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»Nein.«

Husni Allam erklärte: »Ich bin zutiefst überzeugt von der Revolution. Deswegen gelte ich auch als einer, der gegen seine eigene Klasse revoltiert, gegen die Klasse, die von der Revolution beseitigt werden soll.«

»Jedenfalls hat die Revolution Sie auch nicht tangiert«, warf Mansur Bahi ein.

»Das ist nicht der eigentliche Grund. Aber sogar die Armen unserer Klasse mögen die Revolution manchmal nicht.«

Mansur Bahi meinte schließlich: »Ich bin völlig davon überzeugt, daß die Revolution mit ihren Feinden mehr Erbarmen hatte, als es nötig gewesen wäre.«

Offensichtlich dachte Tolba Marzuq, wenn er weiterhin schweige, könne ihm das schaden. So sagte er: »Ich habe Nachteile gehabt, und ich müßte lügen, wenn ich sagte, daß mich das nicht schmerzt. Aber ich wäre auch ein Egoist, wenn ich leugnete, daß das, was getan wurde, getan werden mußte.«

Als ich, kurz bevor es Morgen wurde, in mein Zimmer ging, folgte er mir und fragte mich nach meiner Meinung zu seinen Äußerungen. Ich sagte mit fremder Stimme, denn ich hatte mein Gebiß herausgenommen: »Wunderbar!«

»Meinen Sie, daß mir einer geglaubt hat?«

»Das ist doch unwichtig!«

»Ich sollte mir besser eine andere Bleibe suchen.«

»Seien Sie doch nicht albern!«

»Jedesmal, wenn ich höre, wie jemand das preist, was mich umgebracht hat, bekomme ich Rheumatismus.«

»Sie müssen sich daran gewöhnen.«

»So wie Sie?«

»Wir sind grundverschieden. Das wissen Sie sehr gut«, lachte ich.

Mit den Worten: »Ich wünsche Ihnen unangenehme Träume« verließ er mich.

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Madame hatte nicht mitgetrunken, sondern nur ein Glas heiße Milch und ein Stück gegrilltes Fleisch zu sich genommen. Sie sagte: »Umm Kulthums Fehler ist, daß sie so spät anfängt.« Aber die jungen Männer verkürzten uns die Pein des Wartens.

Mansur Bahi überraschte mich mit der Bemerkung: »Ich weiß viel über Ihre Vergangenheit.« Eine jungenhafte Freude überkam mich. Mir war, als sei ich plötzlich wieder in meine Jugendzeit zurückversetzt. Er erklärte mir: »Ich habe oft alte Zeitungen durchgesehen, wenn ich Programme vorbereitete.«

Da ich ihn erwartungsvoll anschaute, um mehr von ihm zu hören, fuhr er fort: »Das ist wirklich eine lange Geschichte, und Sie haben sich in bemerkenswerter Weise an unterschiedlichen politischen Strömungen beteiligt: an der Volkspartei, an der Nationalen Partei, am Wafd, an der Revolution…«

Wie in letzter Verzweiflung nahm ich die Gelegenheit wahr, begab mich auf eine Reise in die Tiefen der Vergangenheit, sprach mich lobend über Standpunkte aus, die nicht vergessen werden dürften. Wir gingen die Parteien durch, die Volkspartei, was für und was gegen sie sprach, die Nationale Partei, ihre Vor- und ihre Nachteile, den Wafd und wie er die alten Gegensätze beseitigte, seine Basis im Volk, nämlich Studenten, Arbeiter und Bauern, warum ich mich nach der Unabhängigkeit von ihm abgewandt hatte und schließlich, warum ich die Revolution unterstützte.

»Aber Sie haben sich nie für das soziale Grundproblem interessiert?«

»Ich habe einige meiner Jugendjahre an der Azhar verbracht«, lachte ich, »so ist es ganz natürlich, daß ich mich verhalte wie ein Standesbeamter, dessen Sendung im Leben es ist, zwischen dem Orient und Europa eine statthafte und gesittete Verbindung herzustellen.«

»Aber ist es nicht seltsam, daß Sie die beiden einander verfeindeten Parteien gleichzeitig angriffen, ich meine, die Muslimbrüder und die Kommunisten?«

»Nein, es war eine Zeit der Ratlosigkeit. Dann kam die Revolution und hat das Gute, das jede Seite aufzuweisen hatte, übernommen.«

»So ist also Ihre Ratlosigkeit nun vorbei?«

Ich bejahte. Dann aber dachte ich an meine private Ratlosigkeit, die von keiner Partei oder Revolution aus der Welt geschafft werden konnte. Heimlich sprach ich wieder mein ganz persönliches Gebet, das niemand kannte außer mir.

Und schließlich kam der Augenblick, da ich mich mit all meiner Verwirrung im Meer der Melodien und der Freude treiben ließ. Ich betete zu Ihm, daß aus den sich gegenseitig abstoßenden, einander zerfleischenden Gliedern ein Körper würde, der vor Geist und Harmonie pulsierte. Ich bat Ihn, daß Er mich Übereinstimmung und Harmonie mit einer Ordnung lehre, die von der Macht der Liebe und des Friedens behütet wird. Daß Er meine Qualen in einer Melodie dahinschmelzen ließe, die meinem Herzen und meinem Verstand das Glück klarer Weitsicht schenkte. Daß Er sanfte Süße über dieses Dasein gösse, das sich uns stets widersetzen will.

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Wissen Sie schon das Neueste? Eine seltsame Nachricht! Das Kabinett hat gestern auf dem Hausboot von Munira al-Machdijja, der bekannten Sängerin, getagt!

»Was für reiche, charmante junge Männer!« Das konnte Mariana nicht oft genug wiederholen. Zuchra hatte immer mehr zu tun. Aber sie trug ihre Belastungen mit größtem Eifer.

Tolba Marzuq jedoch erklärte: »Ich traue keinem von ihnen.«

»Auch nicht Husni Allam?« fragte Mariana.

»Sarhan al-Buheri ist der Gefährlichste«, fuhr er fort. »Er hat aus der Revolution den größten Nutzen gezogen. Ganz zu schweigen von der Familie al-Buheri, die niemand kennt. Schließlich ist jeder, der aus der Provinz al-Buhera stammt, ein Buheri. Auch Zuchra ist Zuchra al-Buherejja.«

Ich mußte ebenso lachen wie Madame. Zuchra, die in der Stadt etwas erledigen mußte, ging an uns vorbei. Sie hatte sich ein blaues Tuch über das Haar gebunden, das sie sich selbst gekauft hatte, tänzelte in Madames grauer Jacke, war bezaubernd wie taufrisches Gras oder eine Feldblume.

Ich setzte das Gespräch fort: »Mansur Bahi ist ein kluger Bursche. Was meinen Sie? Er mag keine hohlen Phrasen. Es kommt mir so vor, als ob er zu denen gehöre, die in der Stille arbeiten. Und außerdem gehört er wirklich zur Generation der Revolution.«

»Was mag ihn wohl, ihn oder andere, veranlaßt haben, sich der Revolution anzuschließen?«

»Sie sprechen so, als gebe es im Land keine Fellachen, keine Arbeiter und keine jungen Leute.«

»Einige hat man ihres Vermögens beraubt. Alle hat man ihrer Freiheit beraubt.«

»Sie pflegen einen antiquierten Freiheitsbegriff«, widersprach ich sarkastisch. »Und selbst den habt ihr während der Zeit eurer Gewaltherrschaft nicht respektiert.«

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Als ich aus dem Bad kam, bemerkte ich im Gang zwei Gestalten. Zuchra und Sarhan al-Buheri flüsterten oder waren doch im vertrauten Gespräch miteinander. Vielleicht wollte er sich tarnen, als er mich sah, denn er sprach plötzlich lauter und über Dinge, die in Zuchras Verantwortungsbereich fielen. Ich ging in mein Zimmer und tat so, als hätte ich nichts gesehen und nichts gehört, aber ein Gefühl der Unruhe hatte mich befallen. Wie konnte Zuchra ihren Seelenfrieden wahren, wo das Haus von jungen Männern wimmelte?

Als sie mir den Nachmittagskaffee brachte, fragte ich sie: »Was machst du eigentlich immer am Sonntagabend, wenn du frei hast?«

»Ich gehe ins Kino.«

»Allein?«

»Mit Madame.«

Liebevoll sagte ich: »Gott beschütze dich.«

»Sie sind besorgt um mich, als wäre ich ein kleines Mädchen«, entgegnete sie lächelnd.

»Das bist du doch auch, Zuchra.«

»Nein, Sie werden feststellen, daß ich in kritischen Zeiten auftreten kann wie ein Mann!«

Ich neigte mich zu ihrem hübschen Gesicht, das ich so gern hatte, und warnte: »Zuchra, diese jungen Männer kennen keine Grenzen, wenn es um ihr Vergnügen geht, aber wenn es ernst wird…« Ich schnipste mit den Fingern.

»Mein Vater hat mich über alles belehrt«, entgegnete sie.

»Ich habe dich wirklich gern und habe Angst um dich.«

»Ich verstehe schon. Seit mein Vater tot ist, war niemand so zu mir wie Sie, und ich habe Sie auch gern.«