in diesem Moment widerwärtig. Die leichte Klangfarbe eines Menschen, der aus dem Rif kam, haftete ihm an wie Speisengeruch einem Gefäß, das nicht sorgfältig abgewaschen wurde. Und er war reichlich rüpelhaft. Für ihn wäre es keine Beleidigung gewesen, wenn Mirved ihn als unerzogen oder ungebildet bezeichnet hätte. Wenn ihm jetzt noch einfällt, nach meinem Diplom zu fragen, werfe ich ihm mein Teeglas ins Gesicht.

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»Woher hast du diese Begeisterung für die Revolution?«

»Sie ist meine Überzeugung, Onkel.«

»Ich glaube dir nicht.«

»Du mußt mir aber glauben!«

Er lachte müde und meinte dann: »Offensichtlich hat die Tatsache, daß dir Mirved einen Korb gegeben hat, dich um deinen Verstand gebracht.«

Gleichgültig entgegnete ich: »Ich hatte ohnehin nur flüchtig an eine Heirat gedacht.«

»Gott erbarme sich deines Vaters«, gab er mit demselben Gleichmut zurück, »er hat dir seine Starrköpfigkeit vererbt, aber nicht seine Klugheit.«

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Ich war so wütend, daß ich am liebsten die Revolution, personifiziert in der Gestalt von Sarhan al-Buheri, der zweifellos aus ihr Nutzen zog, angegriffen hätte, aber ich beherrschte mich.

Die Alte fragte mich: »Warum erzählen Sie uns nichts von Ihren Plänen?«

»Ich habe noch nichts Geeignetes gefunden.«

»So sind Sie also reich?«

Ich lächelte selbstsicher, ohne zu antworten. Da schaute sie mich aufmerksam an.

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Ich verließ die Pension zusammen mit Sarhan, und der Lift brachte uns hinunter. Er sah mich mit einem Lächeln an, das zu einem besseren gegenseitigen Kennenlernen aufzufordern schien. So legte sich meine Wut auf ihn langsam. Fast so, als wolle er einen Schnitzer korrigieren, den er gar nicht bemerkt hatte, sagte er: »Ein Verwaltungsposten im Staatsdienst ist heute sicherer als alles andere, aber ein freier Beruf, mit Bedacht gewählt… »Wir verließen den Lift, bevor er seinen Satz beendet hatte, doch sein bekräftigender Tonfall machte weitere Worte überflüssig. Wir trennten uns. Er ging zur Straßenbahnhaltestelle, ich zur Garage. Ich kam am Cafe Miramar unten im Gebäude vorbei und mußte daran denken, wie ich in früheren Tagen mit meinem Onkel dort gesessen hatte, bevor die Katastrophe eingetreten war. Er ging jeden Nachmittag dorthin, um die Wasserpfeife zu rauchen, und saß dann, in seine leichte Abaja[51] gehüllt, inkognito da wie ein König im Gewand eines Mannes aus dem Volk, umringt von einer Schar von Scheichs, Abgeordneten und angesehenen Männern. Ja, das sind längst vergangene Tage, aber er hätte noch mehr verdient als das, was ihn ohnehin getroffen hat.

Ohne ein bestimmtes Ziel zu haben, nur getrieben von meinem ewigen Verlangen nach Schnelligkeit und Vagabundieren, bestieg ich meinen Ford. Ich sagte mir, daß es gut wäre, Sarhan al-Buheri nicht links liegen zu lassen, denn seine Erfahrung und seine Bekannten in der Stadt konnten mir vielleicht von Nutzen sein. So fuhr ich im irren Tempo, das meinen aufgepeitschten Nerven entsprach, an den Stranden von Mazarita, von Schatbi[52] und Ibrahimijja vorbei. Die Luft unter dem von Wolken verschatteten Himmel war angenehm, erfrischend, aktivierend. Die Corniche, eingefaßt von der Bläue des Meeres, wirkte rein und klar, war sie doch frei vom Schweiß und Lärm der Sommergäste. Ich war fest entschlossen, nur noch nach Tanta zu fahren, um Geld zu holen oder Land zu verkaufen. Zum Teufel mit dieser Stadt und den Erinnerungen an sie!

Ich fuhr in Richtung Sijuf und raste dann über die Straße nach Abuqir[53], die schönste aller Straßen. Mit der Geschwindigkeit des Wagens stiegen wieder meine Lebensgeister und meine Lust zu provozieren. Doch zum letzten Glück fehlten mir die Europäerinnen, die es früher hier gab, die alte Pracht, die Barren reinen Goldes. Dann sah ich mir die Morgenvorstellung im Kino Metropol an. Ich flirtete mit einem Mädchen im Aufenthaltsraum vor dem Büfett. Wir aßen im Omar Khajjam gemeinsam zu Mittag und schliefen während der Siesta miteinander in ihrer Wohnung in al-Ibrahimijja. Als ich am späten Nachmittag in die Pension zurückkam, wußte ich nicht einmal mehr ihren Namen.

Das Entree und der Salon waren leer. Ich nahm eine Dusche, und als das Wasser an mir hinunterlief, fiel mir das hübsche Fellachenmädchen wieder ein. Nachdem ich in mein Zimmer zurückgekehrt war, verlangte ich eine Tasse Tee, um sie wiederzusehen. Ich bot ihr ein Stück Schokolade an, aber sie zögerte, es anzunehmen.

»Warum denn nicht«, redete ich ihr gut zu, »wir sind doch hier eine Familie!« Voller Freude schaute ich ihr zu, während sie mich ohne jede Verlegenheit ansah und nicht einmal den Blick senkte. War sie schüchtern oder gerissen?

»Zuchra, gibt es viele wie dich im Rif?«

»Unzählige!« gab sie zur Antwort, als merke sie nicht, worauf ich hinauswollte.

»Aber wie viele von ihnen sind so schön wie du?«

Sie bedankte sich bei mir für die Schokolade und ging. War sie schüchtern oder gerissen? Jedenfalls mußte ich sie jetzt nicht unbedingt haben. Sollte sie sich nur etwas zieren und kokettieren. Das war ihr gutes Recht. Schließlich hatte sie ja auch meine Komplimente für ihre außerordentliche Schönheit verdient.

Vergiß es, Sunnyboy, vergiß es!

Ich betrachtete so lange das alte Foto von Madame, daß sie schließlich lachend fragte: »Gefällt es Ihnen?« Sie erzählte mir die Geschichte ihrer ersten Ehe, dann die der zweiten. »Und wie finden Sie mich jetzt?«

Ich sah auf die Adern, die an ihrem Handgelenk hervorsprangen, und auf ihre grobe, großporige Haut, die mich an Fischschuppen erinnerte, und erklärte: »Schön wie eh und je!«

»Meine Krankheit hat mich vor der Zeit altern lassen«, kommentierte sie ergeben. Dann, übergangslos: »Aber ist es eigentlich klug, daß Sie Ihr Geld für ein neues Projekt riskieren wollen?«

»Warum denn nicht?«

»Und wenn der Staat es nun kassiert?«

»Es gibt doch auch sichere Projekte!« Da es sein konnte, daß sie ihren Kies zusammenkratzen wollte, witzelte ich: »Wie war's denn, wenn wir unser Geld zusammenwerfen und gemeinsam etwas Profitables starten?«

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51

Abaja: Mantelartiger Überwurf aus Wolle.

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52

Mazarita: Stadtteil im Osten Alexandrias.

Schatbi: Strand im Osten Alexandrias.

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53

Sijuf: Stadtviertel im Osten Alexandrias.

Abuqir: Badeort nordöstlich von Alexandria.