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»Sehr gute Bombe, Pilgrim.«

»Alles klar, Topdog.«

»He, Pilgrim. Du hast Radio?«

Gershon wußte nicht, wovon der KBO sprach; der Einsatz war schließlich vorbei. »Wiederhole, Topdog. Wiederhole.«

»Topdog hört Radio. Stimme von Amerika. Ihr tapferen Jungs habt Probleme.«

»Was?«

»Apollo. Tapfere Jungs. Raumschiff in schrecklicher Gefahr, sagt Stimme von Amerika. Du verstehst?«

Mein Gott, sagte er sich elektrisiert. Was, zum Teufel, ist da passiert? Ob sie es wohl nach Hause schaffen...

Aber daß ich das ausgerechnet von einem armen Kerl erfahren muß, der in einem Scheißloch in den Bergen von Kambodscha hockt.

»Roger, Topdog. Ich bestätige. Danke.«

»Und dir eine gute Nacht, Pilgrim.«

Ja. Eine gute Nacht, um meinen Bericht zu frisieren.

Irgendwo am Himmel über ihm - trotz der Gefahr, in der diese Jungs sich befanden - bestanden Amerikaner großartige, wundervolle Abenteuer. Und er flog in diesem Blecheimer und schüttete flüssiges Feuer über Bauern aus. Das, was er tat, war so schmutzig, daß nicht einmal seine eigene Regierung zugeben würde, daß es geschah.

Ich muß hier raus. Natürlich mußte die NASA trotz des Drucks aus dem Weißen Haus erst noch einen schwarzen Mann ins Weltall schicken. Ralph Gershon würde sich in Geduld üben müssen...

Aber schlechter als jetzt konnte es für ihn nicht mehr kommen.

Gershon und sein Flügelmann zogen die Maschinen hoch, und Gershon ging auf Heimatkurs.

Zeitdauer der Mission [Tag/Std:Min:Sek]

Plus 000/00:12:22

Die Erde stand als eine Wand aus blauem Licht vor ihr, so hell wie der Ausschnitt eines tropischen Himmels. Sie war so geblendet, daß der Himmel pechschwarz wurde, wenn sie den Blick abwandte. Die winzigen Fenster des Kommandomoduls waren bereits schartig, aber das gleißende blaue Licht, das dennoch hindurchfiel, tauchte die Kabine in strahlende Helligkeit.

»Houston, wir sind hier in einer Sauna.« Stone tippte mit dem behandschuhten Zeigefinger auf eine Temperaturanzeige. »Siebenundsiebzig.«

»Bestätigt, Ares«, sagte Young. »Wir empfehlen Ihnen, Kühlflüssigkeit durch den sekundären Kühlkreislauf zu schicken.«

»Rager«, sagte Gershon. »Äh. in Ordnung, Houston. Nun sehe ich eine Schwankung in der Wasserstandsanzeige. Sie schwankt zwischen sechzig und achtzig Prozent.«

»Bestätigt, Ralph; wir arbeiten daran.«

Und Stone mutmaßte, daß eine Helium-Blase sich in einem der Treibstofftanks der Steuertriebwerke gebildet hätte. Young sagte ihm, er solle die Steuertriebwerke ein paarmal feuern lassen, um die Blase zu verbrennen. Stone tat wie geheißen. Inzwischen hatte Young eine Antwort auf das Problem mit der Wasserstandsanzeige gefunden: es hatte den Anschein, als ob die Störung auf einen defekten Transducer zurückzuführen sei.

Und so jagten ein Problem und eine Überprüfung die andere.

York hatte indes eine eigene Checkliste, die sie abhaken mußte. Sie arbeitete zügig die einzelnen Punkte ab, öffnete und schloß Unterbrecher, legte Schalter um und rief Stone und

Gershon Instruktionen zu. Sie war umgeben von der im Helm zischenden Luft, dem Summen der Instrumente und Pumpen der Kommandokapsel, dem Rascheln von Papier, dem Rauschen von Youngs Stimme, die von der Bodenstation durchdrang und den leisen Stimmen von Gershon und Stone, die ihre post-orbitalen Checklisten abarbeiteten.

Es handelte sich um eine profane Prozedur, die sie schon ein Dutzend Mal in den Simulationen erledigt hatten.

Und doch war es etwas völlig anderes, diese Routine nicht in einem bodengestützten Ausbildungszentrum durchzuführen, sondern hier.

Wenn sie nach vorn aus der Kapsel blickte, sah sie die Krümmung des Planeten. Es war ein blauweißer Bogen, der vom dunklen All überwölbt wurde. Doch wenn sie nach unten sah, füllte die Haut der Erde das Fenster aus und zog stetig an ihr vorbei, als ob sie auf einem Computerbildschirm eine Landkarte betrachtete.

Sie staunte über die Transparenz der Luft. Die Atmosphäre hatte eine verblüffende Tiefenwirkung und dreidimensionale Anmutung. Die Wolken wurden von Schatten unterlegt, während sie über die Meere hinwegzogen. Die Wolken verdichteten sich mit abnehmender Entfernung zum Äquator, und wenn sie nach vorn schaute, tangential zur Erdoberfläche, sah York die Wolken in die Atmosphäre emporsteigen, als ob Ares auf eine Wand aus Dampf zuflöge. Auf dem Land erkannte    sie Städte -    einen grauen, verwinkelten

Flickenteppich - und die Linien von Fernstraßen. Die braunorangefarbene Tönung der Wüsten stach ihr förmlich in die Augen, doch die Wälder und verschiedenen Klimazonen waren schwerer zu erkennen; ihre Färbung kontrastierte weniger stark mit der Atmosphäre, und sie erschienen als graublaue Strukturen mit einer Ahnung von Grün.

Das fehlende Grün enttäuschte sie.

Sie sah das Kielwasser eines Schiffs, das wie ein Pinselstrich auf der ruhigen Meeresoberfläche ausfaserte.

Gershon, der auf dem mittleren Sitz festgeschnallt war, beugte sich zu ihr herüber. »Was für ein Anblick.«

Sie drehte den Kopf - und bereute es sofort. Sie hatte das Gefühl, ihr Kopf sei ein mit einer Flüssigkeit gefüllter Behälter, die bei jeder Bewegung schwappte. Sie hielt den Kopf für ein paar Sekunden ruhig und wartete ab, bis das Schwappen abgeklungen war. Sie versuchte, an etwas anderes zu denken als an den Magen.

Raumadaptions-Syndrom. Sie wußte durchaus, was mit ihr geschah. In der Schwerelosigkeit nahmen Kalziumpartikel, die sich auf empfindlichen Härchen im Innenohr befanden, ungeordnete Positionen ein, so daß der Körper nicht mehr wußte, wo oben war. Normalerweise legte sich das nach ein paar Tagen wieder.

Doch im Moment war das höchst unangenehm für York.

Vorsichtig drehte sie sich wieder zum Fenster um. Sie flogen nun über Gewitterwolken dahin, die sich zu scheinbar massiven, kilometerhohen Wolkenklippen und -schluchten auftürmten. Sie sah Blitze, die wie Lebewesen durch die Wolken zuckten und sich durch Sturmfronten von ein paar tausend Kilometern fortpflanzten. Die von innen leuchtenden Wolken glühten purpurn und rosa, wie Neonskulpturen. »Sieh dir das an. Es hat den Anschein, als ob die Gewitterwolken nach uns ausgriffen.«

»Sie erreichen nur ein Zehntel unserer Höhe«, sagte Gershon milde.

»Der Druck ist wieder in Ordnung«, meldete Stone und nahm die Handschuhe und den Helm ab.

York löste die Verschlüsse der Handschuhe, zog sie aus und steckte sie in eine Tasche an der Liege. Sie faßte den Helm an den Seiten, löste die Arretierung und nahm ihn ab.

Sie bewegte sich zu schnell. Plötzlich schwappte wieder die Flüssigkeit im Kopf, und Speichel sammelte sich im Mund.

Der Helm rollte über den Boden und prallte gegen eine Schalterbank. Gershon ergriff ihn und lachte. »Abfangen!« Im Druckanzug wirkte er klein und kompakt. Mit Schwung warf er den Helm in die Luft, und die Kopfbedeckung taumelte um zwei Drehachsen.

York kam sich wie ein Trottel vor. Beim Anblick des Helms würgte sie plötzlich.

»O Mann«, sagte Stone angeekelt. Er reichte ihr eine Plastiktüte. York riß sie auf und steckte den Kopf hinein.

Während sie sich erbrach, driftete eine grünliche Kugel von der Größe eines Tennisballs aus dem Beutel. Die Kugel schimmerte, und die Oberfläche pulsierte.

York schaute ehrfürchtig zu. Vielleicht sollte ich das filmen. Es war eine Demonstration der Strömungslehre in der Schwerelosigkeit; sie fragte sich, ob es wohl möglich war, die von der Oberflächenspannung verursachten Wellenmuster vom Computer berechnen zu lassen.