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York spürte, wie der Brennstoffbehälter unter den Schlägen erzitterte.

»Das funktioniert nicht, Ralph.«

»Wart’s ab.«

Er wirbelte wie ein Hammerwerfer herum und versetzte dem Kasten beidhändig einen wuchtigen Schlag.

Der Graphitkasten zerbrach in zwei Teile.

Der Brennstoffbehälter kam frei. York taumelte zurück und versuchte, das Gleichgewicht zu bewahren. Diesmal waren die Seile ihr eine Hilfe und hielten sie gerade soweit zurück, daß sie nicht umfiel.

Der Brennstoffbehälter fiel auf den Boden.

Gershon schlurfte zu ihr hinüber. Sein Gesicht wurde vom Helmvisier eingerahmt. »He. Bist du in Ordnung?«

»Sicher. Was ist mit dem Behälter?«

Sie beugten sich über den kleinen Metallzylinder, der im pinkfarbenen Kies lag. Ein Haarriß verlief entlang einer Naht.

»Toll«, sagte Gershon. »Wir haben’s verbockt. Wir haben auf dem Mars eine Atombombe detonieren lassen.«

»Es war doch nur eine Attrappe. Das echte Teil wird wahrscheinlich robuster sein.«

»Das hoffe ich, bei Gott.«

»In Ordnung, Leute«, sagte der Simulationsleiter. »Die Herzfrequenz von euch beiden ist leicht erhöht. Das genügt fürs erste. Ruht euch aus. In einer Stunde geht’s weiter.«

Jorge Romero stürmte in die Simulationskammer. »Gottverdammt«, wütete er. »Du hast es schon wieder getan, Natalie! Du hast mein verdammtes SEP zerstört! Und du warst eine halbe Stunde hinter dem Zeitplan zurück!«

Die vom Geschirr befreite York saß auf dem Rover. Sie hatte den Helm auf den Schoß gelegt und hielt einen Pott Kaffee in der Hand. Sie lächelte ihn an. »Ach, halb so schlimm, Jorge. Ist doch nur eine Simulation.«

Der kleine, zornrote Romero ging auf der simulierten Marsoberfläche hin und her und wirbelte kleine Kiesfontänen auf. »Das ist nun schon die dritte von drei Simulationen, wo meine SEP-Implementation versaubeutelt wurde.«

Die Ausbildung war anstrengend gewesen. Angesichts des knappen Zeitplans mußten sie und die anderen die komplexen Übungen in einen Achtzehnstunden-Tag pressen, und das über einen Zeitraum von mehreren Wochen. Bei Romeros Auftritt drohte ihr nun der Geduldsfaden zu reißen. Ich habe keine Zeit für solche Debatten, Jorge. Doch sie sagte nichts.

»Schau«, sagte sie zu Romero. »Ich weiß, wie du dich fühlst. Aber du mußt auch mich verstehen, Jorge. Bei einer Exkursion kannst du dir soviel Zeit lassen, wie du willst und tage- oder auch wochenlang über einer Probe brüten. In diesem Fall ist das aber anders. Die Mars-Spaziergänge dauern jeweils nur ein paar Stunden. Sie sind noch kürzer als die Mondspaziergänge bei Apollo. Deshalb müssen wir jeden Schritt genau planen. Diese Simulationen sind« - sie machte eine Geste -»Choreographie. Das ist eine andere Art des Arbeitens, sowohl für dich als auch für mich. Man nennt das Echtzeit.«

Das stellte Romero keineswegs zufrieden. »Gottverdammt. Ich werde ein Memo für Joe Muldoon verfassen. Ständig diese Pannen. Die Leute von der Flugoperation sind einfach nicht imstande, die Mission ordentlich durchzuführen.«

»Eben das ist doch der Sinn und Zweck der Simulationen, Jorge. Wir sollten die Sache vorantreiben.« Ihr war zum Lachen zumute, doch sie beherrschte sich. »Es tut mir leid, Jorge. Ich weiß, wie du dich fühlst. Ich verstehe dich.«

Er schaute sie böse an. »Ach ja? Dann bist du also noch nicht einmal bei der operativen Phase angelangt?«

Sie zuckte zusammen. »Das ist nicht fair, verdammt.«

Sein Zorn schien abzuflauen. Er setzte sich zu ihr auf den Rover. Neben der in dem ballonförmigen Anzug steckenden York wirkte er klein. »Natalie. Ich glaube, du solltest das wissen. Ich werde mich aus dem Programm zurückziehen.«

Sie war konsterniert. »Das darfst du nicht.« Romero war die treibende Kraft bei der Erforschung der Mars-Geologie. Wenn er sich nun vom Programm verabschiedete, würde das den wissenschaftlichen Wert stark beeinträchtigen. »Komm schon, Jorge.«

»Das ist mein Ernst. Ich bin mir fast sicher, daß ich es tun werde.« Mit düsterem Gesichtsausdruck ließ er den Blick über den >Sandkasten< schweifen. »Der heutige Tag hat mich in diesem Entschluß nur noch bestärkt. Und wenn du noch einen Rest von Integrität besitzt, Natalie, solltest du auch aufhören.«

»Jorge, bist du verrückt? Es wird ein Geologe zum Mars fliegen. Was willst du denn noch, um Gottes willen?«

»Ich bin durchaus nicht verrückt. Du wirst bestenfalls eine Technikerin sein, Natalie. Natalie, Ares ist ein großartiges System - aber nur in operativer Hinsicht. In wissenschaftlicher Hinsicht handelt es sich lediglich um einen Aufguß von Apollo. Schau dir das an.« Er wies mit ausladender Geste auf das Simulationsgelände. »Mit diesem Gerödel wollt ihr allen Ernstes den Mars erforschen. Mit Flaschenzügen. Mit dem MET. Mit diesem verdammten Strand-Buggy, der nur eine Zuladung von hundert Pfund hat. Und dann noch die Fummelei mit den Handschuhen und dieser albernen Griffstange.« Seine Stimme war angespannt, und das Gesicht rötete sich; sie erkannte, daß er wirklich zornig war. »Natalie, du mußt dich nur um sehen, um zu erkennen, wo der Schwerpunkt bei den Investitionen liegt. Wußtest du schon, daß man mehr Geld in die Entwicklung eines robusten Gewebes für das MarsSternenbanner gesteckt hat als in mein ganzes SEP?«

Operativ. Romero hatte das Wort ausgesprochen, als sei es etwas Obszönes. Früher hätte sie das auch so gesehen, sagte York sich. Doch vielleicht hatte sie nun einen besseren Überblick. Ein Raumfahrtprogramm, noch dazu eine so heikle Mission wie der Marsflug der Ares, mußte sowohl operativen als auch wissenschaftlichen Erfordernissen gerecht werden. Zumal das eine ohne das andere nicht zu haben war.

Sie versuchte, Romero das begreiflich zu machen.

»Geschenkt, Natalie. Ich habe mir das selbst auch schon hundertmal gesagt, und es hat mich nicht überzeugt. Und was dich betrifft.« Er zögerte.

»Ja? Sag es, Jorge.«

»Ich glaube, du hast dich verkauft. Ich habe deine Bewerbung bei der NASA unterstützt. Verdammt, ich habe dich hier reingebracht. Ich hoffte, du würdest etwas ändern. Aber du hast dich angepaßt. Nun haben wir eine Neuauflage von Apollo mit den gleichen verdammten Fehlern. Nur daß es diesmal -zumindest zum Teil - deine Schuld ist. Und meine. Es tut mir leid.«

Er stieg vom Rover und ging davon.

York zitterte im Druckanzug wegen der ungestümen Attacke. Januar 1985

Lyndon B. Johnson-Raumfahrtzentrum, Houston

Zusätzlich zur Arbeitsbelastung, die stetig zunahm, je näher der Termin des Starts rückte, wurde von der Besatzung die Wahrnehmung von PR-Terminen erwartet. Die Astronauten nannten das >Theater spielenc. Für gewöhnlich forderte der Vorsitzende einer Handelskammer einen Vorzeige-Astronauten an, der an Empfängen teilnahm, Hände schüttelte, für Fotos posierte und für gute Stimmung sorgte.

York war völlig ungeeignet für solche Aktionen und wurde deshalb hinter den Kulissen eingesetzt, wobei sie diversen NASA-Zentren und Firmen der Luft- und Raumfahrtindustrie Besuche abstattete, um die Beziehungen zu pflegen. Gershon verbrachte derweil viel Zeit in Newport, wo die ColumbiaIngenieure noch immer daran arbeiteten, die während der D1-Mission und anderen Tests aufgetretenen Mängel am MEM zu beheben und das Mars-Raumschiff endlich fertigzustellen.

Dann wurde York nach Marshall geschickt.

Sie wurde im Sheraton Hotel in Huntsville einquartiert, einer Stadt, die im Baedeker als >Raketen-Stadt< firmierte. Am nächsten Tag unternahmen zwei jungdynamische Ingenieure mit ihr eine Führung durch Marshall. Marshall war aus dem Ballistischen Raketen-Kommando der Armee ausgegliedert und der NASA unterstellt worden, doch der militärische