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Er wollte unbedingt zum Mond fliegen.

Jones knallte die Schrauben mit einer solchen Vehemenz fest, daß die Ärzte, die am Monitor seine Lebensfunktionen überwachten, einen Schreck bekamen.

Als der Boden fertig war, gratulierte der Versuchsleiter ihnen. »Gut gemacht, Jungs. Wir machen eine Pause. Bis zum nächsten Einsatz haben wir noch etwas Zeit. Steigt durch den Kopplungstunnel aus.«

Bleeker folgte den Tauchern, fädelte sich durch den engen Kopplungstunnel und tauchte wieder ins lichtdurchflutete Wasser ein.

»Und jetzt du, Chuck«, sagte der Versuchsleiter.

Jones drang in den dunklen Tunnel ein, wobei er durch die an den Wänden aufgereihten Schränke behindert wurde. Das bißchen Licht stammte von den Lampen im Tank hinter ihm und dem blauen Wasser des Beckens vor ihm.

Als er sich im Tunnel befand, wurde die Ausstiegsluke des Apollo-Modells zugeschlagen.

Jones bremste abrupt ab und zog mit den behandschuhten Händen am Lukenhebel. Er gab nicht nach.

»Was ist hier los?«

»Jones«, sagte der Versuchsleiter mit rauher Stimme. »Alle Systeme sind ausgefallen. Die Energieversorgung der Kommandokapsel ist zusammengebrochen; eine Rückkehr ist unmöglich, genauso das Ablegen von der Kopplungsöffnung. Zu allem Überfluß wird die Energieversorgung der Werkstatt gleich zusammenbrechen. Tu etwas.«

Nun gingen die Lichter aus. Er driftete in völliger Dunkelheit. Sogar die Tanklichter waren erloschen.

»Was ist das für ein Scheißspiel.?«

Er holte tief Luft und beruhigte sich. Die Versuchsleiter waren berüchtigt für solche Einlagen. Er mußte reagieren, und zwar schnell; echauffieren konnte er sich später immer noch.

Theoretisch wußte er Bescheid. Für den Fall, daß den SkylabAstronauten der Rückweg versperrt war, würde ein neues Schiff starten. Wenn die paralysierte Apollo jedoch an der Kopplungsöffnung festhing, hatte er auch nicht viel davon.

In der Finsternis verlor er die Orientierung.

Diese abgefuckten Sims.

Er versuchte sich zu konzentrieren und rief sich den Kopplungstunnel in Erinnerung, wie er ihn vor der >Panne< gesehen hatte: die Kopplungsöffnung vor sich, den Tunnel zur Werkstatt hinter sich.

Plötzlich überkam ihn Panik. Er schlug blindlings um sich und hieb gegen Spinde und Handläufe. Der Raum hier war zu groß, sagte er sich; das raubte ihm die Orientierung. Wenn er sich in der Mercury befände.

Ruhig. Du bist nicht in Gefahr. Du kannst immer noch in den Tank zurück. Die Taucher sind noch dort.

Ja, sagte er sich verdrossen. Und wenn ich das tue, habe ich ausgeschissen. Der Große Alte Mann des Astronauten-Büros. Werft ihn für zwei Minuten in ein Schwimmbecken, und er versagt kläglich.

Im Grunde versage ich jetzt schon, sagte er sich. Schon dadurch, daß ich so lang brauche. Wie viele Sekunden? Eine halbe Minute? Sie erwarten irgend etwas von mir, etwas, das ich tun soll und das ich übersehen habe. Denk nach, verdammt. Wenn die Kopplungsöffnung blockiert ist, wie.

Und dann kam ihm die Erleuchtung. Der Kopplungstunnel hatte zwei Kopplungsöffnungen. Bleeker war durch die axiale Luke gegangen - doch es gab auch noch eine radiale Luke an der Seite des Kopplungstunnels, die gerade für solche Fälle vorgesehen war.

Er griff nach unten und fand die Luke auf Anhieb; sie klemmte zwar, gab aber nach ein paar Versuchen nach.

Bleeker klopfte Jones auf die Schulter. Der Schlag wurde durch die Gewebelagen des Anzugs gedämpft. »Was hast du da drin gemacht, Alter? Dich rasiert? Lies das nächstemal das Handbuch durch.«

»Arschloch«, knurrte Jones. »Du warst schließlich nicht da drin, oder?«

»Ist eben Montag, Chuck. Nimm’s nicht persönlich.«

Verdammte Ingenieure. Verdammte neunmalkluge Anfänger. Mit Hilfe der Taucher schwammen sie zum Beckenrand.

Dienstag, 14. April 1970

Zentrum für Bemannte Raumfahrt, Houston

Nach Fred Michaels’ antiker Taschenuhr war es dreiviertel zwei. Ihm wurde bewußt, daß er wie hypnotisiert auf die Uhr gestarrt hatte.

»Mr. Agronski möchte Sie sprechen, Sir«, schleimte Tim Josephson. »Er wartet in Ihrem Büro.«

»Das heißt Doktor Agronski, verdammt.«

»‘tschuldigung. Soll ich ihm ausrichten, Sie würden zu ihm kommen?«

Michaels, der über die Störung ungehalten war, wandte sich ab, anstatt zu antworten, und schaute durchs Fenster auf die in drei Reihen gestaffelte Belegschaft des Kontrollzentrums.

Aus der Perspektive des Podests an der Rückseite des MOCR, das aller Welt als NASA-Kontrollzentrum bekannt war, erschien die Lage undramatisch. Doch das Personal wirkte ziemlich derangiert, mit gelockerten oder abgenommenen Krawatten und zerknitterten Hemden. Die Tische waren mit Kaffeetassen, Handbüchern und Notizzetteln übersät.

Er sah John Muldoon an der Rückseite des MOCR auf und ab gehen. Neun Monate nach seinem Mondflug hatte Muldoon eine Sechs-Stunden-Schicht als Capcom für Jim Lovell und die Apollo-13-Besatzung hinter sich, doch traf er keine Anstalten, den Raum zu verlassen. Vielmehr würde Muldoon gleich zum Gebäude 5 hinübergehen, wo andere Astronauten während der Freischicht Simulationen der Prozeduren laufen ließen, welche die Besatzung von Apollo 13 für den Rückflug würde durchführen müssen.

Siebzehn Stunden waren seit der Havarie von Apollo 13 nun vergangen; Michaels vermutete, daß die Leute seitdem kein Auge zugemacht hatten.

Josephson hustete. Der Assistent war ein schlanker junger Mann mit schütterem Haar, der den Titel eines Dr. phil. führte. Ohne Doktortitel war man hier im MOCR nicht einmal fürs Kaffeekochen qualifiziert. »Sir, Dr. Agronski.«

»Ja, ja.«

Leon Agronski gehörte Präsident Nixons Wissenschaftlichem Beirat an und war insbesondere für das kostenintensive Raumfahrtprogramm verantwortlich.

Michaels kannte den Grund für Agronskis Erscheinen: er wollte >Optionen< für den NASA-Etat für das Haushaltsjahr 1971 und darüber hinaus vorlegen, bevor der Staatshaushalt dem Weißen Haus zur Entscheidung vorgelegt wurde.

Weitere Einschnitte.

Michaels war als Inspektor für die Bemannte Raumfahrt zuständig und berichtete Thomas Paine, dem NASA-Direktor. Es hatte Michaels fast das Herz gebrochen, als Paine im Februar des Jahres sich an die Öffentlichkeit gewandt und die Einschnitte bei Skylab sowie die Einstellung einiger NASA-Projekte verkündet hatte.

»Wissen Sie«, sinnierte er, »wenn wir es schaffen, Apollo 13 ‘rumzureißen, machen wir wieder etwas Boden gut. Und das Bewußtsein dieser intensiven Zusammenarbeit wird uns wieder zu großen Leistungen befähigen.«

Josephson hatte bisher jeden Blickkontakt vermieden; nun war er etwas mutiger geworden und wandte sich direkt an Michaelson: »Fred, ich weiß, daß Sie sich ärgern. Aber es ist noch nicht aller Tage Abend. Und Doktor Agronski kommt extra aus Washington, um mit Ihnen zu sprechen.«

Michaels grunzte. Josephson hatte natürlich recht. Es war noch nicht aller Tage Abend.

Und vielleicht gelang es ihm, diesen Schlamassel doch noch zu seinem Vorteil zu wenden. Seine Stimmung hellte sich etwas auf.

»In Ordnung, reden wir mit ihm«, sagte er. »Aber nicht in einem verdammten Bürogebäude. Er soll ‘rüberkommen -bitten Sie ihn in den Nebenraum mit der Mondoberfläche.« Dann kam ihm noch ein Gedanke. »Ach - und, Tim.«

»Sir?«

»Bitten Sie auch Joe Muldoon hinzu.«

Der Nebenraum hätte eigentlich als Operationszentrale für die Mondspaziergänge dienen sollen. An den Wänden hingen Checklisten für die Besatzungen sowie Aufnahmen der Landezone, die von Orbiter- und Apollo-Missionen stammten. Das Gebiet hieß Fra Mauro und war im lunaren Hochland gelegen:    der erste, auch in wissenschaftlicher Hinsicht