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Fred Michaels, der während des turbulenten Jahrzehnts, das auf Apollo folgte, Direktor der NASA war, ist am Dienstag in seinem Haus in Dallas, Texas, gestorben. Er wurde 76 Jahre alt.

Der 1909 in Dallas geborene Michaels beendete 1933 ein Pädagogikstudium an der University of Chicago. Im Anschluß studierte er Rechtswissenschaften und erhielt 1930 die Zulassung als Anwalt. Von 1939 bis 1963 arbeitete er in der Privatwirtschaft, mit einem vierjährigen Zwischenspiel im Haushaltsausschuß. In dieser Zeit stieg er zum Präsidenten der Umex Oil Company und zum Assistenten des Präsidenten von Morgan Industries auf. Außerdem erhielt er einen Posten im Vorstand einer Fluggesellschaft. 1963 trat er in die NASA ein. Von 1971 bis 1981 war er Direktor der NASA und trat dann wegen des Scheiterns der Testmission von Apollo-N und des Todes der Besatzung zurück.

Michaels’ Dienstzeit bei der NASA zeichnete sich durch politische Klugheit aus. Er war ein weitaus >weltlicheren Direktor als sein Vorgänger, der visionäre, aber glücklose

Thomas O. Paine. Michaels löste nicht nur die internen Konflikte zwischen den NASA-Zentren, die seit der Gründung der Weltraumbehörde geschwelt hatten, sondern er führte auch einen Ausgleich mit den Interessen der Politik, des Finanzministeriums und der Luft- und Raumfahrtindustrie sowie der Universitäten herbei.

Michaels wurde wegen fehlender Visionen kritisiert. Unter seiner Regie wurde die NASA in die Organisation der ApolloÄra zurückgeworfen, für die James Webb (Jahrgang 1906) verantwortlich zeichnete und wo alle Aktivitäten auf ein einziges Ziel ausgerichtet waren - in Michaels’ Fall auf die Landung auf dem Mars. Die NASA litt in den siebziger Jahren an Führungsschwäche, und als nach der Apollo-N-Katastrophe sich wieder eine klare Mission abzeichnete, hatte die Weltraumbehörde über das Ares-Projekt hinaus keine Perspektive. Alle Einrichtungen und Systeme wurden in den Dienst von Ares gestellt. Dies ist eine gefährliche Entwicklung. Michaels’ Nachfolger stehen vor der großen Herausforderung, die Organisation zusammenzuhalten und die Arbeitsplätze zu sichern, nachdem das primäre Ziel erreicht worden ist.

Jedoch wird die Geschichte Michaels’ Leistungen wahrscheinlich eher würdigen als viele seiner Zeitgenossen. In einer Zeit, wo die Etats schrumpften und das zivile Raumfahrtprogramm der USA ins Kreuzfeuer der Kritik geriet, trat er in Webbs Fußstapfen und schmiedete eine dauerhafte politische Koalition für das bemannte Raumfahrtprogramm. Das betrachtete er als wichtigstes Ziel seiner Behörde.

Wie der frühere Präsident John F. Kennedy diese Woche in einem Nachruf sagte, wäre ohne Michaels’ geschicktes Taktieren das Raumfahrtprogramm nach Apollo vielleicht eingestellt worden. In diesem Zusammenhang wäre noch zu erwähnen, daß Mr. Kennedy sich seinerzeit für Michaels’ Ernennung zum NASA-Direktor eingesetzt hat.

Wie auch immer man das diesjährige >Mensch-zum-Mars<-Spektakel beurteilt, entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, daß sein Wegbereiter es nicht mehr erlebt hat.

Mr. Michaels hinterläßt eine Frau - Elly -, drei Töchter -Kathleen Lau, Ann Irving und Jane Devlin - sowie acht Enkelkinder.

März 1985

Cocoa Beach, Florida

Es fand eine letzte Pressekonferenz in Houston statt, bevor sie nach Cape Canaveral gebracht wurden. Die Besatzung stand inzwischen unter Quarantäne und mußte das Podium mit einem Mundschutz betreten. Die Masken mußten sie solange anbehalten, bis sie hinter einer transparenten Trennwand Platz genommen hatten.

Die erschöpfte York empfand den Vorgang als bizarr und irreal, und die Fragen und Antworten hatten durch die endlosen Wiederholungen längst jeden Sinn verloren.

Die Ausgabe der Zeitschrift Life vom 28. März brachte eine Titelgeschichte mit der Überschrift >Bereit für den Mars<. Der Inhalt war wie gehabt: Stone, der mit seinen Söhnen Ball spielte, Gershon, der am Steuer seines Autos saß und York -nun, York saß in ihrem Kabuff, sichtete die Korrespondenz, stellte einen Nachsendeantrag für die Post, bereitete den Transport des Hausrats in das Lager einer Spedition vor und lächelte dabei unsicher in die Kamera. Sie hatte inzwischen ihre eigenen Klischees produziert. Die fleißige Wissenschaftler in. Die alleinstehende Frau, die ihren Weg geht. Die brillante Visionärin, die sich nur auf das Ziel konzentriert.

Sie hatte die Vorbehalte gegenüber den Medien aufgegeben und betrachtete das alles nur noch als eine Art Sturm im Wasserglas. Die Kolumne in Life hätte nämlich noch viel ungünstiger ausfallen können. Sie hielt dem Reporter sogar zugute, aus dürftigem Material das Beste gemacht zu haben.

Ein paar Tage vor dem Start wurden sie vom Hotel ins Besatzungs-Wohnheim im ersten Stock des MSOB20 im Kennedy-Raumfahrtzentrum verlegt.

Das MSOB war in Anbetracht der Umstände recht gemütlich. Es gab eine Sporthalle und ein Casino. Und die Unterkünfte für die Besatzungen, die sich in einem Bau befanden, der von außen wie ein schlichtes Bürogebäude aussah, waren gar luxuriös im Vergleich zu den meisten NASA-Einrichtungen: aus einem sterilen Büro ging sie durch eine verschlossene Tür in ein Appartement mit gedämpfter Beleuchtung und je einem Schlafzimmer für die dreiköpfige Besatzung.

Es handelte sich um dasselbe Appartement, in dem die Apollo-Mondfahrer vor dem Start einquartiert worden waren.

Die Schlafzimmer waren individuell eingerichtet; es gab sogar ein Fernsehgerät. Die drei Räume waren mit Bildern verziert: zwei Aktzeichnungen und einem Landschaftsgemälde.

York bekam das Zimmer mit dem Landschaftsgemälde. Über dem Bild befestigte sie die körnigen Vergrößerungen der Mariner 4-Aufnahmen.

Die Astronauten waren hier isoliert. Um die Besatzung vor Infektionen zu schützen - und sie dem Zugriff der Medien zu entziehen -, war nur >befugtem Personal< der Zutritt zum

MSOB gestattet. Familienangehörige und Freunde fielen nicht in diese Kategorie.

Zumal York ohnehin niemanden sehen wollte. Ihre Mutter hatte einmal angerufen und von ihren eigenen Sorgen erzählt. Sie würde nicht persönlich zum Start erscheinen, sondern sich von einem lokalen Fernsehsender filmen lassen, wie sie den Start im Fernsehen verfolgte.

Doch sie sah, daß Stone und Gershon, die zwar froh waren, den aufdringlichen Kameras entronnen zu sein, bald einen >Lagerkoller< kriegen würden.

Sie verstand den Sinn dieser Maßnahme nicht. Weshalb durften sie keinen Besuch von Familienangehörigen empfangen? Sicher, die Quarantäne war erforderlich. Aber sie wußte auch, daß Kontakt zu den Kindern und Ehepartnern Balsam für die Seele wäre.

Was auch immer die Vor- und Nachteile der Quarantäne waren, für York war sie eine große Erleichterung. Nachdem sie die schwere Zimmertür geschlossen hatte, ließ sie die Reisetasche auf den Boden und sich selbst aufs Bett fallen und schlief neun Stunden durch.

Zeitdauer der Mission [Tag/Std:Min:Sek]

Plus 371/02:03:23

Ralph Gershon hatte einen trockenen Mund. Das lag am reinen Sauerstoff, der im Druckanzug zirkulierte.

Stone stand zu seiner Rechten, und York war hinter ihnen. Sie sagte nichts.

Gershon überflog die Anzeigen seiner Station. Er hatte bereits die Treibstofftanks des Abstiegstriebwerks unter Druck gesetzt, die erforderlichen Computerprogramme geladen und durchs

Richtteleskop eine optische Peilung vorgenommen, um die Trajektorie von Challenger zu überprüfen.

Challenger hatte sich während des Sturzes durch die Atmosphäre auf den Rücken gedreht, so daß das Landeradar auf den Boden gerichtet war. Bisher hatte das Radar noch kein Ziel aufgefaßt. Alles, was Gershon durchs Fenster sah, war ein zwischen Pink und Violett changierender Himmel.