Doch wußte Fletcher zu diesem Zeitpunkt noch nicht, daß die NASA mit Caspar Weinberger einen mächtigen Verbündeten innerhalb der Regierung gefunden hatte. Weinberger hatte in seiner Eigenschaft als Stellvertretender Leiter des Verwaltungs- und Haushaltsausschusses Nixon am 12. August 1971 einen Brief geschrieben, in dem er sich für die Raumfähre (nicht für ein Mars-Programm!) aussprach. Der NASA-Etat war nach wie vor von Kürzungen bedroht, und nur aus dem Grund, weil es dort etwas zu kürzen gab, sagte Weinberger. Weitere Einschnitte im NASA-Etat würden nur bestätigen, daß unsere besten Jahre vorbei seien, daß wir den Rückzug antreten, die Verteidigungsanstrengungen reduzieren und uns freiwillig des Status als Supermacht und Nummer Eins in der Welt begeben. Nixon fügte in einem handschriftlichen Zusatz auf dem Memo hinzu, >Ich stimme Cap zu.<
Im Dezember erfuhr Fletcher, daß Nixon grundsätzlich bereit war, die Raumfähre weiterhin zu unterstützen. Die für diese Entscheidung ausschlaggebenden Faktoren waren Weinbergers und Fletchers Memos, der Umstand, daß ohnehin schon so viele HighTech-Programme gestrichen worden waren und - in Anbetracht der Entscheidung, das Hyperschall-TransportProjekt (SST) zu streichen -, der Wunsch, ein neues Raumfahrtprogramm aufzulegen, um im Wahljahr 1972 die Arbeitslosigkeit im Zaum zu halten.
Am 5. Januar 1972 verkündete Nixon die Entscheidung, mit der Entwicklung eines >völlig neuen Typs eines WeltraumTransportsystems fortzufahren, das dazu dienen soll, das unbekannte Weltall der siebziger Jahre in vertrautes Terrain zu verwandeln, das in den achtziger und neunziger Jahren für die Erschließung durch die Menschheit bereit ist.<
So endete der mühsame Prozeß der Entscheidungsfindung für die Zeit nach Apollo. Im Januar 1972 initiierte Nixon das Space Shuttle-Projekt anstelle des Mars-Programms.
Der Mars war verloren. Doch auch die Raumfähre hatte auf der Kippe gestanden - der traurige Rest der großen Vision der >Arbeitsgruppe Weltraum< -, und mit ihr das bemannte Raumfahrtprogramm der Vereinigten Staaten.
Dadurch, daß in Mission Ares Präsident Kennedy das Attentat des Jahres 1963 überlebte, hat die Geschichte einen Weg beschritten, der von unserer Trajektorie abwich: langsam zwar, aber doch weit genug, daß am Ende das amerikanische Raumfahrtprogramm auf den Mars zielte. Die Stationen der Entscheidungsfindung, die in Mission Ares nachgezeichnet werden, weisen enge Parallelen zu den Ereignissen in unserer Welt auf. Es hätte - mit einer kleinen Ausnahme - so ablaufen können.
Doch selbst wenn man sich 1969 für den Mars entschieden hätte, wäre es unbedingt erforderlich gewesen, eine politische Koalition für das Mars-Programm zu schmieden, die dann über Jahre oder Jahrzehnte hätte aufrechterhalten werden müssen -eine Periode, in der ständig das Damokles-Schwert der Etatkürzungen über der NASA geschwebt hätte. Um den Mars zu erreichen, hätte es für die NASA eines Fred Michaels’ bedurft: eines zweiten Webbs - keines zweiten Paines.
Zumal ein Mars-Programm im Stil von Apollo in vielerlei Hinsicht Segen und Fluch zugleich gewesen wäre.
Wie Nixon schon gesagt hatte: falls das Mars-Programm realisiert worden wäre, hätte die NASA sich weiterhin als >heroische< Behörde profilieren können, anstatt die organisatorische Reife zu erlangen, die der jetzige NASA-Direktor Dan Goldin noch immer anstrebt. In wissenschaftlicher Hinsicht hat Apollo in den sechziger Jahren andere Weltraumprogramme dominiert - oft zu deren Nachteil. Die Programme >Lunar Orbiter< und >Surveyor< wurden zu Kartographen für Apollo degradiert. Falls das Mars-Programm doch aufgelegt worden wäre, hätte Viking vielleicht ein ähnliches Schicksal erlitten, und die Finanzierung von Programmen, die nicht im Zusammenhang mit dem MarsProjekt standen - wie die unbemannte Erforschung der äußeren Planeten -, wäre erst recht gefährdet gewesen.
Andererseits wurden durch die Aufgabe des Mars-Projekts und anderer großer Pläne der NASA keine Mittel für andere Projekte frei; das Geld wurde schlicht und einfach nicht bereitgestellt. Wenn ein Mars-Programm durchgeführt worden wäre, hätte es gewiß viele positive Nebeneffekte gehabt: so hätten die USA zum Beispiel Erfahrung in der orbitalen Montage und bei Langfrist-Missionen gesammelt.
Nicht zuletzt bedauern wir, daß wir das Schauspiel verpaßt haben, das Natalie York uns geboten hätte, wenn sie 1986 in Mangala Vallis auf dem Mars spazierengegangen wäre.
Stephen Baxter
flßES-AlSSIOnSPPOfIL
Missions-Zeitplan | |
Hinflug | 368 Tage |
Aufenthalt | 30 Tage |
Rückflug | 196 Tage |
Gesamt | 594 Tage |
8. September 1985 Rückkehr zur Erde •' *V _ 6. November 1986
Abstoßen des Mars-Exkursionsmoduls Repositionierung der Kommandokapsel und der Betriebsund Versorgungseinheit Transposition des Missionsmoduls
Abtrennung und Wiedereintritt der Kommandokapsel und der Betriebs- und Versorgungseinheit
Spiro Agnew, unter Nixon Vizepräsident der USA. - Anm. d. Übers.
Walter Cronkite, ein prominenter Nachrichtensprecher der USA - Anm. d. Übers.
Lyndon Baines Johnson, Vorgänger von Nixon - Anm. d. Übers.
Direktor der NASA - Anm. d. Übers.
nach Mare Tranquilitatis auf dem Mond - Anm. d. Übers.
TCM: Trajectory Correction Maneuver = Flugbahn-Korrekturmanöver
MEM: Mars Excursion Module = Mars-Landefähre
LEM: Lunar Excursion Module = Mond-Landefähre
LEO: Low Earth Orbit = Niedrige Erdumlaufbahn
TOTE-Einheit (Konstruktionslehre): Veränderungs- und Prüfprozeß -
Anm. d. Übers.
MIT = Massachusetts Institute of Technology - Anm. d. Übers.
ECLSS = Enviroment Control and Life Support System: Umweltüberwachungs- und Lebenserhaltungs-System
MET = Modular Equipment Transporter: Modularer AusrüstungsTransporter