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Stücke in verschiedenen Größen vorbei, von denen ein paar gegen die Hülle der Kabine prallten.

York verspürte einen Anflug von Panik. Mein Gott. Wenn das so weitergeht, wird die Kapsel noch durchlöchert.

Das ist die erste Chance, die der Mars hat, uns zu töten, sagte sie sich. Ich frage mich, ob er sie auch nutzt.

Für einen Betrachter am Boden würde Challenger wie ein großer Meteor erscheinen, mutmaßte sie, wie ein glühender Meteor mit einem Feuerschweif, der eine komplexe Bahn am dunklen Marshimmel zog.

Die Steuertriebwerke feuerten kurz, und die Challenger richtete sich auf.

»Los geht’s!« sagte Gershon. »Wir fangen die Maschine ab.«

Das MEM verfügte über eine gewisse Manövrierfähigkeit. Durch die Verlagerung des Schwerpunkts und durch Dreh- und Nickbewegungen hüpfte Challenger wie ein Kieselstein über die Schichten der Atmosphäre und stieg dabei zur Oberfläche hinab.

»Drei, zwei, eins«, sagte Gershon.

Nun verspürte York eine starke Verzögerung, einen Schub, der ebenso schnell verschwand, wie er eingesetzt hatte; als ob sie den tiefsten Punkt einer Achterbahnschleife erreicht hätte.

»Toll«, sagte Gershon. »Was für ein Flug. Nun kommt das Zoom-Manöver.«

Challenger stieg kurz auf und führte die Wärme ab, bevor das Schiff wieder in die unteren Luftschichten eintauchte.

Stone tippte gegen eine Glasscheibe. »He. Der Höhenmesser funktioniert sogar. Achtzehntausend Meter.«

York verspürte ein Prickeln an der Schädelbasis. Achtzehntausend Meter. Plötzlich hatte der Meßbereich des Höhenmessers sich von Kilometern, die in der Raumfahrt die Basiseinheit darstellten, auf Meter verkleinert. Wie bei einem Flugzeug arbeitete der Höhenmesser nun als Staudruck-

Instrument. Wir sind fast da. Die Steuertriebwerke sprangen an, und die Kapsel richtete sich wieder auf.

Das Glühen vor dem Sichtfenster wechselte zu Grau und dann zu einem blassen, fleischfarbenen Rosa.

»Auftriebsvektor für Gleitflug«, rief Gershon.

Das MEM ging erneut in den freien Fall über und tauchte mit einer Geschwindigkeit von hundertfünfzig Metern pro Sekunde in die sich verdichtende Luft ein. Nachdem die Reibungshitze und die Bremskräfte sich deutlich verringert hatten, verlief der Flug verhältnismäßig ruhig. Nun war es wirklich wie in den Simulationen.

Gershon befreite sich von den Gurten und warf sie über die Schulter. Dann stieß er sich von der Liege ab und erhob sich. Stone, der links neben York lag, folgte seinem Beispiel. In der letzten Phase, der angetriebenen Landung, mußte die Besatzung stehen.

Furchtsam löste sie die Gurte. Dann stellte sie sich vorsichtig auf die Liege und hielt sich an den Gurten fest, die an der Wand entlang verliefen.

Sie spürte die Beine kaum. Nach einem Jahr im Weltraum schien York fast vergessen zu haben, wie man aufstand. Der Gleichgewichtssinn war gestört, und die Aluminiumwände der Kabine drehten sich um sie. Sie hatte das Gefühl, drei Zentner zu wiegen.

Dann spürte sie eine Hand auf dem Arm. Stones Hand.

»Mach dir keine Sorgen deswegen«, sagte er. »Das geht vorbei.«

Damit hatte er recht. Auf der Erde stand nach einem Langzeit-Raumflug immer Personal bereit, das einen aus der Kabine zog, in einen Rollstuhl setzte und schnurstracks ins Krankenhaus brachte. Nur daß sie auf dem Mars mit solchen Serviceleistungen nicht rechnen durften.

Stone klatschte in die behandschuhten Hände. »Kommt in die Gänge«, sagte er. Er wandte sich seiner Station zu, und Gershon ging an seinen Arbeitsplatz. Dann arbeiteten sie die anstehende Checkliste ab.

Yorks Aufgabe bestand nun darin, die Piloten zu unterstützen. Sie betätigte die entsprechenden Hebel, um die Beschleunigungsliegen hochzuklappen und den Boden der Kabine freizumachen. Dann sicherte sie die Piloten mit elastischen Gurten.

Anschließend bezog sie in einer Ecke der Kabine Position und sicherte sich selbst. Es gibt nur Stehplätze bis zur Landung auf der Marsoberfläche.

Plötzlich ertönte ein lautes Knacken. Helles Sonnenlicht strömte in die Kabine.

Der obere Hitzschild hatte seine Schuldigkeit getan und zerfiel nun in mehrere Segmente. Die Stücke drifteten am Fenster vorbei und enthüllten eine komplexe Struktur aus Treibstofftanks und Antennen. Ein >Stopfen< flog aus der Unterseite des Raumschiffs und legte den Trichter des Abstiegstriebwerks frei. Sechs Landebeine schoben sich aus den Schächten an der Basis des MEM.

Challenger hatte sich für die Landung konfiguriert.

York lugte aus den Dreiecksfenstern, die den Piloten zur Orientierung dienten. Sie sah Sonnenlicht, einen violetten Himmel und eine bräunliche, gekrümmte Landschaft.

New York Times, Montag, 4. März 1985 Deutschstämmiger Nazi-Experte verläßt USA, um Anklage wegen Kriegsverbrechen zu entgehen

Wie gestern bekannt wurde, hat Hans Udet, ein in Deutschland geborener Raketenexperte der NASA, die amerikanische

Staatsbürgerschaft abgelegt und ist nach Deutschland zurückgekehrt, um sich einer drohenden Anklage wegen Kriegsverbrechen zu entziehen.

Udet gehörte zu Wernher von Brauns Arbeitsgruppe, die während des Zweiten Weltkriegs die V-2-Rakete entwickelt hatte. Nach dem Krieg ging er mit von Braun nach Amerika und hat an Weltraumprojekten der USA mitgearbeitet.

Nach von Brauns Pensionierung war Udet zu einem der ranghöchsten NASA-Mitarbeiter aufgestiegen und hat erst vor kurzem die Entwicklung des leistungsgesteigerten Saturn VB-Raketentriebwerks geleitet. Die VB wird eingesetzt werden, um die bemannte >Ares<-Mission zum Mars zu schicken und ist schon ein paarmal erfolgreich gestartet, um Komponenten des Marsraumschiffs in den Erdorbit zu bringen.

Das Justizministerium hat Udet nun aufgefordert, die amerikanische Staatsbürgerschaft abzulegen. Andernfalls müsse er mit einer Anklage rechnen, weil er eine leitende Funktion im Konzentrationslager Nordhausen im Harz innehatte, wo die V-S produziert wurde. Das Ministerium stützt sich dabei anscheinend auf Informationen, die der Regierung seit vierzig Jahren vorliegen.

Udet wird anscheinend nicht bezichtigt, selbst Verbrechen begangen zu haben. Doch man wirft ihm Mitwisserschaft vor und den Umstand, daß er dieses Wissen bei der Beantragung der amerikanischen Staatsbürgerschaft verschwiegen hat. Udet behauptet nach wie vor seine Unschuld, will sich aber aufgrund seines Alters und der finanziellen Situation nicht auf den langen Rechtsstreit einlassen, den eine Klage der Regierung unweigerlich nach sich ziehen würde.

Im Rahmen einer Abmachung mit dem Justizministerium hat Udet im Januar die USA verlassen.

Kollegen in der NASA haben für Udet Partei ergriffen und die Vorgehensweise des Justizministeriums als >zynisch< und »schäbig« bezeichnet. Es herrscht die Ansicht vor, daß das Justizministerium so lange stillgehalten hat, bis Udet -nachdem er jahrzehntelang seine Arbeitskraft in den Dienst der US-Regierung gestellt hat - ins Pensionsalter gekommen ist.

Zu den NASA-Mitarbeitern, die sich für Udet verwendet haben, gehörte auch Dr. Gregory Dana, der Vater des toten Apollo-N-Astronauten James Dana. Recherchen dieser Zeitung haben ergeben, daß der Wissenschaftler selbst während des Krieges als Zwangsarbeiter in Nordhausen interniert war.

New York Times, Freitag, 8. März 1985 Frederick W. Michaels, 76, NASA-Direktor